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Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
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einigermaßen still saß, zog ich ihm sein Tuch aus der Tasche und wischte ihm Speichel und Blut von den Lippen. „Ich hätte Ihnen etwas zum Draufbeißen geben sollen. Verzeihen Sie meine Unachtsamkeit.“
    „Vergeben und verziehen“, murmelte er und hustete.
    Ich lachte. Ich schätze es, wenn ein Mann unter erschwerten Umständen seine Fassung bewahrte.
    „Hören Sie mir jetzt gut zu“, sagte ich und fasste ihn am Hals. „Ich verfüge über einen außerordentlich empfindlichen Tastsinn, und das Gerät, das ich Ihnen gerade demonstriert habe, ist in der Lage, selbst die schwächsten elektrischen Ströme zu registrieren. Sie werden eventuell noch nicht davon gehört haben, aber es ist eine medizinische Tatsache, dass der Akt des Lügens minimale Unterschiede in der Leitfähigkeit der menschlichen Haut hervorruft. Man nennt das psychogalvanische Reaktion. Kurz gesagt, wir werden uns jetzt unterhalten, und Sie sollten die Wahrheit sagen. Wenn Sie das nicht tun, wird Sie ein Schlag wie der eben ereilen, nur weit stärker. Ich kann nicht für Ihre Unversehrtheit garantieren, und es wird nicht mehr als ein Reflex für mich sein.“
    Natürlich war die Hälfte dessen, was ich sagte, erlogen und die andere ausgedacht. Das brauchte er aber nicht zu wissen, und ich war zuversichtlich, dass meine Drohung in dem Zustand, in dem er sich befand, glaubhaft wirkte.
    „Haben Sie verstanden, was ich Ihnen erklärt habe?“, fragte ich.
    „Sie haben meine ungeteilte Aufmerksamkeit.“
    „Sehr gut“, grinste ich. „Legen Sie los.“
    Er warf einen schwachen Blick in Richtung der Metallstutzen an seinem Hals. „Entschuldigen Sie den Hinweis, aber in Anbetracht der Situation wäre ich Ihnen verbunden, wenn Sie Ihren Wunsch konkretisierten.“
    „Sehr gut“, bekräftigte ich, „Sie haben verstanden. Punkt eins: Gehören Sie zur selben Loge wie Sedgwick?“
    Er nickte.
    „Würden Sie das bitte verbalisieren?“
    „Ja“, sagte er. „Das tue ich.“
    „Ihr Name war wie noch gleich?“
    „Ich wäre Ihnen wirklich dankbar, wenn wir diesen Punkt übergehen könnten. Sehen Sie, es gefällt mir, meinen Namen recht häufig zu wechseln, und ich bin nicht sicher, dass ich Ihnen einen anbieten kann, der Ihren eng gefassten Kriterien der Wahrheit entgegenkommt.“
    Ich grunzte. „Überspannt, aber nicht unglaubwürdig für einen Briten. Sie werden doch aber sicher einen Namen haben, unter dem Sedgwick Sie kannte?“
    „Mehrere sogar“, sagte er.
    „Wären Sie so freundlich, mir einen davon zu verraten?“, fragte ich und verstärkte den Druck auf seinen Hals.
    „Er nannte mich meist nur Venus“, erklärte er und sah mich erwartungsvoll an.
    „Nun, das scheint mir dann aber doch etwas sehr exzentrisch und nicht den guten Sitten gemäß.“
    „Vielleicht hülfe es, Ihre Assoziationen auf den rechten Weg zu lenken, wenn ich Ihnen sagte, dass ich ihn meist nur Merkur nannte.“
    „Ich verstehe – wie die Planeten?“
    „Wie die Planeten“, bestätigte er. „Sie wissen, wie das ist in einem Geheimbund. Es ist einfach nicht dasselbe ohne Decknamen. Wir haben auch ein Handzeichen. Ich würde es Ihnen gerne zeigen, wenn Sie mich losmachten.“
    Prachtig , wirklich, die Unterhaltung begann mir Spaß zu machen. Ich zog die Obstkiste heran und setzte mich vor ihn, denn mein Arm wurde allmählich steif.
    „Wie viele dieser Artefakte befinden sich in Ihrem Besitz?“, fragte ich.
    „Sie meinen, so wie dieses, das Sie da haben? Zurzeit keines.“
    „Von wie vielen wissen Sie?“, hakte ich nach.
    „Bis vor einer halben Stunde dachte ich, es sei einmalig“, gestand er, und ich konnte keine Spur einer Ausflucht in seiner Stimme oder seinem Blick erkennen.
    „Wie haben Sie übrigens Ihr Auge verloren?“
    Er seufzte. „Ich würde es vorziehen, wenn Sie Ihr privates Interesse an meiner Person in den Hintergrund drängten. Der Palast wartet nicht.“
    Damit hatte er mein Interesse geweckt.
    „Gut. Warum erläutern Sie mir nicht, wie das Artefakt Ihrer Ansicht nach funktioniert?“
    Er zuckte die Achseln. „Das wird Ihnen nicht viel nützen, denn da Sie von mehr als diesem einen Steuerelement zu wissen scheinen ...“
    „Nicht so schnell“, sagte ich und hob die andere Hand. „Sie meinen den Meisterstein?“
    „Aber sicher doch“, schmunzelte er. „Ich hätte Sie nicht für so anachronistisch gehalten. Wo wir davon sprechen, was sagt Ihnen der Name Vanderbilt?“
    Ich zögerte. „Ich nehme an, wir reden nicht von dem

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