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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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hinter mir in die Hände. »Gut gesagt, alter Mann«, hörte ich die tiefe heitere Stimme eines alten Freundes hinter mir. »Jetzt küss sie, wirf sie aufs Bett, und wenn du willst, erkläre ich dir, wie du sie dort glücklich machst!«
    »Ragnar«, stöhnte ich und wandte mich um.
    Dort stand er, mit beiden Händen auf die Axt gestützt, in schwerem Kettenhemd und dicken Fellen, mit einem roten, dreifach geflochtenen Bart und einem Grinsen im Gesicht, das jedem Dämon gut gestanden hätte.

18. Ragnar
     
    Mit zwei Schritten war er heran und hob mich hoch, um mich dann fast zu zerdrücken. Ich roch Eis und Schnee in seinen Fellen und den Met in seinem Atem.
    Mit einer Hand an jedem Oberarm hielt er mich dann vor sich und lachte mich an, während ich den Boden unter meinen Füßen suchte. »Beim Allvater, dich umgibt immer ein Drama. Ich schwöre, du kannst nichts tun, ohne dass eine Saga daraus wird!« Er hielt mich höher, um mich besser zu besehen. »Also stimmt, was man sich erzählt? Dass du jung geworden bist und in deinem Lederpacken ein Bannschwert mit dir herumgetragen hast?«
    »Ja. Wie man sieht! Du kannst mich aber trotzdem herunterlassen«, teilte ich ihm mit.
    »Oh«, sagte er und ließ los. Ich rieb mir die Arme. »Freust du dich nicht, mich zu sehen?«, fragte er mit breitem Grinsen.
    »O doch, Ragnar«, sagte ich und meinte es sehr ernst. Ich hatte auf dieser langen Reise neue Freunde gewonnen, doch Ragnar kannte ich schon lange – und er mich nicht als Träger eines verfluchten Schwerts. Wir wurden Freunde, ohne dass es Feinde gab, die uns zusammenbrachten, oder Seelenreiter uns bedrohten, sondern weil wir es so wollten und die Gesellschaft des anderen genossen. Von Seelenreißer hatte er keine Ahnung. Ich hatte die Klinge damals noch in Leder verborgen gehalten, außerdem war ich alt gewesen, als wir uns das letzte Mal gesehen hatten. Vor Jahren hatte ich ihm Gold für seinen Traum von einer eigenen Schmiede geliehen. Das Bett, in dem er schlief und seine Kinder zeugte, stammte von meiner Hand, er kannte mich als Tischler und nicht als Soltars Schlachter. Ihn hier zu sehen, fröhlich und gesund, ließ mich fast in Tränen ausbrechen. Und doch …
    »Nach all den Jahren hättest du auch eine halbe Kerze länger warten können«, beschwerte ich mich mit einem Blick zu Serafine, die zu meiner Überraschung lächelte.
    »Ragnar«, meinte sie, »wartet bitte draußen, diese Gelegenheit will ich nicht verstreichen lassen.«
    »Ihr seid beide nicht stark genug, mich vor die Tür zu schieben«, sagte Ragnar und zeigte mit einem goldberingten Finger auf mich. »Der dort war einst alt wie der Göttervater selbst und mischte sich dennoch in mein Leben ein. Er wandte einen üblen Trick an, denn er machte mich trunken und ließ mich ihm vorjammern, wie sehr ich mein Herz verloren hatte, wohlwissend, dass die holde Maid hinter mir stand und sich alles anhörte, was mein trunkenes, verlorenes Herz ihm und auch ihr da ausschüttete. Jetzt seht mich an, ein alter Mann, gezähmt von zarter Frauenhand, gefesselt und gebannt nicht nur von blauen Augen, sondern auch von sieben, hörst du, sieben Kindern! Und glücklicher, als ich es je zu träumen gewagt hätte! Daran ist nur er schuld, Sera, und wenn …«
    »Oh, seid endlich still, Ragnar!«, sagte sie, trat an mich heran und gab mir einen harten Kuss, der mir den Atem nahm und mir die Sinne raubte. Sie holte Luft. »Du bist ein Idiot, Havald. Ich muss mich anstrengen, mich an Jerbil zu erinnern. Das, was ich an ihm liebte, sehe ich längst in dir. Wenn ich an seine Lippen denke, sehe ich die deinen, wenn ich versuche, mir seine Augen vorzustellen, ist es dein Blick, Havald. Ich liebte ihn, und er ist tot, aber du bist es nicht, und er ist Teil von dir. Ich liebe dich, nicht ihn!«
    »Aber …«
    Sie küsste mich erneut, und es war, als wäre ich zu Hause. Ihr Leib, das Haar, der Duft, die Lippen, weich und fordernd zugleich. Sie berührte etwas tief innen in mir, und alles andere um sie herum verschwand. Es währte ewig und doch nicht lange genug, und als es endete, rang ich nach Luft.
    »Bei den Göttern«, rief Ragnar und klatschte sich freudig auf die Oberschenkel. »Das nenne ich einen Kuss! Als du ein alter Mann warst, habe ich dir nicht geglaubt, dass du einst die Frauen für dich einnehmen konntest, aber jetzt sehe ich, dass du nicht gelogen hast. Sie ist dir verfallen und du ihr. Lass uns darauf trinken!«
    Benommen und widerstrebend löste ich mich von

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