Der Kronrat (German Edition)
dadurch noch erschwert, dass ich grob geschätzt vier Schwerter und drei Spieße in meinem Rücken fühlte, es mochten auch mehr sein.
»Tut mir einen Gefallen, Rellin«, flüsterte ich in ihr Ohr, während sie mir so hart gegen mein linkes Knie trat, dass es mir die Tränen in die Augen trieb. »Teilt Euren tapferen Soldaten mit, dass es Euer Privatvergnügen ist, was hier geschieht.«
Ich ließ ihr etwas Raum, sie konnte den Kopf leicht wenden, und ich sah, wie ihre Augen sich weiteten, als sie die rund zwei Dutzend Bullen sah, die sich mit zornigen Gemütern in ihr Arbeitszimmer drängten.
»Mein Vorschlag ist der, dass Ihr ihnen sagt, dass das, was sie hier sehen, nie geschehen ist und sie ihre Arbeit tun sollen. Wir unterhalten uns dann weiter … und danach, wenn Ihr es dann noch wünscht, werde ich zum Kommandanten gehen und ihn bitten, mich abzulösen. Ihr könnt das glauben, Generalsergeant, denn es ergäbe keinen Sinn für mich, weiterhin das Kommando zu führen.«
»Lasst mich herunter«, forderte sie kalt, ich nickte und ließ sie los, zurücktreten konnte ich nicht, dafür waren die Spieße doch zu spitz.
Sie quetschte sich an mir vorbei, wischte Blut von ihrer Nase ab und funkelte die Soldaten an. »Raus!«, befahl sie. »Tut Eure Arbeit draußen, während der Lanzengeneral mir erklären wird, woher er diese Griffe lernte, die er auf mein Bitten hin mir zeigte!«
»Seid Ihr sicher, Generalsergeant?«, fragte ein Leutnant der Dritten, der mich ansah, als wolle er dort weitermachen, wo Rellin eben aufgehört hatte.
»Sonst würde ich es nicht sagen«, fauchte sie und wies mit dem linken Arm zur Tür. » Raus! «
Wir warteten, bis die Tür zugezogen wurde, dann fluchte sie, bedachte mich mit einem Blick, der mich in Rauch hätte verwandeln sollen, rammte ihre rechte Schulter gegen die nächste Wand und fluchte erneut.
»Wartet«, sagte ich und trat an sie heran, sie wollte ausweichen, doch ich war schneller, hielt sie und renkte ihr die rechte Schulter wieder ein.
Sie sparte sich den Dank, sah mich wütend an und befingerte ihre aufgeplatzte Lippe.
»So. Ihr wolltet das Gespräch fortsetzen und mich überzeugen. Versucht es. Dann werde ich darauf warten, zu hören, dass Ihr entlassen wurdet!«
Ich nahm mir den einen heilen Stuhl, der noch geblieben war, setzte mich und tastete mit der Zunge nach dem losen Zahn und war froh, dass er noch fest genug saß, um nicht gleich ganz herauszufallen. Angus mochte ein zersplitterter Zahn nach einer Nacht der Jagd wieder nachwachsen, aber bei Zähnen waren selbst Seelenreißers Heilung enge Grenzen gesetzt … es dauerte lange und tat zum Heulen weh!
»Warum habt Ihr mir nicht einfach eine Ohrfeige gegeben?«, fragte ich Rellin. »Ihr seid eine Frau, das hätte den Regeln entsprochen.«
»Wollt Ihr mich verarschen?«, rief sie aufgebracht. »Ihr sprecht vom sinnlosen Tod meines Sohns … soll ich Euch dann einen Kuchen backen?« Ihre Augen weiteten sich. »Ihr habt es darauf angelegt, nicht wahr?«, fragte sie.
»Ja«, gab ich Antwort und wischte mir das Blut vom Auge ab. »Glaubt mir, ich habe Grund, es zu bereuen«. Ich sparte mir das Lächeln, meine Lippen fühlten sich nicht besser an, als ihre aussahen.
»Warum?«, fragte sie ruhiger und sah mich suchend mit dem Auge an, das nicht angeschwollen war.
»Es geht um Euren Sohn«, sagte ich ruhig. »Er ist Euch wichtiger als Ihr es Euch selbst seid. Uniform oder nicht, ich glaube nicht, dass es klug ist, einen Lanzengeneral anzugreifen. Als Ihr eben gegen mich gegangen seid, gab es da etwas, das Ihr nicht getan hättet, um zu gewinnen?«
»Ihr habt Euer Schwert nicht angefasst, also keine Klingen«, sagte sie.
»Und wenn ich Euren Sohn in Wahrheit mit dem Tod bedroht hätte?«
»Nichts«, sagte sie grimmig. »Es gäbe nichts, das ich nicht versucht hätte.«
Ich betrachtete die Bisswunde an meiner Hand und zog den kleinen Finger gerade, der ungesund abstand. Es knirschte vernehmlich, und schwarze Ränder drückten sich in meine Sicht.
Ich stand mühsam auf und ging ans Fenster, öffnete es und zog die kühle frische Luft wie ein Verdurstender in mich hinein.
»Macht Platz«, sagte sie ruppig, ich trat zur Seite und sah zu, wie sie sich durch das Fenster erbrach, bevor sie hechelte wie ein Hund. Oder wie ich.
Sie wischte sich den Mund ab, warf mir einen mörderischen Blick zu, und trat an ihren Schreibtisch, der umgestürzt in einer Ecke lag, zog die Schublade auf und atmete erleichtert auf, als
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