Der Kristallstern
versuchte sie, sich der Hand zu entwinden, ganz so wie Anakin, der sich aus ihren Armen winden wollte, wenn sie ihn trug. Die Versuche, sich zu befreien, erschöpften sie.
Der Korridor endete in einem großen, quadratischen Raum aus Stein. Der Raum war dämmrig, aber wenigstens nicht so völlig dunkel wie der Korridor. Fahles graues Licht kam von der Decke. Die Decke war sehr niedrig, verglichen mit den Decken, die Jaina gewohnt war. Wenn Tigris die Hand ausstreckte, würde er sie berühren können. Hethrir würde sich gar nicht recken müssen, um sie zu berühren.
Der steinerne Raum hatte keine Wände, nur hölzerne Türen. Jede Tür berührte die Türen seitlich von ihr. Alle Türen waren verschlossen. Es gab keine Fenster. Jaina fragte sich, ob sie den Weg nach draußen finden könnte, zurück in den Gang, den sie gekommen waren.
Oder ich muß jede einzelne Tür ausprobieren, dachte sie. Es mußten mindestens hundert sein. Vielleicht siebentausend!
Eine von ihnen muß nach draußen führen, dachte sie.
Dann führte sie sich vor Augen: Wenn dies ein Raumschiff ist – sie hatte bisher nicht herausgefunden, ob es eins war oder nicht –, dann wird uns das Herauskommen nicht viel nutzen.
Sie war so müde. Sie gab sich Mühe, so zu tun, als ob sie kein Nickerchen machen wollte – Nickerchen waren etwas für kleine Kinder wie Anakin –, aber ihre Augenlider kippten immer wieder nach unten.
Tigris’ drängte Jaina und Jacen in den steinernen Raum. Ringsum wurden Echos laut. Tigris machte halt, blieb zwischen den Zwillingen stehen. Jaina war so schläfrig, daß sie sich bei ihm anlehnte. Sie schlief fast im Stehen ein.
Tigris Hand lag auf ihrer Schulter. Sie war das einzig Warme in ihrer ganzen Welt. Eine Sekunde lang – nur eine Sekunde lang – fühlte sich seine Berührung wie eine freundliche Umarmung an. Jaina dachte, daß er sie vielleicht hochnehmen und zu einem Ort tragen würde, wo sie ein Nickerchen machen konnte, schön warm eingepackt, wie es Winter tat. Und alles würde in Ordnung sein.
Dann besann sie sich darauf, wo sie sich befand und was passiert war, und vielleicht besann sich Tigris auch darauf, denn er rüttelte sie an der Schulter und weckte sie auf.
»Also«, sagte er, »lassen wir das! Hier schlafen wir nur, wenn wir in unseren Betten liegen. Für faules Dösen ist keine Zeit!«
»Ich habe nicht geschlafen«, sagte Jaina, was ungefähr der Wahrheit entsprach.
»Ich auch nicht«, sagte Jacen.
Er klang so schläfrig, wie sich Jaina fühlte. Auch er mußte in eine von Hethrirs schweren, kalten Decken eingehüllt sein.
Aber wenn wir im Bett sind, wird alles in Ordnung sein, dachte Jaina. Es wird warm sein, ich kann meine Hand heimlich unter der Decke hervorschieben, er kann seine Hand heimlich unter der Decke hervorschieben, und wir können uns an den Händen fassen. Und wenn wir auch nicht unsere Gedanken lesen können, dann können wir doch miteinander flüstern.
Jainas Augen füllten sich mit Tränen, und ihr Blickfeld verschleierte sich. Sie hatte niemals über Heimlichtuereien nachdenken müssen, nur um die Hand ihres Bruders halten zu können. Sie hatte überhaupt nie über Heimlichtuereien nachdenken müssen! Und sie konnte sich nicht an die Zeit erinnern, bevor sie sich mit Jacen in Gedanken unterhalten konnte. Sie fühlte sich so kalt und müde, so hungrig und einsam, daß sie beinahe wieder in Tränen ausgebrochen wäre. Sie unterdrückte das Weinen nur, weil sie wußte, daß sie sehr bald mit Jacen sprechen konnte, um zu überlegen, was zu tun war.
Tigris drängte sie weiter vorwärts. Sie erreichten eine der kleinen Türen. Tigris öffnete sie. Jaina dachte, daß ein weiterer langer Korridor darunterliegen würde. Sie glaubte nicht, daß sie in der Lage sein würde, einen weiteren langen Korridor entlangzugehen.
Es befand sich kaum etwas hinter der Tür. Nur ein winziger Raum, gerade so breit wie die Tür und ungefähr doppelt so tief.
Verwirrt blieb Jaina stehen. Vielleicht gab es an der Rückseite des winzigen Raums eine weitere Tür. Aber sie konnte keine Klinke erkennen, keine automatischen Kontrollen, keine Markierung, die den Türrand anzeigte. Die offene Tür war aus schwerem, zernarbten Holz, während das Innere des Raums aus dem häßlichen, grau glänzenden Felsgestein bestand.
Tigris ließ Jacens Hand los und schob ihn ein paar Schritte vorwärts – in den kleinen Raum hinein.
Die Tür schlug zu.
»Jacen, Jacen!« schrie Jaina. Sie riß sich aus
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