Der Kronrat (German Edition)
das Pferd ihm eher folgen als mir. Aber solange das nicht geschieht, folgt es mir.« Sie sah mich bedeutsam an. »Das Geschöpf erkennt den Schöpfer und verneigt sich vor ihm. So ist es immer und wird es bleiben. Ihr Menschen habt diese Pferde ebenfalls zu dem geformt, was sie für euch sein sollen, also gehorchen sie auch euch. Aber mein Anspruch auf Gehorsam ist der ältere.«
»Das ist der Grund, warum du dich nicht vor Menschen beugst?«, fragte ich leise.
»Wir sind, zum Teil zumindest, eure Schöpfer und beteiligt daran, dass ihr zu dem wurdet, was ihr heute seid. Ganz ähnlich diesen Pferden. Die Götter erschufen euch, doch wir waren es, die euch die Sprache gaben, das Feuer und ein Wissen, das ihr zum größten Teil vergessen habt.« Sie sah zu Shirtan und lächelte. »Unser Fehler war, nicht zu verstehen, dass genau durch diesen Akt der Schöpfung die Menschen unser Erbe in sich tragen. Aber das reicht nicht aus, damit ich mich vor einem verbeuge, dessen Vorfahren ich gestern noch dabei ertappte, wie er den Inhalt seiner eigenen Nase aß.«
»Was Ihr da sagt, Sera«, brach es aus dem Stallmeister heraus, »ist Blasphemie!«
»Nein«, entgegnete Zokora ruhig. »Es ist schlimmer als das. Es ist die Wahrheit. Meine Herrin ist Solante, ein Aspekt der Göttin, die ihr als Astarte kennt. In unseren Büchern und Träumen ist Astarte eine Elfe und kein Mensch, auch wenn ich sie in ihrer menschlichen Gestalt noch immer erkennen kann.« Sie hielt den Stallmeister mit ihrem Blick gebannt. »Es ist der Lauf der Dinge, Mensch. Denn es gibt noch eine andere Wahrheit. Als Astarte zum ersten Mal auf dieser Erde wandelte, war sie kein Elf. Die Götter wandeln sich mit uns und wir uns mit ihnen.« Sie lächelte überraschend freundlich. »Damit ist deine Lehrstunde beendet. Such einen Priester deines Volks und frag ihn, er wird dir das Weitere erklären.«
Als der Stallmeister ging, bezweifelte ich, dass er sich auf die Suche begeben würde. Mir kam es eher so vor, als wäre er geflohen.
Sie holten uns auf dem ersten Viertel ein, der Prinz, Baronetta Levin und zehn Gardereiter in schwerer Rüstung. Das war überraschend, ich hätte mehr erwartet. Wir hielten an und warteten, bis sie aufgeschlossen hatten.
»Ihr haltet mir eine Klinge an den Hals«, beschwerte sich der Prinz, kaum dass er nahe genug heran war. Ich sah unter seinem offenen Visier nur die Andeutung seiner Augen, aber das reichte, um mir zu zeigen, wie aufgebracht er war.
»Nein«, widersprach ich ruhig. »Es ist nicht meine Klinge. Ich zeige nur den Weg, wie Ihr Eure Kehle freibekommt.« Ich schaute mich suchend um. »Wo ist Baron di Cortia?«
»Er bereitet die Stadt auf die Belagerung vor. Wenn möglich, kommt er später nach. Mein Gefolge wird noch morgen auf herkömmlichem Weg nach Askir aufbrechen. Ich bin gespannt, wie viele plötzlich mit nach Askir wollen, wenn bekannt wird, dass der Feind gegen uns zieht!«
Ich musterte die Baronetta. Sie trug eine leichte Lederrüstung und saß ruhig auf einem Rappen, der gewiss eine erfahrene Hand am Zügel brauchte. So ganz wurde ich noch nicht daraus schlau, wie die Aldaner mit ihren Frauen umgingen. Ihr Einfluss jedenfalls war größer als zugegeben.
»Könnt Ihr mir versprechen, dass diese Legion Aldar nicht erreicht?«, fragte der Prinz.
»Dazu müsst Ihr den Kommandanten überzeugen«, sagte ich, »und nicht mich. Ich habe das nicht zu entscheiden.«
»Wir sollten weiterreiten«, warf Zokora ein. »Es sind nur noch wenige Kerzenlängen bis zur Dunkelheit.« Sie sah hinauf zum Himmel, wo hoch über uns eine Wyvern kreiste.
»Sie hat recht«, sagte ich. »Ihr könnt all das mit dem Kommandanten besprechen. Wenn Ihr es darauf anlegt, könnt Ihr danach durch das Tor in Eure schöne Stadt zurückkehren.«
»Hm«, meinte er und bedachte mich mit einem kalten Blick. »Meint Ihr wirklich, dass es Rogamon ist?«
»Ich will Euch gern erklären, wie wir zu dem Schluss gelangt sind«, meinte ich höflich. »Aber lasst uns reiten.«
Er nickte und schaute zu der Wyvern hoch, während er sein Pferd antrieb.
»Stört es Euch nicht, dass wir beobachtet werden?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Vielleicht ahnt sie, wer wir sind, doch was soll sie tun? Wir sind beritten. Die Infanterie wird uns nicht abfangen können, und sollte es noch Reiterei geben, habt Ihr nicht gesagt, dies wären die besten Pferde Aldanes?«
»Aber sie weiß, in welche Richtung wir uns bewegen.«
»Ja. Geradewegs dem Feind
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