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Der Kruzifix-Killer

Der Kruzifix-Killer

Titel: Der Kruzifix-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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verständnisloses Gesicht.
    »In traumatischen Situationen, wie sie sie erlebt hat«, erklärte Hunter, »wenn man beispielsweise seine komplette Familie in so kurzer Zeit verliert, kann es vorkommen, dass das Gehirn keinen Unterschied mehr zwischen verschiedenen Altersstufen macht. Es holt einfach die entsprechenden Erinnerungen aus dem Unterbewusstsein nach oben. Die ganze Angst und Wut, die sie als Kind erlebt haben muss, kam dann mit derselben Intensität oder womöglich noch stärker zurück und gaben ihr wieder das Gefühl, ein hilfloses kleines Mädchen zu sein. Dadurch könnte eine Art maßloser Zorn, ein schlummerndes Böses in ihr erwacht sein. Sie beschuldigte alle, die in den Fall ihres Bruders involviert waren, ihr die Familie geraubt zu haben. Vor allem die Geschworenen, Scott und mich. Das konnte sie nicht ungestraft lassen.«
    »Wann wusstest du, dass es Isabella war?«
    »Nachdem ich auf John Spencer gekommen war. Da seine Schwester die einzige noch lebende Verwandte war, brauchte ich nur noch herauszufinden, wer sie war. Eine weitere Recherche ergab, dass sie kurz nach dem Tod ihres Adoptivvaters in eine Anstalt eingeliefert worden war.«
    »In eine Anstalt?«
    »Ja, in San Francisco, wo sie damals lebte. Nachdem ihr Vater gestorben war, ging ihre Wut mit ihr durch, und sie verlor anscheinend die Kontrolle … ist ausgerastet, hat ihre Wohnung demoliert und fast ihren Freund umgebracht, mit dem sie damals zusammenlebte.«
    »Sie wurde also verhaftet«, sagte Garcia. Mehr eine Feststellung als eine Frage.
    »Zunächst ja, aber dann wurde sie in die Psychiatrie eingewiesen, ins Langley Porter Psychiatric Hospital, wo sie ein paar Jahre verbrachte. Ich habe inzwischen das San Francisco Police Department angerufen, und die haben mir das Verhaftungsprotokoll inklusive Foto geschickt. Sie sah damals ganz anders aus. Eine andere Haarfarbe und -länge, ja, sie sah, ehrlich gesagt, älter aus, so als ob das, was sie durchgemacht hatte, ihr alle Lebenskraft geraubt hätte. Doch es bestand kein Zweifel. Ich wusste, wer sie war.« Hunter ging zum Fenster und schaute hinaus. Es war ein herrlicher Tag, keine Wolke am Himmel. »Und dann fiel mir ihre CD-Sammlung wieder ein, und jeglicher Zweifel, den ich noch hatte, war ausgeräumt.«
    »Ihre CD-Sammlung?«
    »An dem Abend, als sie mich zum Essen bei sich einlud, habe ich in ihrer CD-Sammlung gestöbert.«
    Garcia machte ein Gesicht, als wollte er sagen: Was hat das denn geholfen?
    »Die ganze Sammlung bestand aus Jazz-CDs, mit Ausnahme einer Handvoll Rock-Alben, alle signiert, und zwar nicht von den Musikern, sondern vom Produzenten – John Spencer. Was ich damals nicht wusste, war, dass Spencer nie mit ›John Spencer‹ signierte – so war er in der Musikbranche nicht bekannt. Seine Autogramme gab er immer als Specter J. Wohl sein Rock-Pseudonym oder so was – das habe ich dann im Internet herausgefunden. Deshalb ist mir auch nichts aufgefallen, als ich die Autogramme sah. Da stand etwas wie, Von Big B, in Liebe . Ich nahm einfach an, dass das irgend so ein verrückter Künstlername war, wie ihn sich Leute aus der Musikszene geben, Du weißt schon, wie Puffy oder LL Cool J. Specter J und Big B sagten mir einfach nichts.«
    »Big Brother?« , fragte Garcia nach.
    Hunter nickte. »John Spencer war ein Jahr älter als Brenda.«
    »Also hatte sie während der Jahre in der Psychiatrie alle Zeit der Welt, ihren Plan zu schmieden.«
    »Einige Jahre, ja«, bestätigte Hunter.
    »Daher auch die Zeitverschiebung zwischen dem Spencer-Fall und dem ersten Kruzifix-Mord.«
    Noch ein Nicken von Hunter. »Und gestern fand ich auch noch heraus, dass sie beim Militär war.«
    »Beim Militär?«
    »Ja, gewissermaßen. Sie war Chirurgin, anscheinend sehr begabt. Zu Beginn ihrer Berufslaufbahn verbrachte sie zwei Jahre im Ärzteteam der US-Truppen in Bosnien-Herzegowina und kümmerte sich um die Opfer von Landminen.«
    »Das ist nicht dein Ernst!« Garcia zog vor Verblüffung die Brauen hoch – dann dämmerte es ihm. »Der Sprengstoff!«
    »Genau. Dort muss sie ihre Kenntnisse im Umgang mit Sprengstoff herhaben. Grundkenntnisse über Minen, Sprengstoffe, Zündmechanismen, Sprengkraft und Reichweite von Explosionen und solche Sachen gehören zur Ausbildung. Sie muss damals Zugang zu sämtlichen Handbüchern gehabt haben.«
    »Sie musste also nur noch wissen, wo sie suchen und an wen sie sich wenden musste, um das Rohmaterial zu beschaffen.«
    »Genau.«
    Eine kurze Stille

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