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Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
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und Schienen der Sphäre studierte. „Wenn Sie und Ihre alten Herren es nicht waren, dann vielleicht diese wohlhabende Partei, von der Ihr Freund sprach.“
    „Was?“, fragte sie, und ich lächelte.
    „Ich vereinfache den Sachverhalt, genau wie Sie“, erläuterte ich. „Sedgwick und de Boer wussten beide, dass sie gefährlich lebten. Uns geht es da nicht besser. Jemand ist uns auf den Fersen, und wir sollten unsere Zeit jetzt nicht mit Schuldzuweisungen verschwenden.“
    „Wie können Sie!“, begehrte sie auf. „Sie haben ...“
    „Ach, kommen Sie“, winkte ich ab. „Wer wollte mich denn unbedingt bis hierher verfolgen und hat mir ihre Schläger geschickt?“ Ich wies anklagend auf meine Nase. Wahrscheinlich bot ich keinen schönen Anblick.
    Sie schnaubte und wollte etwas sagen, verstummte aber, als sie zusah, wie ich das erste Artefakt öffnete. Ihre Augen wurden immer größer. Ach, ich mag diesen Gesichtsausdruck bei Frauen!
    „Also?“, fragte ich, den funkensprühenden Kristall in der Hand. „Wohin damit?“
    Sie zögerte nur einen Augenblick. Dann wies sie mit ihrer Hand auf die konzentrischen Ringe der Kugel. Ziedaar , sie hatte recht; diese Aussparungen, die ich zunächst für eine nicht genutzte Bohrung oder ein eigenwilliges Zierelement gehalten hatte, konnten in der Tat Fassungen sein. Für einen Kristall? Die Vorstellung versetzte mein Blut in Wallung.
    Ich nahm den Kristall aus seinem Behälter und setzte ihn ein. Er passte anstandslos.
    „Sie können den Ring drehen“, sagte sie. Ich versuchte es, und die Kreise glitten um- und ineinander und veränderten ihre Form wie die Muster eines Kaleidoskops. Einen Augenblick lang bekam ich ein flaues Gefühl im Magen, als ich dem Spiel der fremdartigen Mechanik zusah. So musste es den Wilden in den Kolonien ergehen, wenn sie das erste Mal in ihrem Leben das Wunder der Eisenbahn bestaunten.
    „Wenn es sich um eine Waffe handelt, werden wir uns, wie ich fürchte, doch noch gegenseitig töten müssen“, überlegte ich. Das Pfeifen in meinen Ohren wurde wieder lauter.
    Amüsanterweise fasste sie es diesmal als Scherz auf – versteh einer die Frauen – und schüttelte ihren hübschen Kopf. „Ich glaube, man kann es auf die Sterne ausrichten“, sagte sie. „Sehen Sie?“ Sie wies auf den Morgenstern, der gut sichtbar im Osten stand. Wolkenfetzen huschten schnell über ihn hinweg, so dass er fast wie ein Leuchtturm hinter der fernen Silhouette des Towers stand.
    Ich drehte an den Ringen, und es gelang mir problemlos, den Kristall Richtung Venus zu drehen, so dass er nun auf einer gedachte Linie zwischen ihr und dem Zentrum der Kugel lag. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sich dort, im Mittelpunkt, auch der Brennpunkt befand.
    „Jetzt Sie“, sagte ich und hielt ihr das zweite Artefakt hin. Wieder wollte sie danach greifen, doch diesmal hielt sie sich zurück, als fürchtete sie eine Falle. Ich lächelte. Für gewöhnlich waren es die Frauen, die den Part der Versucherin innehatten. Ich hielt das Artefakt etwas höher. Sie griff danach, mit einem Ausdruck, als rechne sie jeden Augenblick damit, sich die Finger zu verbrennen.
    „Nur zu“, ermunterte ich sie. Sie steckte ihr Schwert in die Scheide, dann öffnete sie die Schale, nahm den Kristall heraus und staunte über sein Feuer. Ich machte eine einladende Geste zum Fenster und trat beiseite. Sie suchte einen Augenblick, dann fand sie eine passende Aussparung in einem der anderen Ringe. Sie stellte sich etwas ungeschickt an, aber schließlich saß der Kristall.
    „Worauf sollen wir ihn ausrichten?“, flüsterte sie und strich mit den Fingern die Ringe entlang.
    „Kommt darauf an“, murmelte ich. Mit dem Pfeifen kamen die Schmerzen zurück. Es war ein schlechter Moment, mir eine Blöße zu geben, also holte ich das kleine Laudanumfläschchen heraus und begann, mir wie selbstverständlich ein paar Tröpfchen in den Mund zu träufeln.
    „Worauf?“, fragte sie.
    „Nun, worum es sich bei dem Palast handelt“, führte ich aus und steckte das Fläschchen wieder ein. „Ist er ein Markstein? Ein Theodolit? Ein Chronometer oder gar ein Zeitschloss?“ Erst als sie mich verständnislos ansah erkannte ich, was ich gerade gesagt hatte und wie recht ich doch haben musste. „Wie Sie wissen, bin ich Ingenieur, Teuerste, und erkenne ein Werkzeug, wenn ich es sehe. Diese Kugel unter diesem Fenster, ja vielleicht dieser ganze Palast wartet offensichtlich nur darauf, justiert zu werden. Nun stellt

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