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Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
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dass bei Cricket nur die ausgesuchtesten Offiziere operierten, und die Ausrüstung, mit der wir versehen waren, war mit Sicherheit das Beste, was es auf der Welt gab, und das ist nicht nur so dahingesagt.
    Außer den Angehörigen der Sektion Cricket selbst wussten neben der Königin, dem Premierminister und dem Kriegsminister höchstens eine Handvoll Menschen von der Existenz dieser Abteilung. Auch von den Mitgliedern des Guards’ Club war nur den wenigsten bekannt, dass er der Sektion Cricket als Hauptquartier diente. Nach meinem Kenntnisstand waren dies neben Wymer und mir nur sechs Menschen, nämlich die drei weiteren Zwei-Mann-Teams, die die Missionen ausführten, die der Wicket-Keeper sich für uns ausdachte.
    Außer Miss Hollister war der Barmann Fred, Codename „Water-Boy“, der einzige Angestellte des Guards’ Club, der um dessen wahre Hintergründe wusste. Sein Auftrag war es, für den Wicket-Keeper die anderen Angestellten im Auge zu behalten und einen unauffälligen Informationsfluss zwischen den Einsatzteams und dem Einsatzleiter aufrechtzuerhalten, so dass die Teams den Wicket-Keeper in seinem abgeschirmten Domizil unter dem Dach nur dann besuchen mussten, wenn direkte Kommunikation unbedingt vonnöten war – oder wenn Gegenstände den Besitzer wechseln mussten.
    „In Ordnung, Fred“, meinte ich zum Barmann, nachdem ich meinen Sherry ausgetrunken hatte, „ich werde mal zur Bruise Box rübergehen und sehen, ob sich mir jemand in den Weg stellen will. Danach eventuell noch ein paar Bahnen im Pool. Wenn sich in den oberen Etagen was tun sollte, wissen Sie ja, wo Sie mich finden.“
    Der Barmann nickte, und ich verließ die Lounge und ging auf mein Zimmer. Dort warteten bereits mein Überseekoffer und eine Flasche Scotch auf mich – McKenzie hatte sich zuverlässig wie immer bereits um alles gekümmert. Meine Garderobe fand ich im Kleiderschrank. Ich warf mich in meine Sportkleidung, schnappte mir noch mein Badekostüm und ein Handtuch. Das Säckchen verschloss ich in dem kleinen Tresor über dem Bett.
    Dann flanierte ich gemütlich nach unten in die Trainingshalle, wo O’Brian immer noch dabei war, den Neuzugang des Clubs in die Feinheiten des Faustkampfes einzuweihen. Greenwood, ein bleichgesichtiger Rotschopf, hing in den Seilen und schnappte nach Atem. Als ich sein sommersprossenübersätes Gesicht sah und in seine wasserblauen Augen blickte, verstand ich sofort, warum McKenzie ihn nicht mochte. Sein Aussehen ließ auf einen verweichlichten Charakter schließen, der auch mir auf Anhieb unsympathisch war.
    O’Brian tänzelte vor dem neuen Mitglied auf und ab. „Immer die Deckung oben lassen und den Kopf schützen“, riet er ihm. „Der Kopf ist der General. Zum Körper muss man auch mal einen Treffer kassieren können, aber wenn der General fällt, ist es aus.“
    Da der Neue in den Seilen hing und nach Luft rang, aber nicht auf dem Boden lag und die Englein tanzen sah, wusste ich, dass O’Brian ihn mit Körpertreffern malträtiert haben musste, anstatt den General direkt abzuschießen – wie es ihm sicher ohne weiteres möglich gewesen wäre. Denn O’Brian war der beste Faustkämpfer, den ich kannte. Selbstverständlich war O’Brian Ire, denn Irland hat schon immer die besten Säufer und Schläger der Welt hervorgebracht, und zwar meistens in einer Person. O’Brians Mitgliedschaft im Guards’ Club stellte die einzige Ausnahme dar, die der Admiral sich bei der ansonsten sehr rigiden und rigorosen Auslese der Bewerber jemals geleistet hatte, und zwar nur, weil O’Brian vermutlich der kompetenteste Lehrmeister für den waffenlosen Nahkampf war, der sich im britischen Empire finden ließ. Seine Aufgabe war es, die insgesamt vier „Bouncer“ der Zweimannteams der Sektion Cricket durch harte Zweikämpfe auf Zack zu halten. Das Training fand so regelmäßig statt, wie es der unvorhersehbare Terminplan der Sektion ermöglichte. O’Brian selbst wusste nichts von seiner besonderen Aufgabe; er wusste nur, dass es unter den Mitgliedern des Guards’ Club vier Männer gab, die sich nicht beim ersten Niederschlag sofort auszählen ließen.
    „Ich glaube, der Mann ist fertig“, sagte ich in den Raum hinein und erntete von unserem Neuzugang ein bejahendes Nicken. „Haben Sie noch Kraft für eine kleine Sparringsrunde zum Auflockern, O’Brian?“
    Während unser malträtierter Neuling sich durch die Seile zwängte – und wohl überlegte, welchen Club er als nächsten um Aufnahme ersuchen

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