Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kristallstern

Der Kristallstern

Titel: Der Kristallstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda McIntyre
Vom Netzwerk:
überlassen, meine Gäste zu empfangen, wie ich es dir überlassen würde, törichter Tigris!« sagte er scharf. »Ich habe nicht die Absicht, abzureisen, bevor meine Gäste eintreffen! Wieso denkst du, daß ich dies tun würde?«
    »Ich habe es falsch verstanden«, sagte Tigris schnell. »Ich bitte um Vergebung.«
    Hethrir seufzte. »Du entschuldigst dich fortwährend, aber du änderst dich niemals so, daß Entschuldigungen unnötig werden. Das ist es, wonach du streben mußt!«
    Tigris ließ den Kopf hängen. Ihm fiel nichts anderes ein, als zu sagen, daß es ihm leid tat, und er wollte nicht schon wieder sagen, daß es ihm leid tat. Er war sich im klaren darüber, wie tief er Lord Hethrir enttäuscht hatte. Er zupfte an der Manschette seines verschlissenen braunen Hemds herum, wohl wissend, wie weit er davon entfernt war, ihn gegen den rostfarbenen Umhang eines Helfers oder gegen die lichtblaue Uniform der Proktoren eintauschen zu können.
    Hethrir richtete sich auf. Seine weiße Robe raschelte. Der weiche Stoff schmiegte sich aneinander, als sich der Lord bewegte. Die Laute ließen Tigris erschaudern.
    Das helle Summen von Lord Hethrirs Lichtschwert erfüllte den Raum, und das silbergraue Licht der Klinge warf Schatten auf Tigris’ leere Hände. Tigris hob den Kopf, um, wie er es immer tat, fasziniert das Strahlen von Lord Hethrirs Schwert zu betrachten.
    Die Klinge verschwand.
    »Versuch es noch einmal«, sagte Lord Hethrir und reichte Tigris den Griff des Lichtschwerts.
    Der Griff des Schwerts fühlte sich warm in Tigris’ Händen an. Das Schwert war zu schwer für sie, aber Tigris umklammerte es so fest, wie er nur konnte.
    Er wußte, was Lord Hethrir von ihm erwartete.
    Die Klinge von Lord Hethrirs Lichtschwert konnte nur durch die Anwendung der Macht aktiviert werden. Hethrir würde niemanden in seinem inneren Zirkel akzeptieren, der den Kreis nicht schließen und die Klinge hervorbringen konnte.
    Tigris versuchte – oh, wie er es versuchte –, Verbindung zur Macht herzustellen, sich zu strecken, die Klinge entstehen zu lassen.
    Das Kind Anakin hob den Kopf und sah interessiert zu.
    Nichts geschah. Das Schwert blieb kalt und tot.
    »Meins!« sagte Anakin und streckte die Hände nach Tigris aus.
    Lord Hethrir lächelte Anakin liebevoll an. »Nein, Kleiner«, sagte er, »du hast keinen Bedarf an meinem Lichtschwert.«
    Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Tigris zu und seufzte erneut. Er nahm das Schwert zurück und befestigte den Griff an seinem Gürtel, unter der äußeren Robe. Tigris erhaschte einen kurzen Blick auf das zweite Lichtschwert, das er trug. Es war kleiner, und er hatte nie gesehen, daß Hethrir es zückte. Tigris war überzeugt davon, daß er Erfolg haben würde, wenn ihm Lord Hethrir gestattete, es mit diesem kleineren Lichtschwert zu versuchen. Aber Tigris hatte diese Möglichkeit schon angedeutet – ein einziges Mal. Die Erinnerung an das abrupte Schweigen seines Lords hielt Tigris davon ab, jemals wieder einen derartigen Vorschlag zu machen.
    »Geh«, sagte Lord Hethrir.
    »Ja, Lord Hethrir«, sagte Tigris.
    Er hatte seinen Mentor enttäuscht. Er hatte sich selbst enttäuscht. Und er hatte Angst.
    Kinder, die die Macht nicht berühren konnten, verdienten es nicht, in der Gegenwart Lord Hethrirs zu bleiben.
     
    Jaina wachte auf, weil sie hungrig war. Es war sehr dunkel! Wo waren die Monde und die Sterne?
    Vielleicht ist es bewölkt, dachte sie.
    Dann erinnerte sie sich an das, was passiert war.
    Sie keuchte und setzte sich aufrecht. Sie streckte die Hände nach vorne – Jacen hatte ihre Hand gehalten, nicht wahr? –, aber sie konnte ihn nicht sehen, konnte ihn nicht hören und konnte ihn nicht finden.
    Die weiche Stelle im Fußboden wurde wieder hart. Überrascht sprang Jaina auf die Füße. Der Platz, den der Raum als Bett zur Verfügung stellte, war verschwunden.
    Sie tastete sich zur Tür. Sie bestand noch immer aus demselben splittrigen Holz. Die Scharniere waren draußen, genauso wie das Schloß.
    »Laß mich raus«, sagte sie. Die Tür reagierte nicht. »Öffne«, sagte sie, »bitte.« Nichts passierte. Sie versuchte es in ein paar anderen Sprachen. Keine von ihnen änderte etwas.
    Sie seufzte.
    Ich habe nicht wirklich daran geglaubt, daß es funktioniert, dachte sie.
    Sie hatte Angst, ihre Fähigkeiten zu benutzen, um das Schloß zu untersuchen, aber sie hatte noch mehr Angst davor, es nicht zu versuchen.
    In dem Augenblick, in dem sie in das Schloß griff, fiel die schwere,

Weitere Kostenlose Bücher