Der Kronrat (German Edition)
großem Maße: die Fähigkeit zu überzeugen und zu täuschen. Doch auf Dauer half ihm das nicht. Balthasar und Feltor fanden heraus, dass er sich an einer anderen jungen Eule vergriffen hatte und ihr mit Magie den Willen nahm, um sich an ihr zu vergehen. Er hatte das Glück, dass die Schülerin zu gutherzig war, um ihn anzuklagen. Das hätte ihn den Kopf gekostet, so aber bestraften wir ihn anderweitig und ließen ihn dann gehen. Erinstor war niemals eine Eule, noch hätte er genügend an Macht und Wissen lernen oder rauben können, um so etwas zu vollbringen, wie Ihr es ihm zuschreibt.« Aselas Worte fielen wie eisige Scherben in die Stille, während wir sie fassungslos anstarrten.
»Wie … wie könnt Ihr das behaupten?«, begehrte Bruder Jon auf. »Ihr seht doch selbst, dass der Unheilige nicht mehr ist! Wie könnt Ihr es wagen, dieses heilige Opfer so in den Schmutz zu ziehen?«
»Ich weiß es, weil ich dabei war«, sagte Asela zähneknirschend und ballte ihre Fäuste. »Erinstor verging sich an der, die hier vor Euch steht! Niemand hat davon gewusst, dass er zu Eurem Tempel ging und dieses Schwert einforderte. Und ich schwöre Euch, dass Balthasar jetzt erneut den Moment verflucht, als sie ihn erweichte, ihren Schänder leben zu lassen. Sie war zu gutmütig, und das war schon immer ihr einziger Fehler gewesen.«
»Aber … der Mann hat vollbracht, was er versprach!«, widersprach der Hohepriester.
»Das konnte er gar nicht«, sagte Asela hart. »Auch wenn der Kerl durch Aselas Fürsprache mit dem Kopf auf den Schultern die Zitadelle verließ, er tat es ohne jede Macht, denn Balthasar bat Askannon, dafür zu sorgen, dass Erinstor niemals wieder mit Magie den Willen junger Frauen brechen konnte, und der Ewige Herrscher selbst nahm dem Schänder mit goldenen Nadeln und seiner eigenen Macht das Talent zur Magie. Als Erinstor von Wachen aus der Zitadelle geführt wurde, schwor er Rache, aber Balthasar lachte ihn aus und teilte ihm mit, dass der Natter nun die Zähne gezogen seien und er sich niemals mehr mit Magie an Frauen vergehen würde. Doch Erinstor antwortete, dass die Rache ihm gehören und er alles zerstören würde, was wir ihm vorenthalten hätten. Danach hat zumindest Balthasar ihn nie wiedergesehen.«
»Wenn das wahr ist«, sagte der Hohepriester zweifelnd, »wie kann es dann sein, dass er das hier vollbracht hat?«
»Die Antwort ist«, meinte Asela mit einer Stimme so hart wie berstendes Glas, »dass er es nicht konnte und auch nicht tat. Hier habt Ihr die Zeugen seiner Tat, nicht nur Zeugen, sondern auch Opfer … Könnten sie reden, würden sie uns berichten, was hier geschah, doch sie schweigen still. Ihr Opfer ist nicht geringer durch das, was ich Euch zeigen werde, aber es macht die Schandtat noch um vieles größer!«
»Ich verstehe noch immer nicht«, meinte der Hohepriester mit brüchiger Stimme. »Was wollt Ihr uns zeigen?«
Mit einem großen Schritt trat Asela an den Block aus schwarzem Stein heran, und noch während der Priester sie zu hindern suchte, zog sie mit einem Ruck Furchtbann aus dem Gestein.
»Ihr dürft dies nicht tun!«, rief der Priester, und Mircha trat entschlossen an die alte Eule heran, bereit, unbewaffnet alles zu wagen, um diesen Frevel ungeschehen zu machen, doch Asela hielt das Schwert dem Hohepriester bereits hin.
»Was ich Euch zeige, und was Ihr selbst leicht erkennen könnt, ist, dass dieses Schwert keine Magie oder göttliche Macht in sich trägt! Es mag Soltars Zeichen tragen, doch Furchtbann ist es nicht! Es ist nicht mehr als ein Stück Stahl, unbeseelt und ohne Hoffnung. Ihr braucht mir nicht zu glauben … seht selbst!« Und mit diesen Worten drückte sie Bruder Jon das Schwert in die alten Hände, die es nun zitternd hielten. Er sah Asela mit Grauen in den Augen an, öffnete den Mund, während sich seine Augen weiteten und er vor uns zusammenbrach … klingend fiel das alte Schwert aus seinen Händen und blieb vor mir liegen. Mircha und Gerlan eilten heran, um sich um den alten Mann zu kümmern und sahen vorwurfsvoll zu Asela auf.
»Macht nicht mir den Vorwurf«, sagte sie leise, »sondern seht ihn als ein letztes Opfer dieser Tat.«
»Sie hat recht«, flüsterte der alte Mann. »Und nein, der Gott ruft mich noch nicht … der Schreck war nur zu groß für meine alten Knochen.«
»Sollen wir Euch aufhelfen, Bruder Jon?«, fragte Mircha leise, doch der alte Priester schüttelte den Kopf.
»Bringt mir das Schwert«, bat er so leise, dass man ihn
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