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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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damit Tore, Wälle, Tempel und wichtige Gebäude markierte, offenbarte sich mir die Stadt auf neue Weise.
    »Wir üben Seeschlachten auf diese Art«, erklärte er und hielt das Modell eines Schiffes hoch. »Es muss auch irgendwo noch Zinnfiguren geben, die unsere Soldaten zeigen, doch ich fand sie nicht.«
    »Es reicht mir«, sagte ich. »Wenn wir zur Kronburg müssen, dann geht es hier entlang über die Brücke und dann diese weite Straße hoch …«
    Serafine räusperte sich, während Wendis überraschendes Interesse an seinem dampfenden Kafje entwickelte.
    »Havald«, sagte Serafine leise. »Das ist die Stadtmauer und keine Straße.«
    »Hmmm … hier sind Treppen eingezeichnet …«
    »Sie führen zu dem Wehrgang hoch.«
    Ich musterte die Karte. »Dann ist der Wehrgang diese schmale Doppellinie?«
    »So scheint es zu sein.«
    Ich folgte dieser Doppellinie, sah dann zu Major Wendis hin. »Ist es möglich, dass der Wehrgang durch offene Türme läuft und nicht unterbrochen ist?«
    »Das kann ich mir kaum denken«, gab der Major zurück.
    »Und doch ist es so«, rief eine Stimme, die ich kannte, als zwei Personen zu uns traten, die sich von verdreckten Roben befreiten.
    In diesen Roben und mit dem von Ruß, Dreck und anderem verborgenen Gesicht hätte ich Kurtis Blix kaum wiedererkannt, geschweige denn die Frau an seiner Seite. Das musste Sanja Grenski sein, Blixens Stabssergeant. Beide warfen nun weitere verdreckte Kleider ab, unter den Fetzen kam die Rüstung der Seeschlangen zum Vorschein, einen Bullen so gerüstet zu sehen, war eine Überraschung.
    »Irgendein König kam auf die Idee, dass es dienlich wäre, auf dem Wall reiten zu können; dafür waren die Durchgänge zu niedrig, also ließ er die Türme durchbrechen oder auf Wallhöhe abtragen«, sprach Blix nun weiter. »Es heißt, er wäre einmal dort entlanggeritten, dann, auf dem Weg eine Treppe herab, stürzte er vom Pferd und brach sich beide Beine, danach soll er es gelassen haben.« Er salutierte vor mir und nickte den anderen zu. »Ich sehe kein neues Schiff im Hafen, seid ihr vier mit einem Greifen gekommen?«
    »Zumindest ähnlich überraschend!«, meinte Zokora mit einem schmalen Lächeln und lieferte sich mit Grenski ein Blickduell.
    Blix löste die Schnallen seiner beschmutzten Rüstung und reichte sie an einen Schwertkadetten, der damit davoneilte, ein anderer Kadett hielt ihm einen Becher Kafje hin, den er dankbar entgegennahm. Die Hand, die diesen Becher hielt, war zu blutig für einen Kratzer, sein Blut war es wohl kaum.
    »Ich deute all dies so, dass wir nun doch etwas unternehmen werden«, stellte er jetzt grimmig fest.
    »Das könnt Ihr so sehen, Blix«, meinte Wendis säuerlich. »Der General gedenkt, die Stadt zu ›läutern‹.«
    »Der Major berichtete mir von Euren Unternehmungen in der Stadt, er sagt, es gäbe keine Ordnung mehr, und die Menschen wären wie Tiere, und um die Kronburg hätte sich der größte Teil des Packs versammelt und verfiele dort dem Wahn.«
    »So war es auch. Jetzt ist es anders. Ihr werdet wenig finden, das Ihr ›läutern‹ könnt.«
    »Was meint Ihr?«, fragte ich den Schwertmajor überrascht.
    »Die Lage hat sich in den letzten Tagen sehr verändert. Es gibt kaum noch einen, der irgendetwas tut, ob im Sinne Borons oder nicht.«
    »Das müsst Ihr mir erklären.«
    »Die ersten Tage war es schlimm, die Leute sind übereinander hergefallen wie die wilden Tiere. Doch dann wurde es ruhiger, das ist der Grund, warum wir heute die Lage erforschten. Was wir fanden, ist nicht weniger erschreckend. Jetzt seht ihr auf den Straßen nur noch wenige, und die laufen ziellos umher oder fallen hin, um dann zu sterben. Die, die sich in die Häuser haben retten können, sitzen an den Fenstern oder hinter verrammelten Türen, versucht man sie anzusprechen, stieren sie zurück, sie sabbern wie die kleinen Kinder und manchmal beflecken sie sich sogar selbst. Aldar ist zu einer Stadt geworden, die auf den Tod wartet.«
    Die Beschreibung des Schwertmajors ließ mich frösteln, nichts, was ich je erlebte, passte zu dem, was er beschrieb.
    »Also gibt es keinen Feind?«, fragte Serafine leise. »Nur hilflose Menschen, die ihren Geist verloren haben?«
    »In den meisten Fällen ja. Und dann, wenn man denkt, man würde gar nicht wahrgenommen, stürzt sich plötzlich jemand auf einen und fletscht die Zähne wie ein Tier. Grenski und ich mussten vorhin einen erschlagen, ich schwöre, der Kerl hat nicht verstanden, dass er

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