Der Kronrat (German Edition)
hätte ich genauso entschieden. Und wie ich auf den Feuerinseln gelernt hatte, war es eine Entscheidung, zu der ich stand.
Leandra, halb Mensch, vielleicht halb Elfe, Maestra, schwertgebunden, meine Königin – sie war beinahe perfekt, selbst ihre Bereitschaft, alles zu geben, ihre Ehre und ihre Liebe diesem einen Schwur zu opfern, selbst das war liebenswert. Wenn es je eine Frau gegeben hatte, die der Liebe würdig war, dann sie.
Woher hätte ich denn wissen sollen, dass ich bereits versprochen war, dass meine Seele nicht frei war, als ich mich an Leandra band? Woher sollte ich denn wissen, dass es eine alte Liebe gab, die nicht vergangen war, die unter unseren Füßen im Eis gefangen lag, als Leandra und ich uns zum ersten Mal liebten?
Dennoch, ich hatte gefühlt und gewusst, dass etwas fehlte, dass etwas in mir für eine andere bestimmt war und darauf wartete, von ihr ausgefüllt zu werden. Als ich das erste Mal in Serafines Augen sah, selbst als sie noch durch Sieglinde sprach, da fühlte ich, dass sie diejenige war.
Wie so oft, wenn man etwas erhält, das man sich so sehr erhofft hat, glaubte ich es nicht. Ich verschloss mich dem, was Serafine mir sagte, und wollte nicht wahrhaben, dass ich nur mein eigener Schatten war. Ich hatte Soltar vorgeworfen, mich in seine Pflicht zu nehmen, und mich gegen ihn aufgelehnt. Weil ich den Preis nicht zahlen wollte, weil ich nie die Wahl gehabt hatte.
Hatte Jerbil das Recht gehabt, mit seiner Seele auch die meine zu verpfänden? War es sein Schwur oder doch meiner?
Ich lachte bitter, als ich verstand, wie einfach es im Grunde war. Ich liebte Leandra und er Serafine, und er war es, der für mich bestimmte, und doch waren wir nicht zwei, sondern ein und derselbe! Aber es war auch sein Schwur, der mir die Liebe zu Leandra erst ermöglicht hatte.
Es war sein Schwur gewesen, der mich band, sein Schwur, der Soltars Schwert für mich bestimmte, sein Schwur, der mich so lange leben ließ, dass ein alter Mann in diesem Gasthof sitzen konnte, als eine junge Maestra die Tür aufstieß und die Welt für ihn veränderte.
Jerbils Wille band mich, seine Liebe war die Kraft des Handels, den er mit den Göttern schloss, die Grundfeste seines Willens. Ich konnte ihn fast sehen, wie er als Letzter dort unten stand, mit Raureif auf seiner Haut und blinden Augen, wie er Eiswehr hielt und den Göttern schwor: Es darf nicht sein!
Wie oft hatte ich schon ähnlich gedacht, zuletzt als Nataliya auf Seelenreißers Klinge gestorben war.
Doch Jerbil hatte einen Weg gefunden, und es lag nun an mir, den Preis dafür zu zahlen. In einem anderen Leben hätte ich vor Leandra gekniet und ihr mein Herz geschenkt. In einem anderen Leben wäre Leandra auch die Königin meines Herzens gewesen, aber in diesem war mein Herz schon lange verpfändet.
Ich seufzte und stand auf. Wie sollte ich all das erklären, was ich fühlte, aber nur in Teilen wusste, selbst kaum glauben konnte und noch weniger verstand? Ich wusste nur, dass Leandra litt und Serafine auch. Es mochte sein, dass Leandra sich mir hingegeben hatte, um meine Dienste für sich zu gewinnen, aber es änderte nichts daran, dass sie stets ehrlich gewesen war. Sie hielt ihr Wort. Aber ich konnte es nicht, weil ich es schon jemand anderem gegeben hatte.
Ich hatte lange daran gezweifelt, dass Leandras Liebe echt war, jetzt wusste ich es besser. Es ging ihr nicht anders als mir selbst. Das, was sie übrig hatte nach ihrem Schwur, hatte sie mir gegeben …
Was hatte es mit der Liebe auf sich, dass sie umso mehr schmerzte, je größer sie war? Leandra litt und weinte, Serafine ebenfalls, und in mir war der Damm fast zum Bersten voll und wartete darauf, zu brechen.
Es durfte nicht sein, dass Leandra und Serafine litten. Für Leandra wusste ich keine Lösung, aber ich würde eine finden. Für Serafine … Es war an der Zeit, zuzugeben, was sie schon so lange wusste und ich nicht hatte wahrhaben wollen.
Ich stand in dem Garten, mein Blick auf diesen blöden Karpfen gerichtet. Ich riss ihn von ihm los und sah zur Sonne auf. Nach der Nacht folgt stets der nächste Tag, das war Soltars Versprechen und die Hoffnung: Nach dem Tod beginnt das neue Leben. Wenn ich meine – Jerbils – Schuld bezahlt hatte, vielleicht war es dann möglich, Leandra wiederzufinden. Aber nicht in diesem Leben.
Ich ging hinauf in unser Quartier, Serafines Tür stand offen, sie stand in der Mitte des Raums und schaute sich suchend um. Als ich an die offene Tür klopfte, fuhr
Weitere Kostenlose Bücher