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Der Kruzifix-Killer

Der Kruzifix-Killer

Titel: Der Kruzifix-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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Meile von Rusty’s Surf Ranch entfernt warf ein gut gekleideter Mann im Eingang des Belvedere Restaurants einen prüfenden Blick auf sein Spiegelbild. Er trug einen maßgeschneiderten italienischen Anzug, frisch polierte Schuhe und eine blonde Perücke, die ihm perfekt stand. Seine Kontaktlinsen verliehen seinen Augen einen ungewöhnlichen grünen Schimmer.
    Von dort, wo er stand, konnte er sie sehen: Sie saß mit einem Glas Rotwein vor sich an der Bar. Sie sah wunderschön aus in ihrem kleinen Schwarzen.
    Ob sie nervös war oder aufgeregt? Er konnte es von weitem nicht sagen.
    All die Male im Supermarkt, die ganzen letzten Monate lang, hatte er sie zielstrebig bearbeitet, sie mit einer Lüge nach der anderen gefüttert, sich ihr Vertrauen erarbeitet. Heute Abend würden sich seine Lügen auszahlen. Das taten sie immer.
    »Guten Abend, Sir. Sind Sie mit jemandem verabredet, oder möchten Sie heute Abend alleine bei uns speisen?«
    Wortlos starrte er den Empfangschef des Restaurants an.
    »Sir?«
    Er blickte erneut zu ihr hin. Sie würde perfekt sein.
    »Sir?«
    »Ja, ich bin verabredet. Die Dame dort an der Bar«, antwortete er endlich mit einem freundlichen Lächeln.
    »Sehr wohl, Sir. Wenn Sie mir bitte folgen wollen?«

45
     
    F reitagabends war im Vanguard Club immer viel los, doch an diesem Abend ging es noch turbulenter zu als sonst. An diesem Abend gastierte im Vanguard der berühmte holländische DJ Tiësto mit seinem einzigen Auftritt in Los Angeles.
    Der Club war bis zum letzten Platz gefüllt. Die Hauptshow sollte um Mitternacht beginnen, doch schon jetzt war die Stimmung bombastisch.
    Dieser Abend war perfekt für das, was er vorhatte. Je mehr Leute um ihn herum waren, umso weniger würde jemand Notiz von ihm nehmen.
    Seit sechs Tagen hatte er sich einen Bart wachsen lassen, gerade genug, um verändert auszusehen. Vervollständigt wurde seine Verkleidung durch eine trendige Baseballkappe, eine professionelle, schwarze Perücke und ein farbiges Designerhemd. Dieses eher jugendliche Styling war weit entfernt von seinem üblichen Business-Outfit aus italienischem Designeranzug und ledernem Aktenkoffer. Doch heute Abend war er nicht als Geschäftsmann hier.
    Heute Abend hatte er nur eines im Sinn, nämlich etwas abzuliefern. Er besaß es seit sechs Tagen, und genauso lange überlegte er schon, was er damit anfangen sollte. Geschäftsleute stehen nicht unbedingt in dem Ruf, es mit der Ehrlichkeit allzu genau zu nehmen, und er selbst war weiß Gott noch nie der ehrlichste Geschäftsmann gewesen, aber manche Dinge waren einfach inakzeptabel, selbst für ihn. Er musste irgendetwas tun.
    Er stand in der Ecke des Clubs, die genau entgegengesetzt zur V.I.P.-Lounge lag, und beobachtete die pulsierende Menge. Seine Augen surften über die Tanzfläche, hielten Ausschau nach Leuten, die ihn eventuell erkennen könnten – doch bis jetzt war ihm niemand aufgefallen. Er schob die Hand in die Hosentasche und berührte den Gegenstand darin. Ein eisiges Frösteln lief ihm sofort vom unteren Ansatz der Wirbelsäule bis in den Nacken hinauf. Rasch zog er die Hand wieder aus der Tasche.
    »Hey, Mann, brauchst du irgendwas?«
    Ein junger, dunkelhaariger Typ, kaum älter als dreiundzwanzig, stand plötzlich vor ihm. Er kniff die Augen zusammen, als könnte er so besser sehen. »Bitte?«
    »Du weißt schon, Mann … das is’n Rave … Brauchst du’n Trip?«
    »O nein, ich hab alles«, erwiderte er, als er endlich kapierte, was der Typ von ihm wollte.
    »Du musst dir jetzt was besorgen, bevor die Show losgeht«, sagte der Junge und nickte mit dem Kopf in Richtung Bühne, wobei seine Haare herumflogen wie in einer Shampoowerbung.
    »Falls du’s dir noch anders überlegst, ich bin hier irgendwo.« Der junge Mann beschrieb mit dem Finger einen kleinen Kreis in der Luft und ging weiter.
    Er trank einen Schluck von seinem Jack Daniels mit Cola und kratzte sich den juckenden Bart.
    Die Musik hörte auf, und die Licht- und Lasershow über der Tanzfläche schaltete auf Overdrive. Weißer Rauch kam von der Decke und hüllte den Saal in farbige Nebelschwaden. Tosender Beifall, Geschrei und Gekreische setzten ein. Man war bereit für den Höhepunkt des Abends.
    Das war der Augenblick, auf den er gewartet hatte. Jetzt waren aller Augen auf die Bühne gerichtet, niemand würde bemerken, wenn jemand ein kleines Päckchen über die Bartheke fallen ließ. Er ließ seinen Drink stehen und drängte sich durch die durstigen Kunden hindurch

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