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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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nehmen?«
    »Die, auf der wir uns befinden. Direkt nach Tarnebrück und weiter Richtung Süden nach Bullenmark. Aber er würde nicht auf geradem Weg dorthin reisen. Ansonsten wäre er schon vor unserem Aufbruch dort gewesen.«
    »Glaubt Ihr, er ist vielleicht anderswo hingegangen?«
    »Nein.«
    »Dann werden wir dort beginnen und herausfinden, an welcher Stelle er die Straße verlassen hat.« Sie berührte mit den Fersen die Rippen ihrer Stute, und das graue Tier setzte sich in Bewegung.
    Albric folgte ihr in geringem Abstand. »Ihr wirkt ein wenig exotisch für Tarnebrück, Mylady.«
    Die Frau drehte den Kopf unter der Kapuze. Er sah das Aufblitzen eines Lächelns und vernahm die Andeutung eines Gelächters in ihrer Stimme, wobei ihm das Blut in den Adern gefror.
    »Nicht mehr lange«, sagte Severine.
    Als der Herbst in den Winter überging, wurden Reisende auf der Straße der Flusskönige so rar wie grüne Blätter. Nur wenige wagten es, über die schimmernden Pfade zu gehen, und jene, die es taten, reisten in Gruppen. Zu viele Gerüchte hatten sich über die Ereignisse in Weidenfeld verbreitet; selbst die Bewohner der entlegensten Dörfer wussten, dass im Wald etwas Dunkleres und Tödlicheres lauerte als die üblichen Banditen. Niemand traute sich in die Nähe des blutgetränkten Schauplatzes, wenn er es vermeiden konnte, und wenn er es nicht vermeiden konnte, ging er mit wachsamen Augen und gespanntem Bogen dahin.
    Albric brauchte geschlagene zwei Tage, bis er eine Reisegruppe fand, die den Bedürfnissen der Dornenlady entgegenkam. Sie hatte sich sehr konkret ausgedrückt, was sie wollte, und die Verzögerung schien ihr nichts auszumachen. Albric hingegen missfiel jede Stunde, die er nicht darauf verwandte, den Säugling zu verfolgen, der die Herrschaft seines Lords bedrohte. Aber es wäre hoffnungslos, Wistan ohne die Hilfe der Dornenlady finden zu wollen, daher tat er, was sie verlangte.
    Schließlich spürte er eine kleine Gruppe von Pilgern auf, die nach Norden wollten. Sie sahen aus wie fromme, aber gewöhnliche Menschen; wahrscheinlich unternahmen sie einen ihrer großen Vensolles zum Sonnengarten in Felsenhügel oder zum Grab des Erlösers in Mirhain. Selbst ihr Solaros trug auf der Reise schlichte, braune Kleidung; der Mann ließ sich nur an den gelben Bändern an seinen Ärmeln und einem Sonnenzeichen erkennen, das mit Abstand das Kleinste war, das Albric je an einem Priester gesehen hatte, auch wenn es aus reinem Gold gemacht zu sein schien, wie der Brauch es verlangte.
    Die Pilger waren nicht vollkommen blind gegenüber den Realitäten der Straße. Sie trugen kräftige Stöcke und Messer bei sich, und in ihrer Gruppe ritten drei tüchtig wirkende Soldaten mit. Den größeren Teil eines Nachmittags beschattete Albric sie, weil er hoffte, die Fähigkeiten der Soldaten einschätzen zu können, aber es fand sich einfach keine Möglichkeit hierzu. Die Männer trugen ihre Waffen lässig; einer ritt vor den Pilgern her und ein anderer hinter ihnen, und sie trugen kein Lordemblem auf ihrer schlichten Lederrüstung. Albric vermutete, dass sie Söldner waren, gut genug, um Reisende zu beeindrucken, die Schutz benötigten, aber nicht gut genug, um sich einen Platz in einer größeren Kompanie oder in der Feste eines Lords für den Winter verdient zu haben.
    Severine machte sich anscheinend keine übermäßigen Sorgen um die Stöcke der Pilger oder ihre Eskorte. Sobald sie hörte, dass er eine Gruppe von mehr als fünf Personen gefunden hatte, darunter eine Frau, verlor sie das Interesse an den Einzelheiten. Sie wollte nur, dass Albric sie ihr zeigte. Er führte sie durch den Wald und kämpfte sein Unbehagen nieder, während die goldene Stunde des Herbstes verstrich und der Sonnenuntergang den Himmel zwischen den Bäumen rot färbte.
    Sie würde ihm nicht widersprechen, welches die direkteste Straße nach Eichenharn war oder welche der Beeren des bayarnischen Waldes essbar waren, sagte Albric sich. Also musste er sich auch nicht in ihre Angelegenheiten einmischen. Trotzdem hinterließ ihre lässige Arroganz einen schlechten Geschmack in seinem Mund.
    Albric betrachtete sich als einen tüchtigen Kämpfer und wusste, dass das noch bescheiden ausgedrückt war. Sein Vater, der ihn ausgebildet hatte, seit er alt genug gewesen war, um einen Stock in den Händen zu halten, war sein halbes Leben lang der Schwertmeister von Ivollaine gewesen. Albric selbst hatte in den alljährlichen Nahkämpfen Plätze weit vorn belegt,

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