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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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sowohl in Bullenmark als auch in Ivollaine, und zwar in jedem der vergangenen zwanzig Jahre. Dreimal hatte er sogar gesiegt.
    Und trotz dieser Beweise seiner Tüchtigkeit hätte Albric es als pure Narretei erachtet, allein und ohne Grund auf drei Soldaten mit unbekannten Fähigkeiten loszugehen. Er hätte nicht gezögert, hätte das Leben seines Lords oder die Sicherheit des Reiches auf dem Spiel gestanden – aber aus einer Laune heraus? Ohne einen anderen Gewinn in Sicht als ein Sonnenzeichen, das weniger wert war als zwei Solis?
    Es wäre Hochmut, schlicht und einfach, und damit wollte er nichts zu tun haben. Was immer mit den Pilgern geschah, die Dornenlady war auf sich allein gestellt.
    Sie erreichten die Pilger, als gerade die Abenddämmerung über dem Wald lag. Der Schein des Feuers durch die Bäume, warm wie ein Stück Kohle, das aus dem schnell verblassenden Sonnenuntergang herabgefallen war, verriet ihren Lagerplatz; sie hatten sich keine Mühe gegeben, ihr Feuer zu verbergen. Vielleicht hatten sie auch nicht gewusst, wie sie das hätten anstellen sollen. Albric konnte ihre Pferde auf totem Laub stampfen hören, während sie sich an dem spärlichen Grün, das noch zu finden war, gütlich taten. Er wurde langsamer und flüsterte der Dornenlady zu, als sie näher kamen:
    »Noch näher, und sie werden Euch hören. Freundliche Reisende schleichen sich nicht durch den Wald an. Wie sieht Euer Plan aus?«
    »Mein Plan?«, wiederholte sie. Ihre Stimme war weich wie Samt, aber der Spott darin nicht zu überhören. Das Juwel ihres Auges funkelte wie ein verlorener Stern, fern und unendlich kalt. »Mein Plan besteht darin, in Tarnebrück einen Schwertkämpfer zu treffen. Einen sehr guten Schwertkämpfer. Einen, der etwas hat, das ich will.«
    Albric wandte sich von ihr ab und kämpfte gegen den Drang, ein Sonnenzeichen über seiner Brust zu schlagen. Es würde nicht helfen, das wusste er. Der bittere Geschmack von Galle war stark in seinem Mund. »Werdet Ihr meine Hilfe brauchen?«
    »Nein«, entgegnete sie, und er war noch nie im Leben so froh gewesen, dieses Wort zu hören.
    »Dann werde ich hier warten«, murmelte er. Sie lächelte schwach und sarkastisch, wandte sich ab und ging allein weiter.
    Nach wenigen Schritten verschwand sie außer Sicht. Albric sah, wie die Schatten der Nacht sich um sie herumwanden und sich über ihr erhoben, als sei die Dunkelheit selbst ihr Umhang, dann war die Dornenlady fort. Sie hatte zuvor keinerlei Fähigkeiten beim Anschleichen gezeigt, aber sie verursachte auf dem Weg kein Geräusch. Einzig die Bewegungen der Pferde und das schwache Gemurmel von Gesprächen am Feuer, das der Abendwind herbeitrug, drang an Albrics Ohren.
    Er kauerte im Gebüsch und zog seinen Umhang um sich, damit er warm blieb, während er vollkommen reglos dasaß. Es war einfacher, wenn er sich einredete, er sei auf der Jagd und warte darauf, dass ein Hirsch oder ein fettes, schwarzes Waldhuhn vorbeikam. Er wollte nicht daran denken, dass er in der Nacht auf eine Dornenlady wartete; nicht daran, dass er in der Dunkelheit lauerte, während sie bei einfachen Leuten, die sich auf der heiligsten Reise ihres Lebens befanden, eine sadistische Magie anwandte. Es war jedem Mann verboten, die Vensolles irgendwie zu stören, und obwohl Albric sich niemals für einen besonders strenggläubigen Celestianer gehalten hatte, war er im Namen der Sonne gesalbt worden, und er versuchte, sich an die Gesetze der Strahlenden zu halten, so gut ein Mann in seiner Position das vermochte. Ein solcher Verrat am Glauben beschwor in seiner Seele eine abergläubische Furcht herauf. Das überraschte ihn. Er dachte, er sei solchen Gefühlen entwachsen.
    In dieser Nacht gab es jedoch genug, das jeden Mann abergläubisch gemacht hätte. Wolken verdeckten den Mond und verschluckten die Sterne, und der Wald war in Dunkelheit getaucht. Vor ihm erhob sich ein silbriger Schein durch die Bäume, sodass diese sich wie hagere, schwarze Klauen gegen das schaurige Licht abzeichneten. Das silbrige Leuchten war breit und diffus, wie eine graue Nebelbank, die sich vom Meer heraufwälzte und in ihren Tiefen das Feuer der Pilger ertränkte.
    Nach einer Weile wurde ihm bewusst, dass er die Pferde und die Stimmen der Menschen nicht mehr hörte. Der Wald war so still wie der Tod. Selbst der Wind hatte sich gelegt.
    Albric streckte die Beine aus, die vor Kälte steif geworden waren, dann nahm er seinen ganzen Mut zusammen und schlich auf das Lager zu. Der Nebel

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