Der Kristallstern
schlechtverheilte und zeichenartige Narbe verunzierte die Handfläche. Ein Sklavenmal. Lelila hatte derartige Narben schon gesehen, auf den Händen von Leuten, die um medizinische Behandlung gebeten hatten, um sie entfernen zu lassen. Bevor sie um irgend etwas anderes baten, baten sie darum, die Narben zu entfernen.
Lelila fragte sich, ob die gescheckte kastanienbraune Hand auf ihrem Arm auch ein Sklavenmal getragen hatte.
»Das gehört alles der Vergangenheit an«, sagte Lelila. »Meine Ausstattung kann die Narbe nicht wegmachen, aber sobald wir in die Zivilisation zurückgekehrt sind…«
Rillao schloß ihre Hand, drückte ihre schlanken, langen Finger gegen die Handfläche. Ihre Bewegung hatte nichts von einem Fäusteballen an sich, diente allein dem Zweck, etwas zu verbergen, etwas zu schützen.
»Nein«, sagte sie. »Ich habe Gründe, diese Narbe noch eine Weile länger zu tragen.«
Sie drückte sich in der Koje auf die Knie hoch, wobei sie aufgrund ihrer Schwäche hin und her schwankte.
»Wie haben Sie diesen Ort gefunden?« wollte sie wissen.
Das bedeutsamste Gut, das Rillao und Lelila austauschen konnten, war Information. Lelila entschied sich, einen Teil ihrer Ware abzugeben.
»Ich bin einem Schiff bis hierher gefolgt.«
Die Bettdecke in Rillaos verkrampften Händen bekam einen Riß.
»Haben Sie es vernichtet?« fragte sie mit plötzlich hohler Stimme. »Haben Sie das Schiff vernichtet?«
»Natürlich nicht!« rief Lelila. »Legen Sie sich hin, Rillao. Sie sind zu schwach, um aufstehen zu können.«
»Haben Sie…«
»Legen Sie sich hin! Dann werde ich Ihnen sagen, was passiert ist.«
Zögernd ließ sich Rillao wieder in der Koje zurücksinken. Sie zog die eingerissene Bettdecke mit nach unten und zerfranste den beschädigten Saum mit den Fingern.
»Ich bin dem Schiff bis hierher gefolgt.«
»Durch den Hyperraum? Das ist unmöglich!«
»Ich habe da so meine Methoden, Rillao.« Es schmerzte Leia, sehen zu müssen, wie Rillao jedesmal zusammenzuckte, wenn ihr Name ausgesprochen wurde, aber Lelila, die Kopfgeldjägerin, genoß es ein bißchen, in der Oberhand zu sein. »Stellen Sie mir keine näheren Fragen.«
»Sie haben das Schiff gesehen?«
»Habe ich nicht. Es war zu weit vor mir. Ich kam, und es ging.«
»Aber Sie können die Spur weiterverfolgen!«
»Nein. Meine Methode ist… gestört worden.« Sie konnte nicht sagen, daß Rillaos eigene Schmerzen die Störung hervorgerufen hatten. Die Firrerreo mochte Leias Fähigkeiten erahnen. »Die Spur ist verschwunden.«
Rillao sank noch weiter zurück. Das seufzende Stöhnen kam wieder, hörte aber abrupt auf, als sich Rillao um Selbstkontrolle bemühte.
»Wissen Sie, wohin das Schiff geflogen ist?« fragte Lelila.
Rillao schüttelte den Kopf. »Es kann überallhin geflogen sein. Einige Orte sind wahrscheinlicher als andere: Jene, an denen sich Sklavenhändler und andere verbergen, abwarten, ihre Ressourcen sammeln und Pläne für das Neugeborene Imperium schmieden.«
»Das Neugeborene Imperium?« Leia machte ein finsteres Gesicht. »Weitere irregeführte Imperiale!«
Weder die Leia der Neuen Republik noch Lelila, die Kopfgeldjägerin, konnten verstehen, warum irgend jemand dem alten Imperium noch Loyalität entgegenbrachte – nach seiner Niederlage, nach dem Bekanntwerden seiner Greueltaten. Aber beide konnten auch nicht verstehen, warum Rillao ihr Sklavenmal behalten wollte.
»Die Anhänger des Neugeborenen Imperiums sind mächtig und reich. Sie haben einen Blutschwur der Geheimhaltung und Ergebenheit geleistet.« Rillao nannte mehrere Welten, auf denen Gefolgsleute Macht ausübten.
Alle Namen überraschten Lelila.
»Auch Munto Codru?« fragte sie.
»Munto Codru ist eine Hinterwäldlerwelt«, sagte Rillao und tat die Frage mit einem Achselzucken ab. »Und viel zu unabhängig. Munto Codru war dem Imperium nie ergeben. Ich habe noch nie von jemandem gehört, der gewillt war, sich auf Munto Codru zu verstecken.«
Leia schob ihre Besorgnis wegen des Neugeborenen Imperiums beiseite. Darum konnte man sich kümmern, wenn die Kinder in Sicherheit waren. Sie durfte sich jetzt durch nichts ablenken lassen.
»Wieso haben Sie geglaubt, daß ich das Schiff vernichtet habe?« fragte Lelila.
»Seine Besitzer haben viele Feinde.«
»Und Sie gehören auch dazu, denke ich«, sagte Lelila.
Lelila, die Kopfgeldjägerin, hatte keine Kinder, die an Bord dieses Schiffes gefangen waren. Sie hatte keinen Grund, bei dem Gedanken, wie viele Leute den
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