Der Krieger und der Prinz
andere lehnte mit schlaffem Kiefer und glasigen Augen am Wagen, und Blut tröpfelte langsam an seiner Stirn herab. Der obere Teil seines Kopfes war aufgebrochen wie ein rosafarbenes Ei. Leferic starrte ihn zugleich angewidert und fasziniert an.
Cadarns Männer hatten den Rest in einen Graben am Straßenrand getrieben. Der Anblick von Leferics Banner schien den »Banditen« jedoch neuen Mut zu verleihen – oder Entsetzen in ihnen zu wecken. Sie kämpften mit erneuerter Wildheit, als der schwarze Bulle durch die Bäume gestürmt kam. Der Boden war jedoch gegen sie, und sie standen zu dicht nebeneinander, um mehr tun zu können, als nach den Nordländern zu stoßen. Dazu setzten sie ihre Schwerter wie Speere ein, aber auch das geschah voller Hektik.
Einer der Stöße fand eine Lücke in der Rüstung eines Verbannten direkt unter seiner Achselhöhle und bohrte sich tief hinein. Er taumelte stöhnend vor Schmerz zurück. Sofort fielen drei Männer über ihn her, stießen ihn zu Boden und schwangen im Weiterlaufen wild die Schwerter. Obwohl die Böschung des Grabens unter ihren Füßen nachgab und ein Bandit der Länge nach hinschlug, gelang den beiden anderen der gewaltsame Durchbruch.
Mit einem zornigen, unverständlichen Gebrüll schwang ein anderer Mann Cadarns seinen Beidhänder gegen einen der fliehenden Banditen. Die Klinge traf ihn von hinten in die Beine; der Mann fiel schreiend in den von Blättern bedeckten Schlamm. Der andere geriet erschrocken ins Stolpern und stürzte, krabbelte jedoch auf Händen und Knien weiter. Er kam wieder auf die Beine, senkte den Kopf und rannte, wild mit den Armen rudernd, auf die Bäume zu.
»Haltet ihn auf!«, befahl Leferic leise.
Zwei von Merguils Reitern waren abgesessen und spannten ihre Ulmenbögen. Die Sehnen summten, zwei Töne erklangen, wie herausgerissen aus einem misstönenden Lied, und der dritte Mann fiel hin und starb.
Die Übrigen ergaben sich.
Leferic trieb sein Pferd voran, nachdem sie entwaffnet waren. Sie waren verwundet, schlammbespritzt, verdrossen. Alles in allem waren es weniger als ein Dutzend Männer. Einige ihrer Gesichter kannte er – nicht als Freunde; nicht einmal dem Namen nach. Nur als Männer, die er, wenn sein Vater seine Lehnsleute bewirtet hatte, an den unteren Tischen erblickt hatte. Dennoch konnte er feststellen, dass Sir Gerbrand für seine Dummheit seine eigenen Soldaten eingesetzt hatte.
Er wandte sich an die Bauern. »Sind das die Männer, die Euch ausgeraubt haben?«
Für einen Moment herrschte Schweigen. Schließlich trat eine der Witwen vor. Sie war jünger, als er zuerst gedacht hatte, und hübsch auf eine schlichte Weise, aber Not und Elend hatten ihr die Jugend gestohlen und Linien des Leids ins Gesicht geritzt. »Das sind sie. Das sind sie, Mylord.« Sie rieb sich die Hände, und ihr Blick flog zu den Männern hinüber, die Cadarns Söldner zusammengetrieben hatten. »Sie haben uns zugeschrien, wir sollten unsere Waffen wegwerfen und unsere Waren herausgeben, aber nachdem wir das getan hatten, haben sie trotzdem auf Dannaud geschossen.«
»Sie haben immer wieder auf ihn geschossen«, sagte ein anderer Bauer. »Er war tot, und sie haben weiter auf ihn geschossen und darüber gelacht, dass sie mit uns das Gleiche täten, Mylord. Sie sagten, wenn wir Glück hätten, würden sie uns erschießen, sobald wir die Waren in ihr Lager getragen hätten, und wenn wir es nicht täten, würde uns Schlimmeres geschehen.«
Leferic runzelte die Stirn. »Sie haben nicht auf Euch geschossen?«, fragte er Cadarn verwirrt.
Der Nordländer zuckte die Achseln. Er hatte eine Handvoll kleiner Schnittwunden davongetragen, aus denen dünne, rote Linien über seine Arme rannen. Wie die übrigen seiner Männer beachtete Cadarn seine Wunden nicht weiter. Er wischte lediglich das Blut weg, wenn es drohte, das Schwert in seiner Hand schlüpfrig zu machen. »Sie waren damit beschäftigt, zum Wagen hinüberzuschauen. Sie haben uns nicht gehört, und sie machten sich auch keine Sorgen, dass sonst noch wer in der Nähe sein könnte. Als sie die Gefahr erkannten, waren wir auch schon da.«
Leferic konnte nur den Kopf schütteln. War Gerbrand so zuversichtlich gewesen, dass seine Provokation ungestraft bleiben würde? Zeigte er so viel Verachtung? Die ganze Zeit über hatte er darauf hingearbeitet, Gerbrand politisch wie militärisch zu isolieren, und Cadarn gewarnt, auf Hinterhalte zu achten, wobei er sich gefragt hatte, welchen unerwarteten Gegenschlag
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