Der Kronrat (German Edition)
der Botschafter zur Tür heraus. Einer der Botschaftswächter bat um Verzeihung, dass er mir nicht treu dienen könne, und stürzte sich vor meinen Augen in sein Schwert. Er hat Familie in Janas gehabt. Ich habe nur noch jene, die mich fürchten, und euch. Niemand anders würde noch ein Mahl berühren, von dem ich esse.«
Mir war unbehaglich zumute. Ich hatte in letzter Zeit zu oft Tränen gesehen, und Faihlyd, die man noch vor Kurzem als die Hoffnung Gasalabads bezeichnet hatte, so zerstört zu sehen, schmerzte mich. Jetzt war sie nicht mehr die Herrscherin über das größte der sieben Reiche, sondern nur ein trauriges und verängstigtes Kind. Sie war vor Kurzem erst sechzehn Jahre alt geworden.
»Ich hörte kürzlich ein Gerücht«, begann ich zögernd, während meine Gedanken rasten. »Es geht darum, dass Leandra den Kriegsfürsten Celan auf dieser Insel erschlug, und Priester des Nekromantenkaisers versucht hätten, die Macht des Vulkans dazu zu nutzen, den Kriegsfürsten wiederzubeleben, damit er die Truppen des Verfluchten gegen die sieben Reiche führt. Doch so etwas werden die Götter wohl kaum dulden. Nur einer herrscht über das Leben und den Tod, und es mag sein, dass Soltar diesen Frevel mit Feuer, Flut und Beben strafte.«
Faihlyd hob den Kopf und sah mit Tränen auf den Wangen zu mir. »Ist das wahr?«, hauchte sie.
Ich zuckte mit den Schultern. »Wer will das wissen? Wir ließen den Kriegsfürsten tot zurück. Es gab Priester des Nekromanten auf der Insel, und wer weiß, zu welchem Frevel sie bereit waren? Es scheint nichts zu geben, das sie nicht wagen würden. Es wäre ein Grund für einen Gott, sie zu bestrafen. Dieser Frevel hätte es verdient. Und Janas …« Ich seufzte. »Es ist ein offenes Geheimnis, dass sie mit den Piraten paktierten. Ich weiß nur eines: Der Ursprung der meisten Übel ist beim Nekromantenkaiser zu finden, und vielleicht hat er diesmal seine Macht überschätzt.«
Faihlyd sah zu Varosch. »Was sagt Ihr, Adept des Boron?«
Varosch ließ seinen Löffel sinken und bedachte mich mit einem langen Blick. »Ich kann in seinen Worten keine Lüge finden.«
So also kann man mit der Wahrheit lügen, dachte ich betreten. Doch Faihlyd so zerstört zu sehen tat mir weh, und in einem war ich mir mittlerweile sicher: Was auch immer auf den Feuerinseln geschehen war, uns war es nicht anzulasten.
Die Emira schniefte, setzte sich aufrecht hin, wischte sich die Tränen ab und verschmierte dabei ihre Wimperntusche. »Ich werde einen heiligen Krieg ausrufen«, teilte sie uns entschlossen mit und hob das Kinn. »Diese Ausgeburt der tiefsten Höllen wird vor meinen Stiefeln im Staub liegen und wimmern!«
»Wenn ich Euch sage, dass es einen Weg gibt, Eure Rache zu erhalten, was wäre es Euch wert?«
Ihre Augen bohrten sich in die meinen, die Verletzlichkeit von eben war verschwunden, als wäre sie nie gewesen.
»Was wäre der Preis, Havald, Bey?«
»Ihr müsstet Euer Haupt neben den Göttern auch noch vor einem anderen beugen.«
»Dafür versprecht Ihr mir die Rache?«
»Ich werde dafür sterben, dass Ihr sie erlangt.«
Niemand sagte etwas, als sie mich sorgsam musterte, es war, als hätten wir alle sogar mit dem Atmen aufgehört.
»Warum?«, fragte sie dann leise.
»Der Kronrat wird das Ende der Allianz verkünden, denn schon jetzt haben die Ostmark und Rangor den Vertrag gebrochen.«
»Götter!«, fluchte Faihlyd. »Diese feigen Hunde einer falschen Schlange und eines dummen Esels! Wie blind sind sie? Sie müssen doch wissen, dass wir getrennt nicht bestehen können!«
Sie schüttelte fassungslos den Kopf. »Wenn die Allianz zerbricht, was soll dann werden?«
»Dann gilt das Wort des Kaisers.«
»Aber es gibt keinen Kaiser mehr.«
»Darum geht es, Emira.« Ich zögerte einen Moment, dann sprach ich es aus. »Es braucht eine neue Allianz, ein neues Reich.«
»Und einen neuen Kaiser«, sagte sie rau. Sie sah mich durchdringend an. »Wollt Ihr nach der Krone greifen? Soll ich vor Euch knien?«
»Um der Götter willen, nein!«, wehrte ich erschrocken ab. »Es muss jemand sein, dessen Anspruch auf die Krone nicht bezweifelt werden kann!«
»Wer soll das sein?«, fragte Armin grimmig. »Ich wüsste niemanden, auf den das zutrifft.«
»Ich schon.« Ich dachte an eine Sera, die jedes Anrecht darauf hatte. »Ich gebe Euch mein Wort. Am dritten Tag des Kronrats werden wir einen Kaiser haben.«
Lange sah Faihlyd mich prüfend an. »Meine Großmutter hielt viel von Euch, und ich
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