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Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
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musste die Klinge das Blutwerk tun. Als mein Pferd landete, strauchelte es, und ich wäre fast abgeworfen worden. Während ich versuchte, mich im Sattel zu halten, sah ich aus den Augenwinkeln, wie Wilberforce, als er gerade über das Hindernis setzte, von einem Pfeil in der Brust getroffen wurde, während sein Pferd sich auf einer Lanze aufspießte, die zwei Chinesen gemeinsam hielten und immer tiefer in den Körper des Tieres trieben.
    Ich kam zu der Überzeugung, dass es auf der Welt zu viele Chinesen gibt. Vor allem in China.“
    Ich grinste Dong betrübt an. „Nichts gegen dich. Aber ich würde lügen, wenn ich behaupten wollte, dass ich in jenem Moment etwas anderes gedacht hätte.“
    Der Chinese zuckte höflich die Achseln und erwiderte nichts.
    „Wie auch immer, einen Vorteil hatte dieser Angriff, bei dem ich mir ansonsten in jeder Hinsicht immer die Taktik ausgesucht hatte, die dem Feind am besten in die Hände spielte: Die Chinesen hatten wohl nicht damit gerechnet, dass es jemand bis zu ihrer Stellung schaffen würde, und so gerieten sie in Panik, als zwei Dutzend übelgelaunter Briten auf sie einstürmten. Denn wir waren wirklich wütend. Ich hieb mit meinem Säbel um mich wie ein Bauer mit dem Dreschflegel. Nachdem der erste Chinese sich in die Fluten des Flusses gestürzt hatte, folgten die meisten anderen wie Lemminge.“
    Ich hielt mit meiner Erzählung einen Augenblick inne, als mir klar wurde, dass man meine eigene Einheit, wie sie, mir wider allen Verstandes folgend, in das Feindfeuer geritten war, wohl ebenso gut als Lemminge hätte bezeichnen können. Ich wartete darauf, dass Dong mir das unter die Nase rieb und suchte im Geiste schon nach einer angemessenen Entgegnung, aber Dong sagte nichts.
    „Als der Rauch sich zu lichten begann, sah ich, dass wir es allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz geschafft hatten, den Feind in die Flucht zu schlagen. Allerdings waren von den ursprünglich hundertzwölf Mann meiner Einheit nur noch knapp zwanzig auf den Beinen, die meisten von ihnen mehr oder weniger schwer verletzt, und da ist das Dutzend, das ich auf den Hügeln zur Deckung zurückgelassen hatte, bereits mitgerechnet.
    Ich fand Wilberforce mit einem Bein unter dem Kadaver seines Pferdes begraben. Seine linke Hand war bis zum Handgelenk gespalten, wohl weil er versucht hatte, einen Schwerthieb abzufangen, ein Pfeil steckte in seiner Brust und zwei weitere in seinem Unterleib. Plötzlich wurde mir klar, dass ich selbst nicht einen Kratzer abbekommen hatte.
    Wilberforce öffnete den Mund, ein Schwall Blut kam heraus, und ich sah, dass er noch nicht tot war. Das bestürzte mich. Wenn ihn der Pfeil in die Brust nicht getötet hatte, konnte er nicht tief genug eingedrungen sein, um gefährlich zu sein. Aber die Bauchverletzungen waren mit Sicherheit tödlich, das konnte ich an dem hellen, wässrigen Blut erkennen, das seine Uniform tränkte. Ich wusste, dass da nichts mehr zu retten war. Die Frage war nur, wie lange er es noch machen würde. Ich kniete neben ihm nieder und öffnete meine Feldflasche, um ihm Wasser zu geben.
    Wilberforce erkannte mich und sagte: ‚Du hast es geschafft. Ich hoffe, du bist zufrieden. Jetzt bleibt nur noch eins zu tun. ‘
    Er hatte recht. Also nahm ich meinen Revolver und schoss ihm in den Kopf.“
    Ich setzte die Schale mit einem Knall auf der Theke ab. Seltsamerweise zerbrach sie nicht.
    „Damals kam ich zu der Erkenntnis, dass vieles im Leben leichter ist, wenn man keine Freunde hat.“
    Ich hielt Dong die Schale hin, und er schenkte mir nach, vermied dabei aber den Blickkontakt.
    „Jetzt weißt du, was er gemeint hat. Zufrieden?“
    „Das Gefecht haben Sie aber gewonnen“, bemerkte Dong.
    „Stimmt“, gab ich zu. „Ich hatte neun Zehntel meiner Männer verloren und den zweiten Sohn des Barons Berwick auf dem Gewissen. Andererseits hatte ich zehn Tonnen Opium sichergestellt. Die Generalität stand vor einer binären Entscheidung: Entweder mussten sie mich vor das Kriegsgericht stellen oder mir einen Orden verleihen. Man entschied sich für das Letztere. Das war eigentlich auch nicht erstaunlich, denn ansonsten hätten die Generäle zugegeben, dass sie hundertzwölf Männer einem Idioten anvertraut hatten.“
    „Eine üble Geschichte“, gab Dong zu. „Das war gewiss eine schlimme Zeit. Aber andererseits: Der Opiumkrieg ist bald zehn Jahre vorbei. Ich glaube nicht, dass die Geschichte, die Sie mir eben erzählt haben, die Sache ist, vor der Sie

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