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Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
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Ich hatte mich so daran gewöhnt, dass ich es kaum noch wahrnahm.
    Wir warteten einen Augenblick, bis zwei Leichtmatrosen unsere Überseekoffer verladen hatten. Wymer, der darauf spezialisiert war, seine Umgebung immer im Auge zu behalten, lachte und wies nach weiter unten in den Docks. Dort wurde an einer Mole etwa hundert Yards von uns entfernt von einem Segelschiff, das unter afrikanischer Flagge lief, eine große Kiste abgeladen. Die Kiste hatte im Deckel ein Loch, durch das der Hals einer Giraffe ragte. Mit stoischer Gelassenheit ließ das Tier es über sich ergehen, als seine Kiste von einem dampfgetriebenen Kran angehoben und über den Kai geschwenkt wurde. Das exotische Gelb der Giraffe wirkte vor dem rußgeschwärzten Grau der Docks so fehl am Platze wie ein Haufen Kohle im königlichen Ballsaal.
    „Ich wette, in den nächsten Tagen werden wir noch mehr von diesem Kaliber zu sehen bekommen“, vermutete Wymer.
    In der Zwischenzeit war unser Gepäck verstaut, und Wymer wandte sich wieder näherliegenden Dingen zu.
    „New Cavendish Street 75B“, informierte er den Kutscher, während er einstieg. „Halten Sie nach dem Longman Bookstore Ausschau. Wenn Sie die Buchhandlung sehen, wissen Sie, dass Sie richtig sind. Darüber ist meine Wohnung.“
    Der Kutscher nickte pflichtbewusst und blickte dann zu mir hin, um zu sehen, ob ich ihm eine weitere Adresse geben würde.
    „Fahren Sie los“, sagte ich, nahm meinen Hut wieder ab und kletterte hinter Wymer in die Kutsche.
    Die Kutsche rollte los und quälte sich ebenso langsam durch den zähfließenden Verkehr die East India Dock Road hinauf wie unser Dampfer zuvor die Themse. Ich begann, ungeduldig auf dem Knauf meines Spazierstocks herumzutrommeln. An der Straßenseite sah ich Hafenarbeiter zentnerschwere Jutesäcke, vermutlich getreidegefüllt, auf einen Pferdekarren hieven. Es hätte mir gefallen, aus der Kutsche herauszuhüpfen, meinen Degen aus dem Spazierstock zu ziehen und völlig sinnlos Getreidesäcke aufzuschlitzen. Ich musste mir eingestehen, dass ich nicht hundertprozentig ausgeglichen war.
    „Soll ich nachher auf dem Weg zum Club bei dir vorbeikommen und dich mitnehmen?“, bot Wymer mir an.
    Ich dachte kurz nach. „Nein, danke“, entschied ich dann. „Ich fahre direkt in den Club.“ Ich sah durch die schmierigen Glasscheiben der Kutschentür nach draußen auf schmutzige Dockfassaden. „Ich denke, ich werde erst mal dort absteigen und mich ein bisschen ausruhen. Nach Hause fahre ich dann morgen.“
    „Verstehe. Du steigst erst einmal im Club ab und ruhst dich aus, und wenn du ausgeruht bist, dann fährst du nach Hause“, resümierte Wymer.
    Obwohl Wymer nichts anderes gesagt hatte als ich zuvor, klang es mir aus seinem Mund irgendwie anders. Ich sah ihm ins Gesicht, konnte jedoch kein ironisches Funkeln in seinen Augen entdecken.
    „Genau“, bestätigte ich.
    „Alles klar“, nickte Wymer. „Nach fünf Monaten kommt es darauf wohl auch nicht mehr an.“ Er zog seine Taschenuhr aus der Westentasche und ließ sie aufschnappen. Mit dem Öffnen erklang in leisen, hellen Tönen die Melodie von „Rule, Britannia!“, und wie jedes Mal, wenn Wymer in meiner Anwesenheit seine Uhr bemühte, fragte ich mich, ob ich dieses Gerät lustig oder blasphemisch finden sollte.
    Wymer klappte die Uhr wieder zu. „Wann meinst du, dass der Ticket-Weeper uns für die Einsatznachbesprechung sehen will?“, fragte er mich.
    „Wicket-Keeper“, berichtigte ich meinen Partner.
    „Sag ich doch“, grinste der. „Picket-Peeper.“
    „Wicket-Keeper“, wiederholte ich. Wymer schien es als mentale Herausforderung zu betrachten, den Code-Namen unseres Chefs in immer wieder neuen Formen zu verballhornen.
    „Sag ich doch: Thicket-Sweeper“, ging es dann auch gleich weiter.
    „Wicket-Keeper sagen wir. Wicket-Keeper. Ist doch nicht so schwer, oder?“ Der Aussage fügte ich ein betontes: „Oder nicht, ‚Fowler ‘ ?“
    Wymer schüttelte sich. „Als Poet müsstest du Hungers sterben. ‚Fowler ‘ geht mit ‚Howler ‘ – in der Tat ist dein Gebrauch von ‚Fowler ‘ geradezu zum Heulen. Auf ‚Bowler ‘ reimt es sich nun wirklich nicht.“ Er zog die Augenbrauen hoch. „Warum verwenden wir eigentlich diese albernen Codenamen, Batsman?“
    „Damit einer, der uns bei einem Gespräch belauschen könnte, nicht weiß, wen wir meinen?“, schlug ich vor.
    „Logisch und sinnvoll“, gab Wymer zu. „Aber warum verwenden wir die Namen dann auch im Club, wenn wir

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