Der Krieger und der Prinz
der Küche und ging in sein Zimmer hinauf. Als er eintrat, hob Odosse den Kopf vom Kissen, das Haar vom Schlaf zerzaust.
»Es ist besser, wenn du gehst«, sagte er, den Mund voll Hähnchenfleisch. Dann warf er ihr das restliche Geld des Verräters zu. »Nimm das hier für einen neuen Anfang.«
Sie öffnete den Beutel mit zitternden Händen. Nachdem sie die Münzen weitaus länger angestarrt hatte, als sie zum Zählen gebraucht hätte, blickte Odosse auf. »Warum? Was ist geschehen?«
»Ich habe unseren Freund aus Weidenfeld gefunden. Wir haben uns ein wenig unterhalten. Er hat mir dieses Geschenk überreicht« – Brys deutete mit einem Hühnerknochen auf den Beutel –, »und dann hat er mir erzählt, wer ihn bezahlt hat. Es stellte sich heraus, dass ein Mann in die Sache verwickelt ist, den ich kenne.«
»Wer?«
»Ein Bursche namens Albric, falls der Mann mich nicht belogen hat. Was ich nicht glaube. Das bedeutet, dass wir ein Problem haben. Albric ist ein Ritter, der Bullenmark den Eid geleistet hat.«
»Wistan kommt aus Bullenmark«, sagte Odosse verwirrt. Sie schob den Beutel mit den Münzen von sich.
»Das ist richtig. Die Angelegenheit riecht nach Verrat, aber ich weiß nicht, wer dahintersteckt, und das beunruhigt mich. Der jüngere Sohn ist die naheliegende Vermutung, aber Leferic hat auf mich nie den Eindruck eines Mörders gemacht. Er verbringt alle seine Tage mit der Nase in einem Buch; es heißt, er werde beim Anblick von Blut ohnmächtig. Es ist schwer, das in Einklang mit der Idee zu bringen, Dornen für ein Massaker zu benutzen, das wahrscheinlich einen Krieg auslösen würde … Aber es reicht mir als Grund, lieber nicht nach Bullenmark zu gehen, selbst wenn die Gesegnete Andalaya dorthin gegangen ist.«
»Könnte es nicht jemand von außerhalb gewesen sein, jemand, der nicht in Bullenmark lebt?«, fragte Odosse. »Oder vielleicht hat dieser … Albric … aus eigenem Antrieb gehandelt. Würde sich ein Ritter in Kriegszeiten nicht mehr Ruhm verdienen?«
»Vielleicht«, sagte Brys wenig überzeugt. Albric war seines Wissens nach nicht ehrgeizig, und er fragte sich noch immer, welche Rolle die Dorne gespielt hatte. Warum den Verräter so üppig bezahlen, wenn sie selbst nur ein Mietling war? Aber warum sich darauf einlassen, wenn sie es nicht war? Die Dornen hatten, soweit er sehen konnte, kein Interesse an Bullenmark oder Sir Galefrid. »Wir könnten hier sitzen und raten, bis der Schnee schmilzt, und der Wahrheit keinen Deut näher kommen. Ich muss mich umschauen und einige weitere Fragen stellen. In der Zwischenzeit ist es für dich wohl das Beste, du nimmst die Babys und machst dich allein auf den Weg. Bleib in der Nähe, aber nicht so nah, dass uns jemand miteinander in Verbindung bringt. Wenn derjenige, der diesen Mann angeheuert hat, den Ort immer noch beobachtet, könnte ihm einfallen, dass ich mit Sir Galefrid in Weidenfeld war; und er braucht nicht zu wissen, dass ihr, du und die Babys, ebenfalls von dort kommt.«
»Wohin soll ich gehen?«
Brys zuckte die Achseln. »Wohin wärest du gegangen, wenn du allein hergekommen wärest?«
Ihr gefiel diese Antwort nicht, aber sie beklagte sich nicht. »Wirst du uns verlassen?«
»Was?«
»Du hast versprochen, mich in eine Stadt zu bringen. Das hast du getan, und … und dafür danke ich dir.« Odosse schluckte. »Ich habe kein Recht, mehr zu erbitten als das, was du versprochen hast, aber …«
»Ich sagte, ich würde dich in eine sichere Stadt bringen. Du bist noch nicht in Sicherheit. Keiner von uns ist es. Wenn du gehen willst, steht es dir frei, das zu tun. Andernfalls werde ich weiter ein Auge auf dich haben. Für eine Weile aus der Ferne, aber ich habe nicht vor, dich im Stich zu lassen, nachdem ich weiß, dass die Dornen mit dieser Angelegenheit zu tun hatten.«
»Warum nicht?« Sie betastete den fettigen Lederbeutel. »Du schuldest uns keine Treue. Sir Galefrid war dein Lord, und …«
»Galefrid war ein Arbeitgeber. Ein besserer als manche, ein schlechterer als andere und so oder so tot. Ich habe geschworen, ihm zu dienen, aber ich hatte nie die Absicht, länger als ein oder zwei Jahre zu bleiben. Jetzt, da er tot ist, ist mein Eid hinfällig.«
»Du bist ein Ritter.«
»Das bin ich.« Er warf den letzten Hühnerknochen fort, legte sich auf die Pritsche und verschränkte die Finger hinterm Kopf. »Wie kann ich daher eine Dame in Nöten im Stich lassen?«
11
Nach Brys’ Warnung verschwendete Odosse keine Zeit. Noch am
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