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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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Holzbein auf, »und ich bin an den Öfen nicht mehr so geschickt, wie ich es einmal war. Du hast mit Teig gearbeitet?«
    Odosse nickte. »Brot, Kuchen, süße und würzige Pasteten – ich habe alles gelernt.«
    »Dann lass mal sehen. Fang mit einem einfachen Brot an.« Er winkte sie in die Küche, einen zugigen Raum mit einem mehlbestäubten Boden und hohen Fenstern, die Licht und Böen kalter Luft einließen. Teigkissen lagen auf Holzbrettern in Regalen; der Teig war mit feuchtem Mull abgedeckt, damit er nicht einstaubte und austrocknete. An den Wänden lehnten Säcke mit Mehl und Salz; neben der Tür standen Wasserfässer. Die brüllende Hitze der Öfen im Nebenraum sorgte für eine erträgliche Temperatur in der Küche. Eier, Milch und Butter wurden auf der anderen Seite der Küche gelagert, so weit wie möglich von den Herden entfernt, während der aufgehende Teig in der Nähe der Wärme lag.
    Odosse band sich das ungebärdige, braune Haar zurück, knotete eine Leinenhaube darüber, nahm sich eine Schürze vom Haken und krempelte die Ärmel hoch. Sie war zuvor stundenlang unterwegs gewesen, und Mathas war der einzige Bäcker, der sie hereingebeten hatte. Alles musste perfekt sein. Sie holte tief Luft und zwang sich, ruhig zu bleiben.
    Sie gab heißes Wasser zu kaltem, bis es sich gerade warm genug an ihrem Handgelenk anfühlte, mischte einen hübschen Klumpen Backferment hinein und stellte das Ganze zum Gehen beiseite. In einer zweiten, größeren Schale maß Odosse Mehl und Salz ab und vermischte beides. Sie formte in der Mitte eine flache Kuhle, goss das trübe Wasser aus der ersten Schale hinein und verknetete es mit den Fingern zu einem Teig, der sich zu einem Ball zusammenzog.
    Sobald sie ihren Arbeitsrhythmus wiedergefunden hatte, schien alles ganz von allein zu gehen. Der volle Geruch von Gerste und die klebrige Beschaffenheit des rohen Teigs waren ihr so vertraut, dass sie sich, wenn sie die Augen schloss, vorstellen konnte, wieder zu Hause in der Küche ihrer Eltern zu sein und Festtagsbrote zu kneten, die später geflochten und mit Honig bestrichen wurden, bevor es ab in das mehlbestäubte Maul des Ofens ging. Tränen traten ihr unter den Wimpern hervor. Sie tupfte sie hastig ab und hoffte, dass Mathas sie nicht gesehen hatte.
    Der Bäcker räusperte sich schroff. »Du bist gut. Verschwendest nichts. Wo hast du gelernt?«
    »Bei meinen Eltern.« Odosse hustete, um den Kloß aus ihrer Kehle zu vertreiben. Sie versuchte ein Lächeln. Es fühlte sich zittrig an, aber es kam. »Sie haben mich von der Zeit an helfen lassen, als ich groß genug war, dass ich an den Tischen eine Schale mit Pinienkernen festhalten konnte.«
    »Sie haben dich gut unterrichtet. Mistress Halfrey vom Gebrochenen Horn will für ihre Gäste heute Abend ein Dutzend Mandelpasteten. Ein Hochzeitsfest. Glaubst du, das bekommst du hin?«
    »Wo sind die Formen?«
    Er zeigte auf die Regale unter den Teigbrettern. Odosse zog Formen mit gewelltem Rand hervor und schätzte ab, wie viel Teig sie benötigte, um sie zu bedecken. Dann schnitt sie ein Stück kalter Butter ab, das ihr groß genug erschien, gab sie in eine Schüssel mit Mehl, Zucker und einer knappen Handvoll Salz und mischte den Teig mit zwei Messern mit flachen Klingen, damit die Wärme ihrer Finger ihn nicht verdarb. Anschließend besprengte sie ihn mit kaltem Wasser und rollte ihn zu sechs groben Bällen und einem siebten, kleineren.
    Auch das hatten ihre Eltern sie gelehrt. Odosse erinnerte sich so lebhaft an die beiden. Ihre Mutter hatte ihr eine Augenbinde umgelegt und sie mit kleinen Löffeln gefüttert, bis sie am Geschmack und am Geruch erkennen konnte, welche Füllung es war, ohne zu kosten, und instinktiv wusste, welche Aromen einander ergänzten und welche nicht zusammenpassten. Aprikosen und Mandeln, Feigen und Wildbret, Rindfleisch und in Branntwein marinierte Datteln – sie kannte sie alle so gut wie die Worte eines Wiegenliedes.
    Der kleine Teigball war für ihren Vater. »Immer einer zusätzlich zum Kosten!«, hatte er gedonnert und die Lektion bei jedem Rezept wiederholt, selbst wenn es das vierte Mal am selben Tag war. »Wenn sie sieben bestellen, machst du acht und kostest davon! Gib niemals einem Gast etwas zu essen, das du nicht selbst probiert hast. Wenn du zu satt bist, nimm einen Bissen und gib den Rest deinem Hund, aber …«
    »… sei dir sicher, dass du ihn einem Hund zu fressen geben würdest«, murmelte Odosse in der Erinnerung vor sich hin, während

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