Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kruzifix-Killer

Der Kruzifix-Killer

Titel: Der Kruzifix-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
Vom Netzwerk:
dann reizte ihn der Gedanke, seinen Liebhaber nur mit einem Handtuch bekleidet zu empfangen.
    Etwas, das sie beide genossen, waren Rollenspiele, und für heute Abend hatte George bereits ein komplettes Szenario im Kopf. Er ging ins Schlafzimmer und schob eine der verspiegelten Schranktüren auf. Zum Vorschein kam eine erstaunliche Auswahl an Sadomaso-Spielzeug: Peitschen, Ketten, Fesseln, Knebel, Lederriemen, Handschellen – was immer seine Phantasie beflügelte.
    Er suchte sich die Accessoires aus, die er für sein Szenario benötigte, und legte sie aufs Bett, wobei sich seine Erregung bereits unter dem Handtuch bemerkbar machte, doch dann wurde er von einem Klopfen an der Wohnungstür unterbrochen. Er blickte auf die Uhr: sieben vor neun. Er ist früher dran , dachte George. Vielleicht ist er ja auch schon ganz heiß.
    Ein genüssliches Lächeln umspielte seine Lippen, als George zur Tür ging und sie öffnete.
    Doch dann wich das Lächeln einem beunruhigten Stirnrunzeln. »Wer sind Sie?«
    Die Antwort kam in Form eines Boxhiebs in seinen Magen – kraftvoll und präzise. George krümmte sich vor Schmerz zusammen. Seine Augen waren vor Angst aufgerissen. Er rang nach Luft und wich einen Schritt zurück, doch das reichte nicht, um dem zweiten Angriff auszuweichen. Diesmal ein Tritt direkt zwischen die Beine. George kippte nach hinten, als der Fuß des Eindringlings seine Genitalien traf, sein Handtuch fiel zu Boden. Er wollte etwas sagen, sich wehren, doch er war völlig kraftlos.
    Der Eindringling schloss seelenruhig die Wohnungstür und kam wieder zu George zurück, der zusammengekrümmt auf dem Boden lag. George verstand überhaupt nichts. Er versuchte röchelnd, Atem zu holen, doch als er die Spritze sah, setzte sein Herzschlag für einen Moment aus. Mit einer schnellen Armbewegung stieß der Angreifer George die Spritze in den Hals. Dann war der Schmerz auf einmal vorbei, der Kampf hörte auf. Alles versank in Dunkelheit.

17
     
    C hris Melrose arbeitete seit drei Jahren beim Rechtsmedizinischen Institut in Los Angeles. Schon früh hatte er einen Hang zum Morbiden entwickelt, ihn faszinierte alles, was mit dem Tod zu tun hatte. Eigentlich hätte er Forensiker werden wollen, doch angesichts seiner mageren Schulnoten war ein Studienplatz an der Universität utopisch gewesen.
    So fing er zunächst als Hilfsarbeiter in einem Leichenschauhaus an. Zu seinen Aufgaben gehörten sämtliche anfallenden Arbeiten, von Beerdigungsvorbereitungen bis zum Präparieren von Särgen und Waschen und Ankleiden von Leichen. Doch das war nicht das, was er sich vorgestellt, wovon er immer geträumt hatte. Chris wollte die blutverschmierten Kleider, die Edelstahltische, den stechenden, elektrisierenden Geruch des Todes. Er wollte mit Leichen im Rohzustand arbeiten, bevor sie gesäubert und für die Beerdigung hergerichtet wurden. Nachdem er sich auf fast jeden einfachen Job der rechtsmedizinischen Einrichtungen in Los Angeles beworben hatte, erhielt er endlich eine Anstellung als Laborreinigungskraft. Er hatte die Obduktionsräume zu reinigen und dafür zu sorgen, dass die nötigen Instrumente sauber und gebrauchsfertig waren; und er transportierte die Leichen vom Kühlraum zu den Labors und zurück. Den Ärzten und Sektionsassistenten des Instituts war noch nie jemand begegnet, der diese einfachen Arbeiten mit solchem Stolz verrichtete. So hatte er bei allen einen Stein im Brett. Am meisten freute er sich, wenn er bei einer Autopsie zusehen durfte. Keiner der Mediziner hatte je etwas dagegen.
    Chris’ Nachtschicht dauerte von halb acht abends bis halb acht morgens. Seine erste Pause machte er immer kurz vor Mitternacht. Dann zündete er sich eine Zigarette an und aß ein Sandwich mit Banane, Erdnussbutter und Honig.
    Chris zog ein letztes Mal an seiner Zigarette, schnippte die Kippe in die Luft und folgte mit den Augen dem gelben Bogen, den der Funke in der Nacht beschrieb. Anschließend erhob er sich von seiner Bank, faltete seine leere Sandwichtüte zusammen und machte sich auf den Rückweg über den Hof zum Institutsgebäude. Plötzlich packte ihn eine kalte Hand an der Schulter.
    »Hallo, Chris.«
    »Himmel!« Chris fuhr erschrocken herum. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals. »Bist du verrückt? Du hast mir einen Höllenschrecken eingejagt.«
    Mark Culhane schenkte Chris ein eingeübtes, öliges Lächeln.
    »Wenn ich eine Knarre hätte, dann könntest du jetzt tot sein. Du kannst dich doch nicht einfach so anschleichen!

Weitere Kostenlose Bücher