Der Kronrat (German Edition)
Zokora sah auf die beiden Soldaten nieder und schüttelte den Kopf. »Doch die will ich lieber behalten, sie sind auch für andere Dinge nützlich.«
»Kannst du sonst noch etwas für die beiden tun?«
»Ich lege sie so hin, dass sie nicht ersticken, und lasse sie dann schlafen. Sie werden erwachen, wenn wir den Priester erschlagen haben. Warum sind sie nur mitgekommen?«
»Sie waren vielleicht neugierig oder wollten helfen?«, schlug Varosch vor, als Zokora die beiden kaiserlichen Soldaten auf die Seite legte.
»Sie waren wenig hilfreich«, stellte Zokora trocken fest, stand auf und schaute zu dem Priester hin. »Gut. Er ist in tiefer Trance, sonst hätte er uns schon bemerkt. Aber wenn wir diesen Wehrgang nehmen, um zu ihm zu gelangen, wird er uns entdecken. Wir müssen schnell und entschieden vorgehen, sonst überleben wir es nicht.«
»Also gut«, sagte ich. »Wie machen wir es?«
»Er steht mit dem Rücken zum Wassergraben«, meinte Serafine. »Ich glaube, ich weiß, wie ich ihn überraschen kann.«
»Das allein bringt uns nichts«, gab Zokora zu bedenken. »Wir müssen ihn auch noch von den Trommeln lösen, sonst setzt er ihre Kraft gegen uns ein.«
»Reicht es, wenn ich ihn zu uns herüberwerfe?«, fragte Serafine grimmig.
»Ja.« Zokora nickte. »Das sollte reichen.«
»Wie ist also der Plan?«, fragte ich.
»Varosch setzt ihm einen Bolzen in die Stirn, Serafine holt ihn, und wir schlagen auf ihn ein«, meinte Zokora. »Wenn wir das lange genug tun, wird er sterben.«
»Ich habe den Bolzen gesegnet«, meinte Varosch und nahm Maß.
»Finna«, fragte ich, »wie willst …«
»Dann los«, sagte Zokora und zog ihr schwarzes Schwert. Varoschs Armbrust erklang, der Bolzen flog davon, und mit einem ungewohnt hellen Gleißen schlug er dem Priester in die Schläfe ein.
Zugleich nahm Serafines Gesicht einen harten Ausdruck an, sie schloss die Augen und ballte die Fäuste. Unter mir hob sich das Wasser mit überraschender Geschwindigkeit aus dem Graben, formte sich zu einer Hand, die den Priester so schnell ergriff, dass er kaum mehr dazu kam zu reagieren. Genauso schnell, wie sie ihn ergriffen hatte, warf ihn die Hand mit Wucht auf den Wehrgang zu unseren Füßen, so hart, dass ich hörte, wie ihm die Knochen brachen.
Er lag dort, nass und blutend und zerschmettert, einen Bolzen quer durch den Schädel, und rührte sich nicht mehr. Wir sahen uns gegenseitig an.
»Das war einfach«, stellte Varosch grinsend fest.
Offenbar war der Priester jedoch ganz anderer Ansicht, denn er hob den Kopf vom Boden, während eine dunkle Wolke sich um ihn sammelte, die dicht und dick war wie Morast. Selbst Seelenreißer drang nicht schnell genug hindurch, um ihm den Kopf abzuschlagen. Vielmehr schien es mir, als duckte er sich in aller Ruhe unter meinem Schlag hindurch. Er zog sich nahezu gemächlich den Bolzen aus dem Kopf, der in seiner Hand aufglühte und als Asche davontrieb; nur die Spitze fiel herab.
»Einfach, meint ihr?«, fragte er im Plauderton und lachte.
Ein Windstoß warf uns alle vier zurück, drängte Varosch und Zokora gegen die der Kronburg zugewandte Wand, mich warf er fast über die Brüstung. Ich konnte mich gerade noch halten und sah dann zu meinem Schrecken, wie Serafine an mir vorbei in die Tiefe stürzte.
Die Wahl war einfach. Ich ließ Seelenreißer fallen und griff nach Serafine, doch ich bekam nur ihren Saum zu fassen, der unter meinen Händen riss; mit aufgerissenen Augen stürzte sie in den Wassergraben hinab, in dem sie Dutzende von spitzen Speeren erwarteten.
Nicht einen Ton hatte sie von sich gegeben, als sie fiel. Vielleicht wäre ich jetzt selbst auch hinabgestürzt, doch ein harter Schlag riss mich herum und von der Brüstung herunter, sodass ich auf dem Boden liegen blieb und stumpfsinnig den Priester anstierte.
Er hatte sich teilweise in Rauch verwandelt, der um ihn wogte, darin glühten dunkel seine Augen, mit der einen Hand hielt er Zokora am Hals gepackt, die sich mit beiden Händen an dem Arm aus Rauch verkrallte. Ihre Klinge hatte sie verloren, und so wie ihre Augen aufquollen, schien er nicht weit davon entfernt, ihr das Genick zu brechen. Damit nicht genug: Wo er sie hielt, überzog Raureif ihre dunkle Haut, und mit jedem Lidschlag schien sie dem Tod näher. Mit der anderen Hand holte der verfluchte Priester nun aus, ich riss die Arme zur Deckung hoch, dennoch traf mich der Schlag mit der Wucht eines Pferdehufs und schleuderte mich zurück. Zugleich warf er Zokora wie
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