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Der krumme Hund

Der krumme Hund

Titel: Der krumme Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roald Dahl
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sagen, wer diese unsympathischen Leute sind, die Maden kaufen?»
    «Maden werden von Anglern gekauft, Herr Hoddy. Von den Sonntagsanglern. Es gibt im ganzen Land Tausende und Abertausende von Leuten, die jedes Wochenende angeln gehen, und alle brauchen sie Maden. Und sie lassen es sich etwas kosten. Gehen Sie an einem Sonntag irgendwo den Fluß entlang, oberhalb Marlow, und Sie werden sie reihenweise am Ufer sitzen sehen. Einer neben dem ändern sitzen sie da, an beiden Ufern.»
    «Diese Leute kaufen keine Maden. Sie gehen in den Garten und graben Würmer aus.»
    «Da irren Sie sich, Herr Hoddy. Nehmen Sie's mir nicht übel, aber da irren Sie sich gründlich. Maden brauchen sie, nicht Würmer.»
    «Auch ihre Maden können sie sich selber beschaffen.»
    «Wollen sie aber nicht. Stellen Sie sich doch vor, Herr Hoddy, es ist Samstagnachmittag, und Sie wollen angeln gehen, und die Post bringt Ihnen eine feine, saubere Dose Maden, die Sie bloß in die Tasche zu stecken brauchen, und es kann losgehen. Sie glauben doch nicht, daß einer nach Würmern gräbt und Maden zusammensucht, wenn er sie für einen Shilling oder zwei ins Haus geliefert bekommt, wie?»
    «Darf ich mich erkundigen, wie Sie diese Madenfabrikation aufzuziehen gedenken?» Wenn er das Wort ‹Maden› aussprach, war es, als spuckte er etwas Saures aus.
    «Nichts leichter, als eine Madenfabrikation aufzuziehen.» Claud wurde allmählich wieder selbstsicher und kam ins Reden. «Man braucht lediglich ein paar alte Ölfässer und einige Klumpen verdorbenes Fleisch oder einen Schafskopf; die tut man in das Ölfaß, und das ist alles, was man zu tun hat. Das übrige besorgen die Fliegen.»
    Hätte er auf Hoddys Miene geachtet, wäre ihm wahrscheinlich das Reden vergangen.
    «So leicht, wie es sich anhört, ist es natürlich auch wieder nicht. Man muß die Maden mit einer besonderen Kost mästen. Kleie und Milch. Und wenn sie dann groß und dick werden, verpackt man sie in Dosen und verschickt sie an die Kunden. Fünf Shilling die Dose bringen sie ein. Fünf Shilling die Dose!» rief er und schlug sich aufs Knie. «Stellen Sie sich das vor, Herr Hoddy. Dabei heißt es, eine einzige Schmeißfliege lege ohne weiteres genug für zwanzig Dosen!»

    Wieder hielt er inne, aber nur, um seine Gedanken zu sammeln, denn jetzt gab es kein Halten mehr.
    «Und dann noch etwas, Herr Hoddy. Eine gute Madenfabrik züchtet nicht nur gewöhnliche Maden. Jeder Angler hat da seinen eigenen Geschmack. Maden werden am meisten verlangt, aber es gibt auch noch den Sandwurm. Manche Fischer wollen überhaupt nur Sandwürmer. Und dann gibt es natürlich gefärbte Maden. Gewöhnlich sind Maden weiß, aber sie lassen sich in allen möglichen Farben züchten, je nachdem, was man ihnen verfüttert. Rote und grüne und schwarze, ja, man kann sie sogar blau haben, wenn man weiß, wie man sie behandeln muß. Das ist allerdings das Schwierigste, Herr Hoddy, eine blaue Made.»
    Claud hatte sich außer Atem geredet. Er sah jetzt ein Traumbild vor sich, wie immer in solchen Fällen, das Bild eines riesigen Fabrikgebäudes mit hohen Schornsteinen und Hunderten von Arbeitern, die vergnügt durch die breiten, schmiedeeisernen Tore hineinströmten, während er selber in seinem üppig ausgestatteten Büro saß und den Betrieb mit Gelassenheit leitete.
    «Es gibt kluge Köpfe, die sich gegenwärtig mit diesen Dingen beschäftigen», fuhr er fort. «Es gilt also rasch handeln, wenn man nicht das Nachsehen haben will. Das ist das Geheimnis des Erfolgs, Herr Hoddy, rasch handeln, ehe einem jemand zuvorkommt.»
    Clarice, Ada und ihr Vater saßen völlig reglos da und schauten vor sich hin. Niemand rührte sich oder sprach auch nur ein Wort. Claud dagegen war noch nicht zu Ende.
    «Wichtig ist, daß die Maden noch leben, wenn man sie verschickt. Sie müssen sich winden. Maden nützen nichts, wenn sie sich nicht winden. Und wenn wir dann groß herauskommen, wenn wir etwas Kapital beisammen haben, dann erstellen wir Treibhäuser.»
    Er legte eine Pause ein und fuhr sich übers Kinn. «Sie wundern sich wohl alle, wozu man in einer Madenfabrik Treibhäuser braucht. Nun, ich will es Ihnen sagen. Die sind für die Fliegen im Winter. Für die Fliegen muß im Winter gesorgt werden, das ist wesentlich.»
    «Danke, ich glaube, das genügt, Cubbage», sagte Hoddy plötzlich.
    Claud schaute auf, und zum erstenmal bemerkte er, was für ein Gesicht Hoddy machte. Es verschlug ihm die Sprache.
    «Ich will nichts weiter davon

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