Der Kristallstern
sie mußte aufhören zu reden, damit sie nicht vor allen anderen zu weinen anfing. Sie wollte sie nicht ängstigen. Sie war selbst verängstigt, weil sie nicht wußte, was sie jetzt tun sollten. Sie blickte zu Jacen hinüber und erkannte, daß auch er nicht wußte, was sie tun sollten.
Sie huschte hinüber zu Jacen und setzte sich neben ihn.
»Wir müssen einen Ort finden, den diese Proktoren nicht betreten können«, sagte sie.
Er nickte.
»Was können wir tun, was sie nicht können?« fragte er.
»Viele Dinge«, sagte Jaina. Sie griff fast hinaus, um einen Stein anzuheben…
»Nein, nein, Jaina!« rief Jacen.
Noch bevor Jacen etwas gesagt hatte, war sie bereits von ihrem Vorhaben abgegangen. Sie hatte Angst, daß sich Hethrirs Macht über sie senken würde. Und sie hatte Angst, daß er sie finden würde, wenn sie ihre Fähigkeiten einsetzte, um etwas Größeres als Luftmoleküle zu bewegen.
»Viele Dinge – normalerweise«, sagte sie traurig.
»Wir sind klein«, sagte Jacen. »Und sie sind groß. Das ist nicht fair.«
»Ja«, sagte Jaina. »Wir sind klein. Und sie sind groß.«
Sie deutete zur anderen Seite des Flusses hinüber, wo dichtes Gesträuch wuchs.
»Ich wette, sie kommen in dieses Gebüsch nicht rein. Und ich wette, daß wir es können.«
Jacen grinste. »Die Büsche wären wie Höhlen.«
»Und wenn es wieder dunkel ist, könnten wir hinausschlüpfen und versuchen, ihre Raumschiffe zu finden. Oder ihre Nachrichtenkapseln.«
»Oder wir kidnappen einen von ihnen und zwingen sie, uns nach Hause zu bringen!«
Jaina sah Jacen skeptisch an. Er sprach größtenteils im Spaß. Aber sie beide wünschten, daß es möglich wäre.
»Wir gehen besser weiter.«
»He, hört mal alle her!« rief Jaina.
Die anderen Kinder hörten auf, in dem flachen Flußwasser zu spielen, auf Frau Drache herumzuklettern oder Beeren von den Sträuchern zu essen.
»Wir müssen hier weg«, sagte Jaina.
»Sonst kommen diese Proktoren und bringen uns zurück ins Gefängnis.«
Eine der Kleinen kam zu Jaina und schlang die Arme um ihre Hüften.
»Ich bin müde, Jaya«, sagte die Kleine. Sie klang so sehr wie Anakin, daß Jaina am liebsten in Tränen ausgebrochen wäre. Sie vermißte ihren kleinen Bruder und machte sich große Sorgen um ihn, obgleich er manchmal ganz schön lästig sein konnte.
»Ich weiß«, sagte Jaina. »Ich bin auch müde. Verstecken wir uns in dem Gebüsch, dann können wir ein Nickerchen machen, ja?«
Die Kleine bohrte ihre Zehen in die Erde. »Ja, gut«, sagte sie widerstrebend.
Jaina nahm ihre Hand, und Jacen nahm die Hand eines der anderen Kleinen. Sie bildeten eine Gruppe und wateten in den seichten Fluß hinein, um zum anderen Ufer zu kommen.
Frau Drache schnaubte und plantschte und ließ ihren langen Schuppenschwanz in den Wellen hin und her pendeln.
Sie steckte den Kopf unter Wasser und kam mit dem Rachen voller Wasserpflanzen wieder nach oben. Sie zerkaute sie zufrieden.
»Du bist sehr schön, Frau Drache«, sagte Jacen und kraulte ihre Augenbrauen. »Aber du bist zu groß, um mit uns zu kommen. Vielleicht solltest du zurück in die Wüste gehen und dich verstecken, damit dir die Proktoren nichts antun können.«
Frau Drache ließ sich im Wasser zurücksinken, bis nur noch ihr Rücken, ihre Augen und ihre Nasenlöcher über die Oberfläche hinausragten. Sie blinzelte. Ihre Augenlider spritzten Wassertropfen in Jainas Gesicht.
»Ich glaube, sie glaubt, daß sie sich versteckt hat«, sagte Jaina.
Jacen zögerte besorgt.
»Wir müssen weiter«, sagte Jaina. »Wir müssen uns verstecken. Sie kommt zurecht, Jacen. Vielleicht denken die Proktoren, daß sie uns gefressen hat, und geben ihr eine Belohnung, weil sie sich darüber so freuen.«
Jacen grinste.
Die Kinder plantschten alle durch den Fluß, kletterten ans andere Ufer, krochen über den nassen, moosigen Boden und schlüpften unter die dichten Büsche.
Jacen entdeckte eine Art Pfad. Er sagte, daß er wahrscheinlich von einem Tier stammte. Jaina hoffte, dem Tier nicht zu begegnen. Sie stellte sich vor, daß es vermutlich riesige Krallen und Zähne hatte.
Aber Frau Drache hatte ebenfalls riesige Krallen und Zähne, und sie hatte sich als gutartig erwiesen.
Jacen wickelte die vierflügelige Fledermaus aus seinen Haaren, hielt sie sanft in den Händen und blickte ihr in das kleine, scharfgeschnittene Gesicht. Die Fledermaus zappelte, und Jacen ließ sie los. Sie flatterte davon und huschte durch die goldgrünen Schatten unter den
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