Der Kronrat (German Edition)
ein Bulle zu sein.«
»Wir werden sehen«, meinte ich. »Noch eines. Gibt es irgendwo ein Zimmer, in dem ich arbeiten kann, ohne Gefahr zu laufen, dass mir ständig jemand über die Schulter sieht?«
»Probiert es drei Türen weiter bei der Zweiten Legion«, meinte Orikes mit einem feinen Lächeln. »Ich hörte, dort wäre der Amtsraum eines Generals frei.«
Doch es war an der Tür der Dritten Legion, an der ich klopfte, ich wollte noch mit Rellin sprechen. Jemand rief »Herein!«, ein Korporal sah irritiert auf. Ich hatte mich noch nicht wieder umgezogen, trug also keine Uniform.
»Was wollt Ihr hier?«, fragte er mich barsch.
»Ich suche Generalsergeant Rellin.«
»Wie Tausende andere auch«, meinte er und griff nach einem Blatt und einer Feder. »Sagt mir, was Ihr wollt, und ich werde fragen, wann sie Zeit für Euch hat.«
»Gut«, sagte ich, aus irgendeinem Grund war ich verärgert. »Teilt ihr mit, dass Lanzengeneral von Thurgau von der Zweiten Legion sie sprechen will, sagt ihr, es ginge um die Schwächen der Bullen.«
»Guten Morgen, Lanzengeneral«, schmunzelte Rellin, als sie dir Tür hinter uns schloss. »Musstet Ihr ihn so erschrecken?« Sie wies auf einen Stuhl, den ich mir nahm, und setzte sich hinter ihren Schreibtisch.
»Ich bin im Moment nicht sonderlich gut gelaunt«, teilte ich ihr mit und spielte mit dem Ring der Rose.
»Wenn Ihr Uniform tragen würdet, wäre Euer Empfang ein anderer gewesen«, teilte sie mir mit. »Der Mann kann nichts dafür, ich habe zu viel zu tun, als dass er jeden vorlassen darf.«
»Es war keine Beschwerde über den Korporal«, seufzte ich. »Er hat mit meiner Verstimmung nichts zu tun. Ich hoffe, ich störe nicht zu sehr?«
»Das kommt darauf an. Wenn das, was Ihr dem Korporal gesagt habt, nicht nur ein Vorwand war, dann bekommt Ihr von mir alle Zeit der Welt.«
»Es war kein Vorwand. Es geht mir um die Schwächen der Legion.«
»Ihr könnt Euch jetzt meiner Aufmerksamkeit sicher sein. Welche Schwächen habt Ihr entdeckt?«
»Ich frage Euch.«
Sie musterte mich sorgfältig. »Warum geht Ihr mit diesen Fragen nicht zu Lanzenobrist Miran? Sie kommandiert die Dritte.«
»Man fragt keinen Offizier, wenn es um die Wahrheit geht. Sie kennen sie meist nicht.«
»Sie ist ein guter Kommandeur und wahrlich nicht blind«, verteidigte Rellin ihre Kommandeurin, doch ich winkte ab.
»Das denke ich auch nicht. Ein Offizier sieht nur das, was er sehen soll. Was das ist, bestimmt der Unteroffizier.« Ich beugte mich vor. »Oder ist es nicht so, dass Ihr es als Eure Aufgabe anseht, Probleme zu lösen, bevor Miran davon erfährt?«
»Doch«, sagte sie langsam und musterte mich erneut, diesmal noch eindringlicher.
»Also … teilt mir die Schwächen der Bullen mit.«
»Sie haben keine«, sagte sie. »Wahrhaftig nicht. Seit über tausend Jahren arbeiten wir daran, jegliche Schwächen auszumerzen. Es gibt keine Rüstung auf dieser Welt, die an die eines Bullen heranreicht. Jede Schnalle sitzt dort, wo sie sitzen soll, die Rüstung rostet nicht, die Stiefel eines Infanteristen werden auf dem Markt für drei bis vier Gold gehandelt … nachdem sie ein Jahr getragen worden sind. Jeder Infanterist ist darin geübt, fünf Aufgaben zu übernehmen, die sich überlappen, fällt ein Offizier, gibt es vier, die seine Aufgabe übernehmen können. Mir fällt wahrlich nichts ein, was noch im Argen läge … außer dem menschlichen Problem, dass es immer wieder Menschen geben wird, die sich überschätzen oder überschätzt werden. Schlechte Führung ist das Problem jeder Truppe, aber auch hier achten wir sehr darauf, die Schwächen zu erkennen. Deshalb ist unsere Ausbildung so lang und hart. Andere Länder drücken ihren Leuten einen Spieß in die Hand und behaupten dann, er wäre ein Soldat. Wir wollen, dass unsere Leute überleben … es ist ein alter Spruch der Legion: Wir marschieren nicht, um für den Kaiser zu sterben, wir tun es, um zu siegen. Mit den niedrigsten Verlusten, die nur möglich sind.«
»Hm«, meinte ich. »Das Reich lag, wie man mir immer wieder sagt, seit tausend Jahren im Frieden. Woher kommt die Kampferfahrung?«
»Geht in die Ostmark und fragt Hochmarschall Hergrimm, ob er das Wort Frieden kennt«, meinte sie grimmig. »Unsere Legionen sind ständig in der Ostmark im Einsatz. Seitdem sie gegründet wurde, rennen die Barbaren gegen sie an. Am Anfang waren es ungebildete Wilde, die mit Knüppeln bewaffnet auf uns zugestürmt kamen. Jetzt tragen sie
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