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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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gewesen wäre, um mir mitzuteilen, dass das, was der Ser Lanzengeneral will, der Ser Lanzengeneral auch bekommen soll«, gab er Antwort. Sein Tonfall ließ klar erkennen, dass er wenig erfreut darüber war. Er bedachte mich mit einem scharfen Blick. »Regeln und Gesetze haben einen Grund«, sagte er. »Boron ändert seine Meinung auch nicht ständig.«
    »Er ist ein Gott«, meinte ich. »Ihm ist zuzutrauen, dass er es auf Anhieb richtig macht. Menschen irren. So ist es nun mal. Doch wenn sie Fehler erkennen, sollten sie diese doch ändern können, nicht wahr?«
    »Ich verstehe nur nicht, wie Ihr den Kommandanten dazu habt bewegen können, Euch freie Hand zu geben. Es ist mehr als ungewöhnlich.«
    »Stabsobrist, Ihr kennt den Kommandanten weitaus länger als ich. Solltet Ihr ihm nicht darin vertrauen, dass er weiß, was er entscheidet? Noch eins: Wie viele Lanzengeneräle hat die Kaiserstadt?«
    »Euch allein.«
    »Sagt, ist Euch noch gar nicht in den Sinn gekommen, dass ich jetzt nach dem Kommandanten der höchstrangige Offizier der Kaiserstadt bin? Ich bin sein Stellvertreter.«
    Seine Augen weiteten sich. »Das habe ich in der Tat noch nicht bedacht! Bis jetzt bin ich es gewesen!«
    »Stört Euch daran nicht. In fast allem werdet Ihr es bleiben. Es brennt Euch auf der Zunge herauszufinden, was den Kommandant bewogen hat, seine Meinung über mich zu ändern, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte er grimmig. »Das sollte Euch nicht wundern.«
    »Ich fragte ihn, welchen Grund er dafür hat, dass er mich nicht ernst nimmt.« Ich stand auf. »Wenn Euch ein solcher Grund einfällt, teilt ihn mir ruhig mit.«
    »Mir fallend tausend Gründe ein«, meinte er bitter. »Wenn ich weiß, ob einer gültig ist, werde ich mich melden! Eines noch. Zur fünften Glocke wird Euch ein Ser Afente aufsuchen, um Euch das Tanzen beizubringen. Er bringt zwei Musikanten mit. Einer der Räume in der Fechthalle ist für Euch bereitgestellt.«
    »Danke, Stabsobrist«, sagte ich höflich.
    »Der Götter Segen, Sera, Ser«, wünschte uns Orikes, und wir gingen.
     
    Kaum hatten wir den Raum verlassen, zischte Serafine: »Götter! Was hast du mit Keralos getan? Ihm das Schwert an die Kehle gehalten?«
    »Nein«, gab ich ihr genauso leise Antwort. »Ich zeigte ihm das Schwert, das ein anderer ihm an die Kehle hält, und stellte ihm in Aussicht, dass ich es dort wegnehmen werde.« Ich lachte leise. »Du solltest mir dankbar sein.«
    »Wieso?«, fragte sie misstrauisch.
    »Du brauchst jetzt keine neuen Kleider. Eine Paradeuniform ist genug.«
    Sie blieb stehen und sah mich ungläubig an. »Du meinst, ich soll dir dankbar sein, dass ich mich nicht vor dem Spiegel in schöne neue Kleider zwängen und zurechtmachen muss? Dass ich Stiefel tragen werde und keine Schuhe mit bestickter Seide? Kein Puder auflegen und die Wangen röten muss?« Die Art, wie sie mich ansah, gefiel mir nicht.
    »So in etwa«, sagte ich vorsichtig.
    »Du bist ein hoffnungsloser Fall, Havald«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob ich weinen oder lachen soll. Besser, ich gehe jetzt.«
    »Warum? Wohin willst du gehen?«, fragte ich überrascht. »Ich hoffte …«
    »Ich komme wieder. Ich gehe nur zum Zeugwart, um meine Ausrüstung zu beziehen. Dort werde ich dann Helme anprobieren, bis ich einen finde, der mir passt.« Sie bemerkte meinen verständnislosen Blick. »Darf ich nicht auch ein wenig eitel sein? Was meinst du, was mit meinem Haar geschieht, wenn ich schwere Helme anprobiere?«
    »Oh.«
    Sie seufzte, trat an mich heran und gab mir einen schnellen Kuss. »Wenn es das einzige Opfer ist, das der Kaiser von mir verlangt, will ich zufrieden sein. Ich komme zu dir, sobald ich fertig bin.«
     
    »Stofisk ist mein Name, Ser. Nicht Stockfisch!«, verbesserte mich der Leutnant höflich, aber bestimmt.
    Es war kurz nach der vierten Glocke gewesen, als es an der Tür zu meinem Amtsraum klopfte. Die Fahnen waren verschwunden und die Flagge auch, sie zierten jetzt die Schreibstube und lenkten mich nicht weiter ab. Ich hatte auf Serafine gehofft, also rief ich freudig »Herein«, aber ich wurde enttäuscht.
    Der Leutnant war ein großer Mann, kaum kleiner als ich, doch die Götter hatten ihm einen Streich gespielt. Sein Gesicht glich in vielem dem eines Pferdes, und auch wenn er die Größe dazu haben mochte, fehlte es ihm an Breite. Er war einer dieser langen Kerle, die sich hinter einem Baum verstecken konnten und vielleicht der erste Bulle, den ich jemals sah, dem es

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