Der krumme Hund
hat. Doch›, dachte Claud bei sich, ‹das Gesicht möchte ich gerne sehen, das der alte Korinthenkacker macht, falls ich ihm das rundheraus sage.›
Alle saßen mit einer Tasse Tee in der Hand da und schauten ihn erwartungsvoll an. Er mußte etwas sagen, und zwar etwas Gutes. «Nun», fing er in gedehntem Ton an, weil er immer noch angestrengt nachdachte, «ich trage mich schon lange mit dem Gedanken an etwas, womit sich noch mehr verdienen läßt als mit Gordons Okkasionswagen oder mit sonstwas, und Kapital braucht es so gut wie gar keins dazu.» Das war schon besser, sagte sich Claud, nur weiter so.
«Und was wäre das?»
«Etwas so Ausgefallenes, Herr Hoddy, daß unter Tausenden es kaum einer auch nur glauben würde.»
«Also, was denn?» Behutsam stellte Hoddy seine Tasse auf das Tischchen neben ihm und beugte sich zu Claud hinüber. Und Claud wußte deutlicher als je, daß dieser Mensch und alle seinesgleichen ihm feind waren. Es lag an den Hoddys dieser Welt. Sie waren alle gleich. Er kannte sie, mit ihren sauberen, aber häßlichen Händen, ihrer fahlen Gesichtsfarbe, ihrem mickrigen Mund, ihrem Hang zum Schmerbauch; und dabei immer diese gerümpfte Nase, das schwächliche Kinn, der mißtrauische Blick. Die Hoddys. Du lieber Himmel.
«Also, was denn?»
«Es ist eine absolute Goldgrube, Herr Hoddy, glauben Sie mir.»
«Glauben werde ich es, wenn ich es gehört habe.»
«Es ist etwas so Einfaches und Erstaunliches, daß die meisten es für nicht der Mühe wert halten würden.» Jetzt hatte er's - etwas, woran er tatsächlich schon lange allen Ernstes dachte. Er stellte seine Teetasse sorgfältig neben die seines Gegenübers, und da er nun nicht mehr wußte, was mit seinen Händen anfangen, legte er sie flach auf die Knie.
«Also, heraus damit, was ist es denn?»
«Es handelt sich um Maden», erwiderte Claud leise.
Hoddy fuhr zurück, als hätte ihm jemand Wasser ins Gesicht gespritzt. «Maden!» sagte er entgeistert. «Maden! Was in aller Welt soll denn das heißen, Maden?» Claud hatte vergessen, daß schon das Wort ‹Maden› in einem anständigen Lebensmittelgeschäft verpönt ist. Ada kam ein Kichern an, aber Clarice warf ihr einen so bösen Blick zu, daß es nicht weit gedieh.
«Damit läßt sich Geld scheffeln, mit einer Madenfabrik.»
«Soll das ein Witz sein?»
«Es klingt vielleicht etwas seltsam, Herr Hoddy, aber nur, weil Sie noch nie davon gehört haben; in Wirklichkeit ist es eine kleine Goldgrube.»
«Eine Madenfabrik ! Also hören Sie, Cubbage! Das gibt's doch nicht.»
Clarice hatte es nicht gern, wenn ihr Vater ihn Cubbage nannte.
«Haben Sie denn noch nie von einer Madenfabrik gehört, Herr Hoddy?»
«Sicher nicht.»
«Es gibt sie aber, richtige große Betriebe mit Direktoren und Vizedirektoren und allem, was dazu gehört.
Ich kann Ihnen sagen, Herr Hoddy, da werden Millionen verdient.»
«Ach was.»
«Und wissen Sie, wieso?» Claud hielt inne, aber es fiel ihm nicht auf, daß sich das Gesicht seines Zuhörers allmählich verfärbte. «Wegen der gewaltigen Nachfrage nach Maden, Herr Hoddy.»
Hoddy hörte unterdessen noch andere Stimmen, die Stimmen seiner Kundinnen am Ladentisch - die von Frau Rabbits zum Beispiel, wenn er ihr die Butterration zuteilte, Frau Rabbits mit der behaarten Oberlippe, die immer so laut redete und sagte, ‹na, so was›; er hörte sie förmlich, wie sie jetzt sagte, ‹na so was, Herr Hoddy, Ihre Clarice hat scheint's letzte Woche geheiratet, wie? Das hört man gern, und was, sagten Sie, ist ihr Mann von Beruf ?›
‹Er betreibt eine Madenfabrik, Frau Rabbits.›
‹Nein danke›, sagte er sich und bedachte Claud mit einem feindseligen Blick. ‹Nein, danke recht sehr. Das brauchen wir nicht.›
«Ich kann nicht behaupten», sagte er schnippisch, «daß ich je Veranlassung gehabt hätte, eine Made zu kaufen.»
«Was das anbetrifft, Herr Hoddy, ich auch nicht. Und noch viele andere auch nicht. Aber ich möchte Sie da etwas fragen, wenn ich darf. Wie oft hatten Sie schon Veranlassung, zum Beispiel... ein Zahnrad zu kaufen?»
Das war eine geschickte Frage, und Claud gestattete sich ein leises Lächeln.
«Was hat denn das mit Maden zu tun?»
«Nur soviel, daß der eine das, der andere etwas anderes kauft. Sie haben noch nie ein Zahnrad gekauft, aber das heißt nicht, daß es nicht Leute gibt, die reich werden, indem sie Zahnräder herstellen. Es gibt sie nämlich. Und mit den Maden verhält es sich ebenso.»
«Würden Sie mir bitte
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