Der Kruzifix-Killer
fünf Jahren nicht gesehen, doch der Puerto-Ricaner war eine auffallende Erscheinung: groß, dunkler Teint, glänzende schwarze Augen und dazu seine markanten übergroßen Ohren und krummen Zähne.
Eine großgewachsene Blondine in einer knallengen schwarzen Lederhose und einem bauchfreien Top mit der Aufschrift Rock Bitch quer über der Brust stellte sich neben Hunter an die Bar. Sie bestellte einen »Slow Comfortable Screw up Against the Wall« und lächelte Hunter lasziv an. Hunter lächelte zurück, und einen Sekundenbruchteil lang fiel sein Blick in ihren Ausschnitt.
»Gefallen sie dir?«, fragte die Blondine mit Schmeichelstimme.
»Äh … wer?«, stellte Hunter sich dumm.
Die Blondine sah demonstrativ auf ihre Brüste hinunter, die fast aus dem Top hervorquollen. »Meine Titten, du Dummkopf … hab doch gesehen, wie du einen Blick drauf geworfen hast.«
»Erwischt«, bemerkte Garcia amüsiert.
Kein Grund, peinlich berührt zu sein , dachte Hunter. »Sie sehen … ziemlich gut aus.«
»Sind auch nagelneu«, verkündete die Blondine stolz.
Der Barkeeper brachte ihren Cocktail. Ohne den Blickkontakt mit Hunter zu unterbrechen, nahm sie den Drink entgegen, schob sich den Strohhalm zwischen die knallroten Lippen und saugte genüsslich daran.
»Und, gut?«, fragte Hunter.
»Ein langsamer Screw ist immer gut«, sagte sie, nahm noch einen Schluck und rückte etwas näher. »Vielleicht könnte ich dir das ja irgendwann mal zeigen«, raunte sie ihm ins Ohr und strich ihm dabei mit der Hand über den Bizeps.
Dann ging alles rasend schnell. JJ hatte das Rainbow noch kaum richtig betreten, als sein und Hunters Blick sich kreuzten, und mit einem Tempo, als wäre er der Quarterback, der mit dem nächsten Touchdown den Super Bowl für sein Team holen kann, war JJ auch schon wieder draußen. Hunter blieb keine Zeit, seinen Partner zu informieren, dessen ungeteilte Aufmerksamkeit noch bei den neuen Brüsten der Blondine weilte. Mit einem Satz war Hunter auf den Beinen, schoss zur Tür hinaus auf den Sunset Strip und jagte JJ hinterher.
Hunter war ein ziemlich guter Läufer, trotz seines eher kräftigen, muskulösen Körpers. JJ allerdings besaß lange Beine, einen leichten, sehnigen Körperbau und war flink wie eine Ratte. So beschloss Hunter, es erst einmal auf die freundliche Tour zu versuchen.
»JJ, ich will bloß mit dir reden, verdammt, bleib stehen.«
JJ zeigte keine Reaktion auf Hunters Ruf, sondern schlug stattdessen einen halsbrecherischen Haken auf die Fahrbahn, mitten in den Verkehr hinein, und steuerte auf Frankie and Johnnie’s NY Pizza Place auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu.
Hunter folgte ihm, doch das Gedränge auf der Straße raubte ihm das Tempo, und zweimal musste er im letzten Augenblick zur Seite springen, um einem Passanten auszuweichen.
Zwei Blocks weiter bog JJ vor dem berühmten, leuchtend roten Gebäude des Whiskey-a-Go-Go links ab. Inzwischen rannte er beinahe noch schneller. Hunter blieb ihm dicht auf den Fersen. Doch dann musste Hunter erneut einer Gruppe von Nachtschwärmern ausweichen und landete mit einem Fuß unsanft auf einem unebenen Stück Asphalt. Er spürte, wie sein Knöchel umknickte und ihm ein stechender Schmerz ins Bein fuhr. Mit ein paar kläglichen Hüpfern kam er zum Stehen.
»Verdammt!«, schrie er und musste zusehen, wie JJ sich entfernte.
Auf einmal nahm er aus dem Augenwinkel wahr, wie jemand mit unglaublicher Geschwindigkeit an ihm vorbeischoss – Garcia. So wie der rannte, hätte er jedem Sprinter bei der Olympiade alle Ehre gemacht. Nach ein paar Schritten hatte er Hunter bereits weit hinter sich gelassen und holte immer mehr zu JJ auf, der eben nach rechts in eine Gasse hinter einem Lagerhaus abbog. Hunter humpelte hinter den beiden her.
Garcia brauchte nicht lange, bis er den langbeinigen Puerto-Ricaner bis auf Armeslänge eingeholt hatte und ihn am Kragen seiner Jacke zu fassen bekam.
»Okay, okay, ich geb auf«, sagte JJ, bremste ab und hob kapitulierend die Arme, doch dazu war es jetzt zu spät. Garcia wirbelte ihn herum, schleuderte ihn gegen die Mauer der Lagerhalle und drehte ihm den Arm auf den Rücken. JJ schrie vor Schmerz auf.
»Warst du schon immer so blöd, vor bewaffneten Polizisten abzuhauen, oder ist das eine neue Macke?«, fragte Garcia, nach Atem ringend.
»Jetzt mach mal halblang, ich hab nichts getan.«
Eine halbe Minute später war Hunter bei ihnen.
»Bist du okay?«, fragte Garcia ihn, ohne JJs Arm
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