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Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
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fragte ich.
    Er drehte mir den Kopf zu, und beinahe hätte ich laut aufgeschrien. Dort, wo sein linkes Auge hätte sein sollen, war nur ein heller Ball aus funkelndem Glas, der mich mit einer unwahrscheinlichen Lebendigkeit studierte. Ich kannte Danias blinden Blick, ich kannte Krankheiten und Entzündungen, und einmal hatte ich einen Mann gesehen, dem man die Augen ausgestochen hatte. Nie aber hätte ich mir träumen lassen, dass jemand etwas, das nicht dorthin gehörte, in seinen Körper pflanzte wie Saat in die Erde.
    „Ich bin voller Überraschungen“, sagte er.
    „Ein Shila“, staunte ich. „Ein Shila aus Glas.“
    „Du hat mehr Steine wie diesen gesehen?“, fragte er.
    „Nicht wie diesen“, sagte ich. „Aber so ähnlich.“
    „Wie nanntest du sie?“
    „Die Shaligram Shilas sind die Gestalt, die Vishnu annahm, als er auf die Erlösung seiner Gemahlin wartete.“
    „Ich kenne die Geschichte“, nickte er. „Hatte man sie nicht in eine Basilikumpflanze verwandelt?“
    Ich merkte, dass er sich über mich lustig machte, und schlug im Spaß nach ihm. Später wunderte ich mich über mich selbst. Meist bedeuteten Engländer Ärger, nicht selten den Tod, und hier saß ich und trieb Scherze auf Kosten der Götter mit ihm.
    „Ich glaube nicht, dass Euer Auge von Vishnu stammt“, sagte ich schließlich. „Ich glaube aber, es hat etwas mit dem Tempel zu tun – und mit ihr, denn es hat Euch hierher zu ihr geführt.“
    „Zu Kali?“, fragte der Engländer. „Oder Sati?“
    Ich schüttelte den Kopf. „Ananda, Sahib.“
    „Ananda?“
    Ich nickte.
    „Das ist Sanskrit, nicht?“
    „Es ist auch ein Name. Er bedeutet Glückseligkeit.“
    „Wer ist Ananda?“
    „Sie ist im Tempel. Ich kann sie hören.“
    „Sie spricht zu dir?“
    „Nicht mit Worten. Aber ich spüre sie. Sie ruft mich und wacht über mich.“
    „Bist du deshalb hier?“, fragte er.
    Ich wusste keine Antwort auf diese Frage, die ich mir selbst oft gestellt hatte. Ich wusste nur, dass sie hier war und ich mich dank ihr weniger allein fühlte. Manchmal war Anandas Stimme wie ein ferner Gesang, den ich kaum hören konnte; manchmal, in der Nacht, war er so deutlich, als säße Dania neben mir und wiege mich in den Schlaf, und manchmal, glaubte ich, träumte Ananda, und ihre Träume wurden zu meinen. In diesen Träumen sah ich ferne, geheime Orte tief im Urwald, an denen unbegreifliche Dinge vor sich gingen, und sie erfüllten mich mit einer Mischung aus Schrecken und Ehrfurcht. Ich nahm an, das sei nur normal für die Träume der Götter.
    „Ich weiß nicht. Ich war immer hier. Ich habe keinen anderen Ort und wollte nie anderswo sein.“
    „Warum gehst du nicht zu ihr?“
    Ich zögerte. „Da ist ein Priester“, sagte ich. „Ein alter Sebait. Er schlägt mich und lässt mich nicht zu ihr.“
    „Beschreib mir den Mann und wo ich ihn finde“, sagte der Engländer, und ich tat, wie mir geheißen.
    Dann schlug er sich auf die Schenkel und erhob sich. „Du hast mir sehr geholfen“, sagte er. „Ich bin dir zu Dank verpflichtet. Vielleicht setzen wir unsere Unterhaltung zu einem späteren Zeitpunkt fort?“
    „Ich werde hier sein“, sagte ich, und er nickte.
    Ich sah ihm nach, wie er in der Menge verschwand, und klammerte mich an die Münze, die er mir gegeben hatte. Sie funkelte wie ein Stern.
    Drei Tage vergingen.
    Ich kaufte Essen auf dem Markt: einen ganzen Korb voll Chapati , dazu Reis und einen großen Topf Dal . Natürlich war das mehr Essen, als ich allein je essen konnte, und natürlich war der Händler, dem ich die Münze gab, misstrauisch und gab mir kein Wechselgeld. Ich beschloss, meine Schätze zu teilen, da die anderen sie mir sonst nur neiden würden, und ich hatte Angst, die Mastans könnten kommen und mir alles mit Gewalt abnehmen.
    Zuerst ging ich zu Dania. Sie dankte mir nicht, aber ich sah ein Leuchten auf ihrem blinden Antlitz, und wir speisten lange und reichlich. Dann gab ich den anderen Kindern, die schon um uns herumstanden. Sie nahmen ihren Teil und liefen aufgeregt davon. Dann ging ich zu den Mastans und allen anderen.
    Es ging uns Kindern auf der Treppe in diesen Tagen besser als jemals zuvor.
    Dann aber verstummte die Stimme im Tempel.
    Furcht kroch in mir empor. Ananda hatte noch nie so lange geschwiegen, und etwas an dieser Stille war anders. Unwiderruflich. Eine Leere breitete sich in mir aus, die mit Nahrung nicht zu füllen war. War Ananda böse auf mich, weil ich unser Geheimnis verraten hatte?
    Den

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