Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
Clubmitgliedern ich mich gut verstand und mit welchen nicht. Eine Fähigkeit, die ihm jetzt ebenso gut zu Diensten war wie während seiner Zeit als Unteroffizier im Stabsdienst.
„Nun, Commander Russell und Major Brown sind oben im Spielzimmer gerade in Waterloo zugange, während Lieutenant Colonel Carlyle in der Lounge gerade diverse Einheiten Single Malt vernichtet.“ Als Nachgedanken fügte er dann noch hinzu: „Ansonsten ist Lieutenant O’Brian in der Sporthalle und verpasst einem Neuen ein paar blaue Augen. Greenwood oder so. Kamen neulich erst an, er und sein Bruder.“ McKenzie kannte den Namen aller neuen Mitglieder mit Sicherheit ganz genau, daher konnte ich mir nun denken, dass er diesen Neuzugang nicht mochte.
„Admiral Shiels?“, fragte ich.
„Der Admiral ist oben in seinem Büro bei der Arbeit, wie üblich.“
„Sehr gut. Teilen Sie dem Admiral mit, dass ich hier und verfügbar bin, wann immer es in seinen Terminplan passt. Ich werde jetzt erst einmal das Gelände sondieren.“
McKenzie eilte nach draußen, um meinen Koffer abladen zu lassen, während ich die Eingangshalle durchquerte und die Lounge betrat. Ich nickte Lieutenant Colonel Carlyle zu, der an der Bar lehnte und, obwohl es noch recht früh am Nachmittag war, schon recht glasige Augen hatte.
Fred, der Barmann, brachte mir unaufgefordert ein Glas Sherry. Ich lehnte mich neben Carlyle an die Bar und genoss das Getränk und die Umgebung. Es beruhigte mich, wieder im Club zu sein, und ich bemerkte, dass die Anspannung, die ich zuvor gefühlt hatte, verflogen war. Ich würde erst einmal im Club bleiben und am nächsten Tag nach Hause gehen, die Segel reffen und das Schiff in den Sturm drehen, der sich in den letzten Wochen und Monaten mit Sicherheit zusammengebraut hatte.
Es war schon bemerkenswert, wie der Guards’ Club dem Leben eines Mannes Halt und Orientierung verleihen konnte. In einer Zeit, in der Clubs wie Pilze aus dem Boden sprossen und die Auswahl so groß war, dass die Beobachtung die Runde machte, ein Gentleman, der keinen seinen Ansprüchen angemessenen Club finde, könne keiner sein, durfte sich der Guards’ Club nichtsdestoweniger immer noch rühmen, eine Ausnahmeerscheinung darzustellen. Der 1810 gegründete Guards’ Club war zwar nicht so alt wie White’s und konnte sich weder so vieler Mitglieder rühmen wie der Reform Club noch so berühmter wie Boodle’s, dem Adam Smith oder auch William Wilberforce angehört hatten, aber er zählte mit Sicherheit zu den drei besten Clubs, die London und damit die Welt vorzuweisen hatte. Dass Beau Brummel, der sowohl bei White’s als auch bei Boodle’s Mitglied gewesen war (den Reform Club hatte es zu Brummels Lebzeiten noch nicht gegeben, sonst wäre er wohl auch dort Mitglied geworden), den Guards’ Club niemals erwogen hatte, empfand ich keineswegs als Verlust für den Club. Der Club nahm nur Offiziere auf, die zum Zeitpunkt ihres Aufnahmeantrags im aktiven Dienst waren und Gefechtserfahrung vorzuweisen hatten. Eine weitere Einschränkung – von der ich nicht wusste, ob sie schon immer bestanden hatte oder den manchmal etwas willkürlich anmutenden Präferenzen des Admirals entsprang – war, dass die Offiziere entweder Engländer oder Schotten sein mussten. Waliser oder gar Iren brauchten sich für den Guards’ Club ebenso wenig zu bewerben wie Angehörige irgendwelcher kontinentaler Armeen.
Der Club bot alles, was das Soldatenherz begehrte. Wandte man sich in der Eingangshalle nicht, wie ich es getan hatte, nach rechts, sondern nach links, kam man in einen Gang, der in eine Fechthalle führte, die mit drei Planchen ausgestattet war und ein umfassenderes Sortiment an Blankwaffen vorzuweisen hatte als die meisten Museen für Waffengeschichte. Über den gleichen Gang erreichbar schloss sich an die Fechthalle ein von den Mitgliedern „Bruise Box“ genannter Raum an. In diesem Trainingsraum befand sich neben Hanteln, Springseilen und Sandsäcken ein vollständig ausgestatteter Boxring mit Schwingboden und Seilen. Am Ende des linken Flügels fand man im Erdgeschoss die Umkleideräume und Spinde. Dort führte auch eine Treppe in den Keller, wo es nicht nur eine kleine Badehalle mit Schwimmbad, finnischer Sauna und türkischem Dampfbad gab, sondern auch eine mehr als sechzig Fuß lange Schießbahn, an der sich drei Schützen nebeneinander in ihren Künsten messen konnten. Daneben lagen die Waffenkammer und das Lager.
Wandte man sich von der Eingangshalle nach rechts,
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