Der Kronrat (German Edition)
ist es«, gab ich ihm Antwort auf seine Frage. »Wählt aus, wer Euch begleiten soll. Haltet Euch dabei zurück, denn der Hofstaat kann auch nach Askir reiten. Nur wir sollten uns beeilen. Die dritte Glocke ist bereits verstrichen.«
»Ja«, sagte er und neigte leicht sein Haupt. »Ich habe es läuten hören.«
Was so viel hieß, wie dass er sich nicht gern befehlen ließ. Ich konnte es ihm nicht verdenken, verspürte aber wenig Lust darauf, noch weiter auf ihn Rücksicht zu nehmen.
Er und Baronet von Freise hätten Brüder sein können. Der Prinz besaß die gleiche scharf geschnittene Nase und das kantige Kinn, allerdings waren seine Augen ein wenig dunkler, was es leichter machte, seinem Blick zu begegnen.
»Weil es dort, bei dieser Wehrstation in Rangor, ein Tor gibt, das uns mit einem Schritt nach Askir bringen kann? Was ein Geheimnis ist und bleiben soll?«
»Genau das.«
»Ihr seid durch ein solches magisches Tor nach Aldar gekommen, aber es ist zerstört und führt nicht mehr zurück?«
»Ja.«
»Und das soll ich Euch glauben?«
»Eure Stadt wurde vergiftet, ihr wurdet angegriffen, vom Klang der Trommeln in einen magischen Schlaf versetzt, habt ihr zugesehen, wie Wyvern sich an Euren Leuten gütlich taten. In Euren Straßen stapeln sich die Leichen, in Eurem Burghof liegen tote Flugschlangen, die Priester Eurer Stadt rufen wegen eines Kriegs der Götter zum Gebet …« Ich nahm einen Schluck von dem schweren Wein. »Ich werde Euch bestimmt nicht damit beleidigen, dass ich Euch vorschreibe, was Ihr glauben sollt.«
»Fein gesagt«, grollte er und warf mir einen mahnenden Blick zu. »Doch warum die Eile? Ein paar Tage ist noch Zeit.«
»Eine Legion des Feindes zieht uns entgegen, alleine deshalb sollten wir uns beeilen.«
»Eine Legion des Feindes?«, fragte er erschrocken. »Wollt Ihr sagen, dass das nicht die Hauptmacht war?«
Götter, dachte ich. Konnte es denn wirklich sein, dass er es noch nicht wusste? Ich tauschte einen Blick mit Serafine, die leicht den Kopf schüttelte. Ich hatte ja auch nicht daran gedacht, es ihm mitteilen zu lassen, hatte wohl angenommen, dass er es schon erfahren würde. Also tat ich, als wäre es nicht von Belang und zuckte mit den Schultern.
»Genau das. Es war nur die Vorhut«, erklärte ich ihm. »Der Rest der Legion folgt nach. Rangor hat sie unbehelligt ziehen lassen und verkauft ihr für Gold sogar Nahrung«, sagte ich wie beiläufig.
»Seid Ihr Euch dessen sicher?«, fragte er scharf.
»Wir haben erst vor wenigen Kerzenlängen die Bestätigung erhalten.«
Tamin ging ruhelos auf und ab, dann blieb er stehen und bedachte mich mit einem harten Blick.
»Diese Legion, sie marschiert durch Rangor?«
»Ja.«
»Götter!«, fluchte er. »Kesler hat entweder nicht die Eier oder kriegt den Arsch nicht hoch, um etwas gegen sie zu tun! Kesler. Der König von Rangor«, erklärte er. »Kesler der Zweite. Der Erste war schon ein Nichtsnutz, und sein Sohn denkt, er ist so fein, dass er goldene Münzen scheißt!«
Langsam verstand ich, warum man in Aldane bei solchen Besprechungen die Seras außen vorließ. Wenn ich bedachte, dass Tamin selbst im Ruf stand, nur ein Leichtgewicht zu sein, der mehr den Schürzen der Frauen hinterherjagte, als Sinnvolles zu tun, war diese Flucherei verwunderlich. Auf der anderen Seite hatte er die Wyvern sauber aufgespießt und seinen Mut im Kampf gezeigt. Vielleicht war an diesem Mann doch mehr dran.
»Sie werden uns belagern«, stellte er fest und strich sich grübelnd über den sauber gestutzten Bart. »Wann werden sie da sein?«
Wenn es nach mir ging, dann würden sie die Mauern Aldars gar nicht erst errreichen. Geschweige denn belagern können.
»Drei Tage noch, vielleicht auch vier, dann werden sie vor Euren Mauern stehen.«
»Götter!«, rief er. »Genau dann, wenn ich mir in diesem Kronrat den Arsch plattsitzen soll!« Er fuhr zu di Cortia herum. »Wie viele Gardereiter können wir noch aufbringen?«
»Dreihundertunddrei. Wenn wir jeden, der noch atmet, an den Sattel binden. Wir sollten aber nicht weniger als zweihundert in der Stadt belassen, denn noch sind die Unruhen nicht vorbei«, sagte der Baron.
»Was ist mit der Miliz?«, fragte Tamin.
»Bis übermorgen werden wir viertausend auf den Wällen haben«, gab di Cortia Antwort. »Noch dreitausend mehr am vierten Tag.« Er hob die Schultern und ließ sie fallen. »An Freiwilligen wird es uns nicht mangeln, nur, dass die meisten noch immer herumlaufen, als ob sie im Stehen
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