Der Kronrat (German Edition)
Toten, die Spitze tief in den Basalt versenkt.
Im Kreis um diesen Block des Schreckens herum knieten dreizehn Gestalten, zum Teil in Rüstungen oder in goldene Roben gewandet, jede auf ein Schwert, eine Axt, eine Lanze oder einen Stab gestützt. Ich erkannte den Prunkharnisch eines Elfenkriegers, die schwere Rüstung eines Bullen, ein feines Kettenhemd mit einem in die Ringe gearbeiteten Greifen, wie es auch Leandra trug, und daneben einen kleinen Mann mit breiten Schultern und grobem schwarzen Kettenhemd, der seine verdorrten Hände auf einen gewaltigen Kriegshammer stützte.
»So mächtig war dieser Nekromant«, flüsterte der Priester, »dass es der ewigen Wache von Priestern aller Rassen und Länder bedurfte, um ihn zu binden.«
Schweigend traten wir näher und suchten uns sorgsam eine Lücke zwischen den Wächtern, deren leere Augenhöhlen noch immer entschlossen ihren Feind zu betrachten schienen. »Es heißt, er hätte sich so viele Leben und Seelen genommen, dass er nicht sterben konnte. Er opferte die Leben, die er enthielt, im Takt seines verdorbenen Herzens, und noch während er von diesen Lanzen durchstoßen wurde, erneuerte er sich immer wieder. Wenn man ohne einen starken Glauben diesen Raum betrat, wurde man von einem heulenden Wahnsinn erfüllt, der einen morden ließ oder einen dazu brachte, sich das eigene Fleisch von den Knochen zu reißen.«
Mit zitternder, von Altersflecken gezeichneter Hand wies Bruder Jon auf die stummen Wächter. »Das war ein Dienst, den niemand lange überleben konnte. Für eine lange Zeit wurden diese Wachen fast täglich gewechselt …«
»Ihr meint, sie starben hier jeden Tag?«, fragte ich entsetzt.
»Nein«, antwortete er leise. »Nachdem der Nekromant gebunden war, gab es hier zuerst lebende Wachen. Ein schwerer Dienst gewiss, aber keiner, der dieses Opfer forderte. Die hier sind später gestorben, als sie den Unheiligen endgültig vernichtet haben. Sie gaben ihre Kraft, ihren Glauben und ihr Leben, um diesen letzten Dienst zu verrichten.«
»Und wie?«, fragte Bruder Gerlon mit rauer Stimme. »Wie gelang es, dem Verfluchten ein Ende zu bereiten?«
»Genau so, wie du es dir gedacht hast«, sagte Bruder Jon leise. »Askannon bannte diesen Nekromanten, doch er konnte ihn nicht besiegen, nicht solange der Verfluchte über die Macht der Seelen verfügte, die er geraubt hatte. Der Unheilige konnte nur gebunden werden …« Der Priester wandte sich uns zu und musterte uns lange, bevor er bedächtig weitersprach. »Manchmal kam es vor, dass die Götter für eine besondere Tat eine Waffe segneten, die durch diesen Segen und den Glauben, den Mut und ungeheure Taten eine ganz besondere Kraft erhielt. Wie das Schwert, das Ihr an Eurer Seite tragt, Ser Roderic. Man sagt, dass es zuerst von Elfenhand geschmiedet und gegen den Gott der Finsternis ins Feld geführt wurde. Eure Klinge trägt einen Namen, Ar’in’faead, der Hüter des Lichts, oder auch der Schatten in der Dunkelheit.« Er sah mir direkt in die Augen. »Wir haben einen anderen Namen für den Hüter des Lichts und der Schatten: Der Seelentrenner. Er ist die heiligste Waffe unseres Glaubens, und es heißt, Soltar selbst habe dieses Schwert im Kampf gegen Omagor geführt.«
Ich stand dort wie vom Donner gerührt und wusste nicht, was ich sagen sollte. Es lag so nahe … Seelenreißer … Wie konnte ich denken, dass mein Schwert über Leben und Tod gebot, anderen das Leben entriss, die Seelen befreite und mir das verlorene Leben gab, ohne dass es der Wunsch und Willen des Gottes gewesen wäre? Aber der Priester sprach schon weiter.
»So wie wir Seelenreißer für heilig hielten, verehrten auch die anderen Tempel und Religionen Waffen, die von ihren Göttern und von Glauben erfüllt waren. Als der Ewige Herrscher verstand, welche Gefahr von den Verfluchten ausging, suchte er nach einer Waffe, um ihnen das zu nehmen, was sie so mächtig werden ließ: die Seelen, die sie raubten. In Demut und als Bittsteller kam er zu unseren Tempeln und fragte nach heiligen Waffen, die mit dem Willen der Götter erfüllt wären, Götter, gegen deren Gesetze die Verfluchten verstießen, weil sie ihnen die Seelen vorenthielten, die ihnen zustanden.« Er schwieg einen Moment und sammelte sich. Ich stand nur da, spürte Seelenreißer in meiner Hand und starrte auf die verkohlten Überreste dieses Nekromanten – und war froh, dass kein Leben, keine Seele mehr in diesem Gerippe steckte.
»Diese Tempelwaffen waren mit dem Glauben und
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