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Der krumme Hund

Der krumme Hund

Titel: Der krumme Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roald Dahl
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hören», sagte Hoddy.
    «Ich möchte ja bloß Ihrer Tochter alles verschaffen können, was sie sich wünschen kann», rief Claud. «Das ist es, was mich Tag und Nacht beschäftigt, Herr Hoddy.»
    «Dann kann ich nur hoffen, daß Sie es ohne Mithilfe von Maden fertigbringen.»
    «Vater!» rief Clarice. «So darfst du mit Claud nicht reden.»
    «Ich rede mit ihm, wie es mir paßt, merk dir das.»
    «Es ist wohl Zeit, daß ich aufbreche», erklärte Claud. «Gute Nacht.»

DAS HUNDERENNEN
    Beide waren wir früh auf, als der große Tag kam.
    Ich begab mich gemächlich in die Küche, um mich zu rasieren, doch Claud zog sich sogleich an und ging hinaus, um das mit dem Stroh zu erledigen. Die Küche befand sich vorne im Haus, und so konnte ich durchs Fenster die Sonne über die Baumwipfel auf der andern Seite des Tales heraufkommen sehen.
    Jedesmal, wenn Claud mit einem Armvoll Stroh am Fenster vorbeikam, gewahrte ich über den Rand des Spiegels hinweg, wie atemlos gespannt sein Gesichtsausdruck war und wie er den großen runden Kopf mit der bis hinauf zum Haaransatz gerunzelten Stirn nach vorne reckte. Erst einmal hatte ich ihn so gesehen, und das war an dem Abend, als er Clarice seinen Heiratsantrag machte. Heute war er so aufgeregt, daß er sogar einen komischen Gang hatte; er ging auf luftigen Sohlen, als sei der Betonboden um die Tankstelle etwas zu heiß für ihn. Immer mehr Stroh schaffte er hinten in den Lieferwagen hinein, um es für Jackie bequem zu machen.
    Dann kam er in die Küche, um das Frühstück zu bereiten, und ich schaute ihm zu, wie er den Topf Suppe auf den Herd stellte und anfing umzurühren. Er hatte einen langen Kochlöffel und rührte immer weiter, während es im Topf zu brodeln begann, und jede halbe Minute beugte er sich einmal darüber und steckte die Nase in den süßlichen Dampf des kochenden Pferdefleisches. Dann machte er sich daran, die Zugaben hineinzutun - drei geschälte Zwiebeln, ein paar junge Steckrüben, eine Tasse voll Brennesselköpfe, einen Kaffeelöffel Valentins Fleischextrakt, zwölf Tropfen Lebertran - und alles, was durch seine klobigen Hände ging, faßte er höchst behutsam an, als sei es etwas Zerbrechliches. Dann holte er ein wenig gehacktes Pferdefleisch aus dem Kühlschrank, tat eine Handvoll davon in Jackies Schüssel, drei in die andere, und als die Suppe fertig war, verteilte er sie auf die beiden Schüsseln, indem er sie über das Fleisch goß.

    Seit fünf Monaten fand diese Zeremonie jeden Morgen statt, aber noch nie hatte ich ihn dabei so innig vertieft gesehen. Er sagte kein Wort, sah sich nicht einmal nach mir um, und als er sich abwandte und wieder hinausging, um die Hunde hereinzuholen, schienen sogar Genick und Schulter zu raunen: ‹O Gott, laß heute nichts schiefgehen, und vor allem - laß mich heute nichts falsch machen.›
    Ich hörte ihn draußen im Gehege leise mit den Hunden sprechen, während er sie an die Leine nahm, und als er sie in die Küche brachte, kamen sie leichtbeschwingt herein und zerrten an der Leine, um zu ihrer Schüssel zu gelangen, wobei sie abwechselnd eine Vorderpfote hoben und mit dem mächtigen Schwanz hin und her schlugen.
    Endlich tat Claud den Mund auf. «Also», sagte er, «welcher ist's?»
    Meistens war er am Morgen bereit, ein Päckchen Zigaretten zu wetten, doch heute ging es um mehr; ich wußte, jetzt war es ihm lediglich um eine nochmalige Bestätigung zu tun.
    Er sah mir zu, während ich einmal um die beiden schönen, großen, genau gleich schwarzen Windhunde herumging; damit ich sie besser sehen konnte, trat er zur Seite und hielt die Leine auf Armeslänge von sich weg.

    Ich versuchte es mit dem alten Trick, der noch nie verfangen hatte. «Jackie!» rief ich. «Hei, Jackie!» Zwei genau gleiche Köpfe mit genau dem gleichen Ausdruck wandten sich nach mir um, vier glänzende, genau gleich braune Augen schauten mich an. Es hatte eine Zeit gegeben, wo ich mir eingebildet hatte, die Augen des einen seien etwas dunkler als die des ändern. Auch hatte es eine Zeit gegeben, wo ich glaubte, Jackie sei an einem größeren Brustkasten zu erkennen und an einer Spur mehr Muskeln am Hinterteil. Aber dem war nicht so.
    «Sag schon», drängte Claud. Er hoffte, ich würde gerade heute danebenraten.
    «Dieser», sagte ich. «Dies hier ist Jackie.»
    «Welcher?»
    «Dieser hier links.»
    «Na also», rief er und strahlte über das ganze Gesicht. «Wieder falsch geraten!»
    «Ich glaube nicht.»
    «Grundfalsch. Und jetzt paß auf,

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