Der Krieger und der Prinz
geleert hatten, begannen sie gemeine Leute zu entführen – Leute von unserer Seite des Flusses. Brave, ehrliche Männer und Frauen, deren einzige Sünde darin bestand, zu nah an der Grenze zu leben. Und schleppten sie mit vorgehaltenem Schwert fort, damit sie in Ang’arta als Blutopfer dienten oder in den mörderischen Bergwerken schufteten. Das konnten sie natürlich nicht lange geheim halten. Aber als unsere Lords nachfragten, behaupteten die Eichenharner, es sei lediglich ein schurkischer Ritter für all das verantwortlich. Nur der Sklavenritter, ganz allein er. Man müsste dümmer sein als der alte Bollos, um das zu glauben, aber das haben sie gesagt, ohne mit der Wimper zu zucken.«
»Die Lords haben es geglaubt, nicht wahr?«, meinte Bitharn. »Falls es keinen Krieg gab.«
»Lord Eduin ist zu vertrauensvoll«, erwiderte der Bauer. »Er ist ein gerechter Lord, und ich will kein böses Wort über ihn verlieren, aber er hat sie allzu leicht davonkommen lassen. Die Eichenharner lieferten den Sklavenritter aus, und Lord Eduin ließ ihn auf dem Platz hängen, jawohl … aber wir wussten, dass er nicht allein verantwortlich war. Da draußen sind noch viel mehr von der Sorte, und jeder von denen braucht sein eigenes Halsband. Es wird keinen Frieden für ihresgleichen geben, ganz gleich, was die Lords sagen.«
»Mir scheint, euer wirkliches Problem sind die Eisenlords«, sagte Bitharn. »Dieser Sklavenritter mag ihnen die Opfer gebracht haben, aber sie sind diejenigen, die gefoltert haben. Oder irre ich mich?«
Der Bauer zögerte. Er schaute zur Tür hinüber, dann sah er Bitharn wieder an und kaute auf seiner Unterlippe. »Nein. Sie machen uns keine Probleme, und wir machen ihnen keine. Schließlich leben sie weit weg. Es gibt keinen Grund, noch mehr Ärger zu suchen, wo wir doch genug auf unserer eigenen Türschwelle haben. So was … Das zu entscheiden liegt bei den Lords. Nicht bei deinesgleichen oder meinesgleichen.«
»Du hast nicht vielleicht Angst vor ihnen, oder?«, fragte einer der Bruderschaftssöldner erheitert. Er war ein schlaksiger Mann, nicht mehr ganz ein Knabe, aber auch noch nicht völlig in den Leib eines Erwachsenen hineingewachsen. Etwa in ihrem Alter, schätzte Bitharn: ein oder zwei Jahre über zwanzig. »Die Soldaten der Eisernen Krone sind nur Männer. Sie sterben wie jeder andere und verdienen es mehr als die meisten.«
»Keine Angst«, sagte der Bauer halsstarrig. »Aber ich sehe auch keine Notwendigkeit, in Hornissennester zu stechen. Lasst sie in Ruhe, sage ich. Wir haben hier genug Feinde.«
Die falschen, dachte Bitharn, bewahrte jedoch Stillschweigen. Sie nippte an ihrem Bier und lauschte, während die anderen redeten.
Die meisten Gespräche drehten sich um die bevorstehenden Wettbewerbe: wer wahrscheinlich gewinnen, verlieren, sich einen Arm brechen oder einen Zahn verlieren würde. Einer der Bruderschaftssöldner hatte sich für den Nahkampf angemeldet, so viel bekam sie mit, und jeder Mann, der ihm begegnete und ihn bezwang, durfte mit ihnen zurück nach Felsenhügel reiten, wo er eine Anstellung bei ihrer Truppe finden konnte. Die Bruderschaft war auf der Suche nach frischem Blut; zwei Jahre Krieg gegen die Eisenlords inmitten der verwüsteten Ruinen von Thelyand hatten ihre Kassen gefüllt und in ihren Reihen große Lücken hinterlassen.
Ein Junge aus dem Dorf galt als sicherer Sieger im Steinwurf, da er den Wettbewerb in den letzten drei Jahren gewonnen hatte. Vosric, den Nordgeborenen, nannten sie ihn, obwohl er gebürtiger Distelsteiner war und sein ganzes Leben im Schatten der Burg verbracht hatte. Vonseiten seines Vaters floss in seinen Adern das Blut der Weißen Meere – der Junge war ein Bastard und vor langer Zeit im Sommer nach einem anderen Schwerttag geboren –, was sich in seiner Größe, seinem weißblonden Haar und der Kraft zeigte, neben der der Schmied der Stadt sich ausnahm wie ein Grünschnabel. Er würde sich gut als Bewaffneter machen, darin waren alle einer Meinung, obwohl er niemals auch nur das kleinste Interesse an den Künsten des Krieges gezeigt hatte. Die Bruderschaftssöldner schienen enttäuscht, das zu hören; Männer von den Weißen Meeren gaben prächtige Krieger ab, und selbst ein Halbblut war vielversprechend.
Das letzte bisschen Tratsch betraf einen Ritter aus Eichenharn, der mit seinem Gefolge über die Grenze gekommen war, um in Distelstein seine Aufwartung zu machen. Sir Galefrid war anscheinend der älteste Sohn des Lords von
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