Der Kronrat (German Edition)
Serafine, die wie eine Katze lächelte, und blickte ihn verwirrt an. In der Hand hielt er ein kleines Fass, das mir bekannt vorkam, doch im Moment konnte ich nicht denken.
»Hier!«, rief er und warf es mir zu. »Ich habe es in deinem Quartier gefunden. Götter! Kannst du nicht mal mehr fangen?« Ich hatte zu spät reagiert, das Fass flog an mir vorbei und zerschellte an der Wand, Kronskrager Dunkles lief über den Boden, und etwas schimmerte golden unter dem Schaum.
»Sieh, was du getan hast!«, rief er empört. »Es ist Jahre her, dass ich dieses Göttergeschenk getrunken habe, und jetzt ist es verloren!«
Er eilte zu dem kleinen Fass, hob es auf und hielt es mir anklagend entgegen. »Für einen Schluck von dieser dunklen Brühe würde ich töten … Allvater! Woher bei allen Höllen hast du das?«
Schmerz und Zorn standen plötzlich in seinem Gesicht, und ein gefährliches Glitzern schlich sich in seine Augen. Ich wusste zwar, dass die Varländer ihr Bier mochten, aber das hier verstand ich nicht.
»Es ist nur Bier«, sagte ich vorsichtig. Ragnar war zwar ein Freund, doch Varländer besaßen ein launisches Gemüt. Manchmal war es besser, vorsichtig mit ihnen zu verfahren.
»Nein, das ist es nicht«, sagte er grollend. »Ich will wissen, woher du es hast!«
»Ein Freund gab mir das Fass …«
»Nicht das Fass, sondern das, was darin verborgen ist!«, rief er erzürnt, riss das Fass mit zwei Händen auseinander und hielt mir eine breite Spange aus getriebenem Gold vors Gesicht, mit varländischen Runen verziert und daumendicken Edelsteinen besetzt. »Sag mir, welches Grab du geplündert hast, und ich lasse dich vielleicht am Leben!«
Zu viel war in den letzten Tagen vorgefallen. Die Eröffnung, dass ich vor einem falschen Gott sterben musste, das Wissen, woher er kam, die Verzweiflung über Serafine, die Freude über Ragnars Anblick … und nun das!
»Du nennst mich einen Grabschänder?«, rief ich erbost und löste mich von Serafine. »Du wagst es, mich so zu beleidigen? Ich hielt dich für einen Freund, Ragnar, aber hier gehst du doch zu weit!« Während er seine mächtige Axt fester griff, vibrierte Seelenreißer in seiner Scheide. Die gottgeschmiedete Axt Ragnarskrag war endlich ein ebenbürtiger Gegner für das Schwert, und obwohl es in letzter Zeit ruhiger geworden war, schien es jetzt begierig auf den Kampf.
»Götter!«, rief Serafine wütend und trat zwischen uns, um uns die Hände entgegenzustrecken und uns anzufunkeln. »Angus ist ein Freund von Havald, und von ihm stammt das Fass, aber er sagte nichts von dem, was darin verborgen war! Havald schändet keine Gräber, das solltet Ihr wissen, außerdem ist Angus noch am Leben, wenn auch nicht mehr lange! Wenn Ihr den Mann kennt, Ragnar, dann solltet Ihr Euch beeilen, ihn aufzusuchen, denn er wird demnächst hingerichtet.« Sie sah uns drohend an. »Und wenn ihr euch nicht vertragt, dann werde ich euch beide aus meinen Räumen werfen. Wenn ihr denkt, ich sei dazu zu schwach, werdet ihr ein Wunder erleben, das euch ganz und gar missfallen wird!« Diesmal stampfte sie tatsächlich mit dem Fuß auf.
Ragnar stemmte die Fäuste in die Seiten, warf den Kopf zurück und fing schallend an zu lachen. »Götter, was für eine Frau!«, rief er und zwinkerte mir zu. »Wenn ich nicht schon gezähmt wäre, würde ich Euch den Hof machen!«
»Würdest du nicht«, grollte ich, doch ich musste jetzt auch schmunzeln. So schnell wie das Unwetter aufgekommen war, war es auch schon wieder vergangen.
»Gut«, meinte Ragnar. »Also lasst uns gehen!«
»Zu Angus?«, fragte ich.
»Wohin sonst? Ich will wissen, wessen sie ihn anklagen. Ich kann nicht glauben, dass er ein Verbrecher ist.«
»Woher kennst du ihn?«, fragte ich, obwohl ich es mir hätte denken können.
»Er war mein Merkesmann, Herr über meine Hirðmenn, meine Leibwache«, berichtete Ragnar. »Also sollte ich ihn kennen, richtig?«
Mir wurde jetzt so einiges klar. Der Prinz, der mit seinen Mannen zu seiner Reise aufgebrochen war und nicht mehr zurückkehrte.
»Du bist ein Prinz?«, fragte ich stupide.
»Ja, Havald«, seufzte er. »Ich sagte es dir doch.«
Nur hatte ich es ihm nicht so recht geglaubt.
»Und wie bist du in die Südlande gekommen?«
»Geschwommen.«
Ich sah ihn nur an.
»Ich habe es dir doch schon oft genug erzählt! Wir gerieten in einen Hinterhalt der Piraten. Als wir erkannten, dass sie uns überlegen waren, legten wir ihnen selbst einen Hinterhalt. Wir taten waidwund, und
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