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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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Messer mit langem Griff in seinem Gürtel, trug er, soweit Brys sehen konnte, keine Waffen bei sich. Er schien noch nicht zu wissen, dass er tot war, aber das wussten Männer wie er nie.
    Ein Stich der Enttäuschung durchzuckte Brys. Auf keinen Fall konnte dieser Mann ein Baozit sein. Alles an ihm kündete von Schwäche und Ausschweifung, und obwohl Eisenlords so ausschweifend sein konnten wie alle anderen, waren sie niemals schwach.
    Trotzdem, dieser Mann hatte gute Menschen an sie verraten, und dafür musste er sterben. Brys tätschelte das Hinterteil des Mädchens auf seinem Schoß. Sie war weich und hübsch, und er hatte ihren Namen bereits vergessen. »Steh auf. Ich muss durch die Hintertür verschwinden.«
    Sie zog einen Schmollmund. Sie hatte über irgendetwas gesprochen, begriff Brys verspätet; er hatte nicht zugehört, während er den toten Mann beobachtet hatte. »Was bringt Euch auf den Gedanken, dass es einen Hinterausgang gibt?«
    »Es gibt immer einen Hinterausgang.« Selbst das schäbigste Bordell hatte eine Nebentür, durch die Kunden leise hinausschlüpfen konnten, wenn Gläubiger oder Ehefrauen nach ihnen suchten; Merrygolds Haus hatte wahrscheinlich zwei oder drei.
    »Na schön«, schnaubte sie und sprang von seinem Schoß. »Folgt mir.«
    Sie führte ihn die Treppe hinauf und durch den Flur, vorbei an den Türen mit der Verblendung aus Sandelholz. Gelächter wehte durch einige der durchbrochenen Türen, Musik oder leise Rufe durch andere. Alle Glückseligkeit, die man mit Geld kaufen konnte.
    »Ihr könntet bleiben«, bot das Mädchen an und schloss eine Tür am Ende des Flurs auf. Sie sah ihn über die Schulter hinweg an und ließ ein kokettes Lächeln aufblitzen. »Es würde sich für Euch lohnen.«
    »Ich habe heute Nacht andere Dinge vor.« Er trat an ihr vorbei. Der Raum hier war kleiner als der, in den Merrygold ihn geführt hatte. Ein Diwan, bedeckt mit dunkelroter Seide, stand an einer Wand, flankiert von zusammenklappbaren Wandschirmen aus tuschebemalter Seide und durchbrochenem Sandelholz. Die Wandschirme sollten, so vermutete er, vorübergehend Gäste verbergen, die noch nicht so genau wussten, ob sie schon gehen wollten. Oder vielleicht dienten sie irgendeinem Zweck im Liebesspiel, der ihm unbekannt war. Nachdem er Veladi kennengelernt hatte, war Brys durchaus gewillt einzuräumen, dass ihm viele Praktiken im Schlafzimmer vollkommen fremd waren. Und auch fremd bleiben konnten.
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Raums befand sich eine Tür, die eigens dafür entworfen worden war, leicht übersehen zu werden, auch wenn sie nicht richtig getarnt war. Sie schmiegte sich in die Wand und teilte das gleiche Muster, obwohl ein dünner Rahmen aus rot lackiertem Holz verriet, wo sie zu finden war. »Das ist der Hinterausgang?«
    Das Mädchen nickte. »Dazu gehört eine Leiter. Ich werde sie hinter Euch hochziehen.«
    »Danke.« Er drückte ihr drei Solis in die Hand. »Halte dich so lange zurück, wie dieses Geld reicht. Sollte es irgendjemand wissen wollen: Ich bin mit dir zusammen.«
    Sie nahm das Geld, zog jedoch abermals einen Schmollmund. »Wenn Mistress Merrygold fragt …«
    »Merrygold wird nicht fragen.« Brys öffnete die Tür. Die Kälte traf ihn wie ein Schlag ins Gesicht und weckte seinen Geist, der durch die Annehmlichkeiten des Bordells stumpf geworden war. Die Leiter steckte in einer Nische in der Nähe der Tür. Es war ein gewebtes Gebilde aus Seil und einem hohlen, gezackten gelben Holz, das ihm unbekannt war. Eiserne Haken im Türrahmen hielten die oberen Schlaufen am Boden verankert.
    Brys prüfte den oberen Teil der Leiter, um sich davon zu überzeugen, dass sie hielt, dann warf er den Rest in die Dunkelheit. Sobald die Leiter hinabfiel, stieg er auch schon hinunter; er sprang zu Boden, bevor die letzte Sprosse zur Ruhe gekommen wäre. Einen Moment lang erkannte er die Tür über sich, ein Fenster in eine Welt aus goldener Wärme. Dann schloss das Mädchen dieses Fenster, und Brys war allein in der Nacht.
    Vor einigen Jahren, dachte er, während er zu dem leeren Regenfass hinüberging, in dem er seine Waffen versteckt hatte, hätte er ihr Angebot vielleicht angenommen. Sie hatte ein hübsches Lächeln und volle Brüste, und wahrscheinlich wäre noch Zeit für eine schnelle Nummer zwischen den Laken gewesen, bevor sein Opfer das Bordell verließ. Aber er hatte Veladi kennengelernt, und ihre Klasse erreichte keines der Mädchen.
    Brys dachte an Veladi, während er wartete

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