Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
Vom Netzwerk:
Briten. Ich sagte Wilberforce, er habe seinen Befehl, und wandte mich ab, um den Feind durch den Feldstecher zu beobachten. Doch Wilberforce ging nicht.
    Ich hörte ihn sagen, auch ich hätte einen klaren Befehl gehabt, nämlich Feindberührung zu vermeiden, verbunden mit der Frage, ob ich diesen Befehl befolgt habe.
    Ich sah vom Feldstecher auf und drehte mich zu Wilberforce hin. Ich fragte ihn, ob er damit irgendetwas andeuten wolle.“
    Ich blickte von meinem Pflaumenwein auf und sah Dong direkt ins Gesicht.
    „Wilberforce sagte, ich mache einen Fehler. Dann robbte er ein paar Yards den Hügel nach unten, stand auf, rief die Sergeanten herbei und gab den Befehl zum Sturmangriff.
    Ich ließ ein Dutzend meiner Männer auf den Hügeln, darunter die besten Scharfschützen und die, die angeschossen waren und nicht mehr reiten konnten. Sie sollten den Feind davon überzeugen, während unseres Sturms die Köpfe unten zu lassen. Den Rest der Leute, das waren zu den Zeitpunkt noch knapp neunzig Mann, ließ ich sich auf der flussabgewandten Seite der Hügel sammeln, außerhalb des Eingangs zum Tal, und erklärte ihnen, dass wir einen Sturmangriff reiten würden, um den Feind in unsere Reichweite zu bekommen, damit wir unsere überlegenen Waffen würden ausnützen können. Die Soldaten waren einfache Männer aus den unteren Schichten der Bevölkerung, die von der Überlegenheit der britischen Kultur ebenso felsenfest überzeugt waren wie von der Unfehlbarkeit ihrer standeshöheren Anführer. Während des Feuergefechtes hatten sie auf ihre ungenauen Gewehre geflucht, aber nie auf mich. Ihre Frustration, dass sie ihre Feinde nicht trafen, richteten sie gegen ihre Waffen, nicht auf mich. Ich war ihr Erretter, als ich ihnen versprach, einfach etwas näher heran zu reiten, um sie aus der Impotenz ihrer kurzläufigen Waffen in eine Reichweite zu bringen, in der sie etwas ausrichten konnten. Keinen Augenblick lang zweifelten sie an der Durchführbarkeit meines Planes.
    Ich muss zugeben, dass auch Wilberforce den Angriff mit keinem Wort in Frage stellte. Stattdessen donnerte er: ‚Für England! Für die Königin und für die Ostindien-Kompanie! ‘ , und wir galoppierten in das Tal des Todes hinein. Bleikugeln zischten zur Linken und Rechten an unseren Ohren vorbei, und allzu oft fanden die Kugeln ihr Ziel. Während wir durch das Tal preschten, musste ich erkennen, dass die Chinesen sehr viel schneller schossen, als ich es erwartet hatte. Sie hatten etwa ein Dutzend designierte Schützen, die ihre Waffe, wenn sie abgeschossen war, einfach abgaben und eine geladene entgegennahmen. Währenddessen luden drei bis vier Chinesen gemeinsam einen Vorderlader nach. Fast wie eine geübte britische Artillerieeinheit eine Kanone nachlädt, nur schneller. So hatten die Schützen immer etwas zu schießen. Ich hatte damit gerechnet, dass der Feind nicht mehr als eine Salve würde abgeben können, bis wir die Viertelmeile zu ihrer Stellung zurückgelegt hatten. So aber wurden wir mit drei oder vier Salven eingedeckt.“
    Ich bemerkte, dass ich meine rechte Faust so fest geballt hatte, dass die Knöchel weiß hervortraten.
    „Als wir näher heran waren, gesellten sich zu den Kugeln auch noch Pfeile hinzu. Ich muss gestehen, ich hatte einfach vergessen, dass der Feind auch noch über diese archaische Waffe verfügte, mit der er uns nun mit hoher Kadenz einzudecken begann.
    Anhalten, um das Feuer gezielt zu erwidern, kam nicht in Frage. Wir mussten weiter. Ein Angriff im Galopp ist wie eine Lawine, und wenn er einmal angelaufen ist, lässt er sich weder aufhalten, noch kann man die Richtung ändern. Im Gegensatz zu einer Lawine wurden wir allerdings nicht mehr, sondern weniger. Als wir kurz davor waren, die Stellung der Chinesen zu erreichen, sah ich mich um. Es waren kaum mehr dreißig Männer in den Sätteln. Ich musste eingestehen, dass mein Angriff in jeder Hinsicht und von vorne bis hinten gescheitert war. Wir ritten alle in den Tod, und dafür konnte ich niemandem die Verantwortung zuschieben außer mir selbst.
    In der Wolke aus Pulverrauch, die die feindliche Stellung umgab, begannen sich die Opiumballen herauszuschälen, hinter denen die Chinamänner lauerten. Die paar Männer meiner Einheit, die bis dahin überlebt hatten, hatten den Feind erreicht.
    Wer die Gelegenheit hatte, gab einen Schuss aus dem Gewehr ab, dann hieß es den Säbel gezogen und mit dem Pferd über die Ballen gesetzt, hinter denen der Feind sich verschanzt hatte. Nun

Weitere Kostenlose Bücher