Der Kruzifix-Killer
trat ein. »Und dieses Phantombild, das sie uns gegeben hat?« Garcia ahnte die Antwort schon.
»Nur ein Ablenkungsmanöver. Ich hatte an dem Abend gedankenverloren herumgekritzelt und dabei das Doppelkreuz gemalt. Ein unbewusster Reflex, weil ich gedanklich ständig bei dem Fall war. Isab…« Hunter unterbrach sich und setzte noch einmal neu an. »Brenda«, korrigierte er sich, »war sehr clever, sie konnte blitzschnell auf Situationen reagieren und erkannte sofort, dass sich ihr hier eine perfekte Gelegenheit bot, uns auf eine falsche Fährte zu schicken, und so kam sie mit dieser erfundenen Geschichte von dem Typen, der sie in der Bar ansprach. Jemand mit einem tätowierten Doppelkreuz auf dem Handgelenk. Nun brauchte sie uns nur noch eine erfundene Beschreibung zu geben, und schon lief unsere Untersuchung in eine völlig falsche Richtung.«
»Wir haben zwei Wochen damit vergeudet, diesem Phantom hinterherzujagen.«
»Und wir hätten noch mehr Zeit damit verschwendet«, stimmte Hunter zu. »Wir hatten ja keinen Grund, ihr zu misstrauen. Wir dachten, wir hätten eine heiße Spur.«
»Und woher wusstest du, dass sie an diesem Abend kommen würde?«
»Drei Hinweise. Erstens, sie war mit den Geschworenen fertig.«
»Aber es gab nur neun Opfer, und es waren zwölf Geschworene.«
»Die anderen drei waren inzwischen eines natürlichen Todes gestorben, an denen konnte sie sich nicht mehr rächen. Scott, mein Partner, der andere zuständige Detective bei dem Fall, war bereits tot …« Hunter hielt inne, als er daran dachte, was Brenda ihm vor vier Tagen erzählt hatte. Er musste tief Luft holen, bevor er fortfuhr. »Ich war als Einziger noch übrig.«
»Nicht gerade eine beneidenswerte Position«, witzelte Garcia.
Hunter nickte. »Zweitens, es war John Spencers Geburtstag. Der Tag schlechthin für ihre Rache. Das ultimative Geburtstagsgeschenk an ihren Bruder und ihre Familie.«
Eine lange Pause folgte.
»Und drittens?«, fragte Garcia schließlich. »Du hast was von drei Hinweisen gesagt.«
»Dass ich dein Kreuz getragen habe.«
»Wie bitte? Ich kann dir nicht folgen.« Garcia rutschte auf dem Bett herum, um sich anders hinzulegen.
»Die vollkommenste Analogie für jemandes letzten Tag auf Erden.«
Garcia überlegte. »Das Kreuz auf seinem Rücken zu tragen. Jesus’ letzter Tag auf Erden«, führte er Hunters Gedanken laut aus.
Hunter nickte wieder. »Mir war klar, dass mir nur ein paar Stunden blieben, um mir etwas einfallen zu lassen. Ich wusste, dass sie in dieser Nacht kommen würde.«
Hunter drehte sich erneut zum Fenster. Sein Blick schien ins Leere gerichtet zu sein. Vorsichtig berührte er die Schnittwunde in seinem Nacken, die noch nicht ganz verheilt war.
»Wenn du dir sowieso fast sicher warst, dass es Isabella war, warum hast du dir dann all das angetan? Dein Leben zu riskieren, sie so nahe an dich ranzulassen? Warum hast du sie nicht einfach verhaftet?«, fragte Garcia und suchte erneut nach einer anderen Liegeposition.
»Ich hatte keine Beweise, nur Indizien. Eine verrückte Rachetheorie. Und du weißt ja, dass wir nichts Handfestes von dem Killer haben, keine DNA, keine Fingerabdrücke, nichts, was sie auch nur mit einem der Opfer oder Tatorte in Verbindung bringen könnte. Hätten wir sie verhaftet, wäre sie in kürzester Zeit wieder draußen gewesen, und dann hätten wir sie garantiert für immer verloren. Meine einzige Chance war, sie an mich heranzulassen.«
»Also hast du ihr eine Falle gestellt. Eine verdammt gefährliche Falle.«
Noch ein Nicken. »Mir ist nichts anderes eingefallen, mir lief die Zeit davon.«
»Wie konnte sie zu all diesen Morden fähig sein? Zu diesem Grauen?«, wollte Garcia wissen.
»Das werden wir nie mit Sicherheit sagen können. Aber wenn sie mit einem der Opfer allein war, dann mutierte sie zu einer anderen Person. In ihren Augen loderten Hass und Zorn. Sie war zu allem fähig, ich weiß es. Ich habe es in ihren Augen gesehen. Ich konnte die Aura des unermesslichen Zorns, die sie umgab, buchstäblich spüren.«
Garcia beobachtete seinen Partner eine Weile. »Geht es dir gut?«, fragte er.
»Mir geht es gut«, erwiderte Hunter zuversichtlich. »Und ich bin froh, dass es endlich vorbei ist.«
»Das kannst du laut sagen«, sagte Garcia und hob seine bandagierten Hände.
Sie mussten beide lachen.
»Solange mich Captain Bolter nicht zu einem Schreibtischjob verdonnert.«
»Keine Chance«, sagte Hunter. »Du bist mein Partner. Wenn ich hinter den
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