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Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
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kam man in eine Lounge mit Bar, an die sich der Speisesaal anschloss. Hinter dem Speisesaal lag die Küche, zu der nur Angestellte Zutritt hatten. Der Club stand im Ruf, das beste Essen Londons zu servieren. Wiederum etwas, das dem Admiral zu verdanken war, der immer nach der Maxime agierte, es gebe nur zwei Dinge, die dem Soldaten das Leben madig machten, nämlich Extradienste und schlechtes Essen.
    Ging man in der Eingangshalle über eine der beiden ausladenden Freitreppen ins erste Obergeschoss, gelangte man rechter Hand in die Bibliothek mit dem fast immer leeren Lesesaal auf der einen Seite und dem Billardzimmer auf der anderen, so dass man das Geklapper der Billardkugeln zwar in der Bibliothek – beim Suchen der Bücher – hören konnte, aber nicht im Lesesaal, wenn man sich den Büchern dann widmete.
    Auf der linken Seite lag das Spielzimmer, einer meiner Lieblingsräume. Dem Innenarchitekten war es gelungen, das Spielzimmer so einzurichten, dass der Raum gleichzeitig gediegen-elegant und anheimelnd-familiär wirkte. Auf dem Boden lag ein auf traditionelle Weise handgeknüpfter roter Afghanenteppich, die Wände waren mit Tapeten bezogen, die in exakt der gleichen Schattierung britischen Rasengrüns gehalten waren wie der Samt, mit dem die Kartenspieltische bezogen waren. Der Samt der Stuhlbezüge war hingegen vom gleichen strahlenden Weiß wie die drei großen Doppelvorhänge, die die fast immer geschlossenen Fenster verdeckten. Das Licht im Raum kam tags wie nachts von Figuren von Negerinnen, die Gaslichtkerzen in Händen trugen.
    Neben Whist, Backgammon und Schach fanden im Spielzimmer auch Schlachtennachstellungen statt. Dafür gab es einen mit Sand gefüllten Kasten auf vier Beinen, der die Größe eines Billardtisches hatte und in dem sich allerhand unterschiedliche Gelände formen ließen, um dann mit Armeen von Zinnfiguren berühmte Schlachten nachzustellen und aus den Fehlern längst toter Feldherren Lehren zu ziehen.
    Im zweiten Obergeschoss lagen die Schlafräume. Links die für die Mitglieder, rechts die für deren Gäste. In jedem Raum gab es zwei Betten, zwei Schränke und einen Toilettentisch.
    Ganz hinten auf der linken Seite des zweiten Obergeschosses war der letzte Raum kein Schlafzimmer, sondern ein weiterer, wenn auch recht kleiner Leseraum mit einem niedrigen Kaffeetisch und drei Lehnsesseln. Obwohl der Raum abgelegen war und keine Attraktionen bot, würde man dort dennoch immer ein Mitglied der Clubs finden, das Zeitung las oder sanft vor sich hin döste. Dieses Mitglied würde immer in dem Lehnsessel sitzen, der genau vor einer unauffälligen, tapetenverkleideten Tür in der hinteren Wand stand und weggerückt werden musste, wenn man diese Tür öffnen wollte. Hinter der unauffälligen Tür führte eine enge Treppe ins Dachgeschoss empor. Wer diese Treppe hinaufstieg, stieß oben angekommen zuerst einmal auf eine weitere, wesentlich massivere Tür. Ein Messingschild auf dieser Tür verkündete „Guards’ Club Executive Director: Rear-Admiral Miles Shiels“. Wer das seltene Glück hatte, diese Tür unverschlossen vorzufinden, und sich traute hindurchzutreten, um zu Admiral Shiels, dem Verwalter und Geschäftsführer des Clubs, vorzudringen, musste nach dem dösenden Zeitungsleser vor der Tapetentür nun auch noch an des Admirals Sekretärin Miss Hollister vorbei. Bei dieser verknöcherten alten Jungfer war ich mir nicht sicher, ob es jemanden auf der Welt gab, den sie mochte, aber ich war ganz sicher, dass sie zumindest Wymer und mich abgrundtief hasste. Wer immer nach oben kam, den durchbohrte sie mit einem Blick, der bis ins tiefste Innere der Seele zu stechen schien und in jedem gestandenen Soldaten den Wunsch aufkommen ließ, doch lieber mit Varus in den Teutoburger Wald zu ziehen, als sich dieser alten Dame zu stellen.
    Es mochte aber auch sein, dass Miss Hollister in ihrem Herzen vielleicht liebenswürdiger war als die Heilige Maria und ihr gefürchteter Blick nicht mehr als eine berufsbedingte Fassade. Denn Miss Hollister war eine der wenigen Personen, die wussten, dass ihr Chef mehr war als nur ein Admiral im Ruhestand, der sich ehrenhalber um die Leitung des Clubs kümmerte. Eines Clubs, der ebenfalls mehr war als eine Anlaufstelle für altgediente Offiziere.
    Admiral Shiels, Codename ‚Wicket-Keeper ‘ , war der Kopf der Sektion Cricket, der mit Abstand effektivsten und geheimsten Sonderabteilung der Armee Ihrer Majestät. Ich denke, ich darf mit Fug und Recht behaupten,

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