Der Kristallstern
Tigris’ Griff los, rannte zu der Tür und packte die Klinke. Aber Tigris zerrte sie weg. Auf der anderen Seite rief Jacen ihren Namen. Sie konnte ihn kaum hören.
»Also wirklich«, sagte Tigris, »sei kein Baby! Hier brüllen und schreien wir nicht. Wir sind tapfer.«
Jaina drehte sich wütend um. »Ich bin tapfer!« sagte sie.
Sie versuchte, ihn zu schlagen, aber er ergriff ihre Hände und hielt sie fest, so daß sie gar nichts machen konnte.
»Ich bin tapfer, und ich will zu meinem Bruder!«
»Es ist Zeit, schlafen zu gehen«, sagte Tigris. »Morgen wirst du dich nicht mehr so töricht benehmen. Komm jetzt!«
Vielleicht kann ich mich durch die Wand mit Jacen unterhalten, dachte Jaina verzweifelt. Vielleicht wird es gar nicht so schlimm…
Hoffnungsvoll wandte sie sich der Tür zu, die neben der Jacens lag.
Tigris führte sie weg von Jacens Raum, quer durch die riesige, quadratische Halle. Er öffnete die Tür eines winzigen Raums, der so aussah wie der Jacens, aber so weit von ihrem Bruder entfernt lag, wie es nur möglich war.
Tigris gab ihre Hand frei. Sie blickte zu ihm hoch.
»Zeig mir, daß du tapfer bist«, sagte er. Er sah in den Raum hinein, und Jaina wußte, daß sie ohne Aufforderung hineingehen sollte.
Sie blickte hoch zu ihm, direkt in seine großen, dunklen Augen.
»Ich will nach Hause«, sagte sie.
»Ich weiß«, sagte Tigris leise. Er machte eine Pause, deutete dann auf den kleinen Raum. »Aber… das kannst du nicht.«
Sie ging hinein. Sie hatte keine andere Wahl. Er schloß die Tür hinter ihr.
Das geisterhafte graue Gestein wurde dunkler. Jaina suchte nach einer anderen Öffnung. Nach einem anderen Ausgang. Nach einer Möglichkeit, um das Schloß oder die Scharniere der großen Holztür auseinanderzunehmen. Sie konnte nichts entdecken, abgesehen von ein paar Splittermalen, wo jemand gegen das Holz getreten hatte.
Jaina ging in dem winzigen Raum herum. Sie betastete die Wände. Sie fand nichts. Sie klopfte an die Seitenwände. Es klang hohl, aber sie bekam keine Antwort.
An der Rückseite des Raums sanken ihre Füße ein. Sie kniete nieder und befühlte den Fußboden. Er war weich und nachgiebig. Das geisterhafte Leuchten war fast verblaßt. Sie konnte ihre Finger erkennen, aber der Boden war dunkel. Sie konnte ihn nach unten drücken. Die weiche Stelle war gerade groß genug, um sich darauf zusammenrollen zu können. Sie probierte es aus. Ihr war kalt, aber das lag an Hethrirs unsichtbarer Decke. Sie wollte ihr eigenes Bett. Sie wollte ihren Schnuller und Eba, die weiche Wookiee-Puppe, die Chewbacca ihr von seiner letzten Reise mitgebracht hatte, zusammen mit der Zwillingspuppe Aba für Jacen.
Das Licht ging aus. Im Raum war es ganz dunkel. Schauder durchliefen Jaina.
Ich male mir etwas aus, dachte sie. Wir sind auf einer Campingtour. Aber alle unsere Campingsachen sind verlorengegangen. Oder vielleicht sind sie auch ins Wasser gefallen. Alles ist naß. Wir müssen es in Ordnung bringen.
Sie dachte an eine weiche Campingmatratze, auf der sie lag, gerade getrocknet, angenehm und warm. Und an ihre clevere Campingdecke. Sie wußte, wenn ihr kalt war, und sie wußte, wann sie sich erwärmen mußte. Sie verstand es, sich eng um sie zu schmiegen, um den Wind abzuhalten. Sie wurde manchmal gerne naß – und schwamm gerne. Dann lag sie flach auf dem Boden, weil sie keine Füße hatte. Und sie wand sich hin und her und schüttelte sich, bis ihr Fell trocken und warm war und Jaina sie um ihre Schultern legen und einschlafen konnte. Als sie noch klein war, schlief sie sogar gerne zu Hause mit ihr.
Mama ist bei der Campingtour dabei, dachte Jaina. Und Papa und Winter und Chewbacca und Onkel Luke und Mr. 3PO. R2-D2 ist nicht mitgekommen, weil er nicht gerne Dreck in seine Laufflächen bekommt, aber er ist sicher zu Hause. Wir hatten Toast am Lagerfeuer, und Anakin schläft dort drüben. Jacen ist auch da, und wir hatten Kakao.
Ein kleiner, warmer Lichtpunkt erschien vor ihr, flackernd wie eine Flamme. Sie streckte ihre Hand aus, und Jacen schlang seine Finger darum.
Jaina hörte auf zu zittern.
Tigris eilte zurück zu Lord Hethrirs Gemächern.
Ich war töricht, dachte er. Es war töricht und schwach von mir, die Kinder zu hätscheln. Ich habe ihnen nichts Gutes getan, indem ich versucht habe, sie zu trösten. Ich sorge nur dafür, daß sie ebenfalls töricht und schwach sind!
Er kniete vor Lord Hethrirs Tür nieder. Er klopfte nicht an. Lord Hethrir wußte, daß er da war. Der
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