Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der krumme Hund

Der krumme Hund

Titel: Der krumme Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roald Dahl
Vom Netzwerk:
gefahren und ihn bei Feasey angemeldet und hatten dann in der Kälte und im Regen am Rande der Menge gewartet, bis sein Name mit Kreide an die Startertafel geschrieben wurde, ‹Schwarzer Panther› nannten wir ihn. Und wenn er an die Reihe kam, führte ihn Claud jeweils zum Start, und ich stand am Ziel, um ihn in Empfang zu nehmen und vor den Raufbolden zu schützen, den Hunden, die die Zigeuner oft eigens dazu einschmuggelten, damit sie am Schluß eines Rennens einen ändern in Stücke rissen.
    In gewissem Sinne war es allerdings betrüblich, diesen Hund so oft dorthin zu bringen und ihn rennen zu lassen, in der Hoffnung, er werde unter allen Umständen als letzter kommen. In Wirklichkeit hatten wir natürlich gar nichts zu befürchten; das gute Tier konnte einfach nicht schnell laufen, daran gab es nichts zu rütteln. Das einzige Mal, wo er nicht als letzter kam, war damals, als ein großer, rehbrauner Hund namens Amber Flash mit dem Fuß in ein Loch geriet und sich ein Gelenk brach, so daß er auf drei Beinen durchs Ziel ging. Doch selbst so schlug ihn der unsere nur knapp. Auf diese Art brachten wir es fertig, daß er mit der Zeit ganz unten durch war, und das letzte Mal, als wir hingingen, bewerteten ihn alle Buchmacher mit zwanzig oder dreißig zu eins und riefen seinen Namen aus und redeten den Leuten zu, auf ihn zu setzen.
    Jetzt endlich, an diesem sonnigen Apriltag, war Jackie an der Reihe. Claud meinte, wir dürften den andern nicht mehr einsetzen; Feasey könnte am Ende seiner überdrüssig werden und ihn gar nicht mehr annehmen, weil er so langsam war. Er hielt dafür, jetzt sei der Augenblick gekommen, das Ding zu drehen; Jackie werde mit mindestens dreißig bis fünfzig Längen Vorsprung siegen.
    Er hatte Jackie von jungem Alter an aufgezogen; auch jetzt war er erst fünfzehn Monate alt, aber er lief gut und schnell. An einem Rennen hatte er zwar noch nie teilgenommen, aber wir wußten, daß er schnell war, weil Claud seine Leistung auf der Rennbahn einer kleinen privaten Dressuranstalt in Uxbridge mit der Stoppuhr gemessen hatte, wohin er ihn jeden Sonntag brachte, seit er sieben Monate alt war, außer einmal, als er gerade geimpft worden war. Claud meinte, er sei wahrscheinlich nicht schnell genug, um sich bei Feasey mit den besten Hunden zu messen, aber so, wie er jetzt eingestuft sei, in der untersten Klasse bei den Außenseitern, werde er das Rennen ohne weiteres mit zwanzig oder jedenfalls mit zehn oder fünfzehn Längen Vorsprung machen.

    An diesem Vormittag brauchte ich also nur noch auf die Bank im Ort zu gehen und fünfzig Pfund für mich abzuheben und fünfzig für Claud, als Vorschuß auf seinen Lohn, und dann um zwölf den Laden zuzumachen und das Täfelchen HEUTE GESCHLOSSEN an eine der Tanksäulen zu hängen. War dann der Doppelgänger im Gehege eingesperrt und Jackie im Lieferwagen untergebracht, dann konnte es losgehen. Ich will nicht behaupten, daß ich so aufgeregt gewesen wäre wie Claud, aber schließlich hing für mich auch nicht so viel davon ab wie für ihn, der ein Haus kaufen und heiraten wollte. Auch war ich nicht gewissermaßen in einem Hundezwinger mit Windhunden aufgewachsen wie er, der tagaus, tagein an nichts anderes dachte, höchstens vielleicht abends an Clarice. Ich hatte als Besitzer einer Tankstelle gerade genug zu tun, vom Handel mit Okkasionswagen ganz zu schweigen, aber wenn Claud sich mit Hunden abgeben wollte, war mir das lange recht, namentlich ein Ding wie das heute - falls es klappte. Ich muß allerdings gestehen, wenn ich an das Geld dachte, das wir aufs Spiel setzten, und an den Betrag, der möglicherweise dabei herausschaute, dann hatte ich jedesmal so ein gewisses Gefühl in der Magengrube.
    Die Hunde waren jetzt mit ihrem Fressen fertig, und Claud ging mit ihnen hinaus zu einem kurzen Lauf über die benachbarte Wiese, während ich mich anzog und die Spiegeleier zubereitete.
    Nachher begab ich mich auf die Bank und hob das Geld ab, alles in Pfundnoten, und der Rest des Vormittags schien mit der Bedienung von Kunden sehr rasch zu vergehen.
    Punkt zwölf sperrte ich zu und hängte das Täfelchen an die Tanksäule. Claud kam mit Jackie ums Haus herum, ein rotbraunes Pappköfferchen in der Hand.
    «Ein Koffer?»
    «Für das Geld», erklärte Claud. «Du hast selber gesagt, zweitausend Pfund kann man nicht in den Taschen verstauen.»
    Es war ein schöner Frühlingstag, überall den Hecken entlang platzten die Knospen, und die Sonne schien durch das neue

Weitere Kostenlose Bücher