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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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Stockfisch meinen«, sagte sie und lächelte. »Er ist in allem, was das Militär angeht, nichts anderes als ein Unheil, das darauf wartet, dass es geschieht. Er hat die Seele eines Soldaten und den Willen«, sie zuckte mit den Schultern, »aber es gelingt ihm nichts! Er ist ein Problem, und ich suche schon länger nach einer Möglichkeit, ihn aus dem Dienst zu entfernen. Aber er ist mit dem halben Handelsrat verwandt und kennt jeden, der etwas zu sagen hat.«
    »Was ist so schlimm an ihm?«, fragte ich. »Wenn er doch den Willen hat …?«
    »Er … er ist schwer zu beschreiben. Er vergisst wesentliche Dinge.« Sie lachte leise. »Vor vier Tagen hielt er den Appell für die Vierte Lanze ab und vergaß sein Schwert. Einmal sollte er das Meldereiten üben, versäumte es aber, seinem Pferd den Sattel aufzulegen, und ließ somit auch die Satteltaschen mit der Meldung zurück. Er ist ganz fürchterlich bemüht  …« Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin seit über zwanzig Jahren Soldat, aber jemand wie er ist mir noch nicht untergekommen.«
    »Danke«, sagte ich. »Ihr habt mir genügend Arbeit gegeben, das wäre vorerst alles. Schickt mir diesen Stockfisch zur ersten Kerze nach der vierten Glocke. Oder wird das zu einem Problem?«
    »Nein, Ser, Lanzengeneral, Ser!« Rellin erhob sich, machte auf dem Absatz kehrt und marschierte zur Tür hinaus. Ich wartete, bis sie gegangen war, und öffnete neugierig die Tür hinter meinem Rücken. Sie führte in einen kleinen Raum mit einem dieser schmalen Fenster, einem Feldbett, einem Nachttisch und einem Schrank. Durch eine weitere Tür gelangte ich zu einem steinernen Abort. Ich ging, nachdem ich mich erleichtert hatte, nahm Rellins Mappe mit und öffnete die Tür zur Schreibstube. Der Sergeant dort sprang so hastig auf, dass ihm fast der Stuhl umfiel.
    »Die Zweite hat eine lange, stolze Tradition«, sagte ich und deutete auf die kahlen Wände der Stube, während mich zwei Dutzend Rekrutenaugen neugierig musterten. »Seht zu, dass die Flagge hier angebracht wird, und schmückt mit den Wimpeln an den Decken die Wände, damit man sieht, was die Legion geleistet hat!«
    »Ay, Ser!«
    »Sagt mir Euren Namen.«
    Wenn die Legionäre ihre schweren Rüstungen trugen, erkannte ich aus irgendeinem Grund auf der Brustplatte den Namen, bei Uniformen war das jedoch nicht der Fall.
    »Lamert, Ser!«
    »Gut, Lamert. Eine Feder wird demnächst Unterlagen für mich bringen. Ihr nehmt sie persönlich an und haftet dafür, dass sie ungeöffnet in meine Hände gelangen. Ich bin zur ersten Kerze nach der vierten Glocke wieder da.«
    »Ay, Ser!«
    Jeder im Raum starrte mich wie ein gebanntes Häslein an, ich spürte ihre Blicke in meinem Rücken, als ich den Raum verließ. Götter, falls ich jemals so jung gewesen war, konnte ich mich nicht mehr daran erinnern.
     
    Ich ging hoch zu unseren Quartieren, klopfte an den Türen der anderen, doch niemand war da, also suchte ich meine Räume auf und fand dort, auf dem Bett sorgsam ausgelegt, eine Uniform vor. Sie unterschied sich von der normalen durch eine weiße Jacke, goldene Knöpfe mit einem eingeprägten Drachen und einen verzierten Kragen, hoch genug, um mir jede Luft abzuschnüren, dazu ein Schwertgehänge, das mit silbernen und goldenen Fäden durchsetzt war und fast so viel wie Seelenreißer wog. Dazu noch weiße Handschuhen aus dünnem Leder, sowie blank polierte Stiefel und wahrhaftig, eine kurze Lanze, die mit Gold und Edelsteinen besetzt war. Ich sah das Ding kopfschüttelnd an. Wenn es dafür gedacht war, auf Bällen herumgetragen zu werden, dann war das die nächste Regel, die ich brechen würde. Ich zog an der Klingelschnur und bestellte einen Krug Wasser bei der Ordonnanz.
    Im Bad ließ ich das Wasser ein und musterte mich im Spiegel, es war nicht gar so schlimm, wie ich befürchtet hatte, aber heute Abend würde man die Spuren wohl noch deutlich sehen. Nach dem Bad kleidete ich mich an, fand dann den bestellten Krug auf dem Tisch stehend vor, trank einen tiefen Schluck, öffnete die Mappe und begann zu lesen.
     
    Die Art, wie die Tür aufgestoßen wurde, erinnerte mich an Leandra, doch es war Desina, die zornig vor mir stand. Fast erwartete ich, Blitze über sie huschen zu sehen, darin unterschieden sich die beiden Maestras jedoch deutlich. Nicht aber in der Art, mich mit den Augen einzufrieren.
    »Könnt Ihr mir erklären, was Ihr Euch dabei denkt, diese verfluchte Schlange entwischen zu lassen?«, fauchte sie, während sich hinter ihr

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