Der Kruzifix-Killer
geschehen.« Garcia schloss die Tür wieder und ging mit Hunter zu der Leiche. Ein beißender Geruch ging von ihr aus. Hunter legte sich instinktiv die Hand über die Nase. Die Frau kniete in einer Pfütze aus Urin und Kot.
»Sie hing stundenlang an diesen zwei Pfosten, vielleicht auch einen ganzen Tag. Das da war ihre Toilette«, stellte Dr. Winston fest und deutete auf den Boden.
Garcia verzog angeekelt das Gesicht.
»Wie lange ist sie schon tot?«, fragte Hunter.
»Genaues kann ich im Moment noch nicht sagen. Der menschliche Körper kühlt nach dem Tod pro Stunde um 1,5 Grad ab. Ihr Körper ist ungefähr um zwölf Grad abgekühlt, das heißt, sie könnte seit circa acht Stunden tot sein. Allerdings hängt das auch von den Umständen ab. Die Sommerhitze verlangsamt den Vorgang natürlich, außerdem muss der Raum hier tagsüber die reinste Sauna sein. Genauere Angaben zum Todeszeitpunkt kann ich daher erst nach der Obduktion machen.«
»Sie hat keine Schnittwunden, Schusswunden, Würgemale. Ist sie an den Gesichtsverletzungen gestorben?«, fragte Hunter, während er den Körper der Frau musterte und mit einer Handbewegung die Fliegen verscheuchte.
»Auch das kann ich erst nach der Obduktion mit Sicherheit sagen, aber ich tippe auf Herzversagen infolge der Schmerzen und purer Erschöpfung. Wer auch immer ihr das angetan hat, hat sie in dieser Haltung gefesselt und ihr dann ständig neue Qualen zugefügt, bis sie tot war. Der Mörder wollte, dass sie so lange wie möglich leidet. Und sie hat garantiert gelitten.«
Hunter blickte sich erneut in dem Raum um, als suchte er nach etwas. »Was ist das für ein Geruch? Irgendwas ist da noch, wie Essig oder so.«
»Sie haben eine gute Nase, Hunter«, sagte Dr. Winston und deutete in eine Ecke des Raums. »Dieses Gefäß da drüben war mit Essig gefüllt. Außerdem kann man den Essig an ihrem Körper riechen, vor allem am oberen Teil. Anscheinend hat der Mörder ihr immer wieder Essig über das gehäutete Gesicht geträufelt.«
»Außerdem hält Essig die Fliegen fern«, sagte Hunter.
»Genau«, bestätigte Dr. Winston. »Aber jetzt stellen Sie sich mal die Schmerzen vor, die diese Frau erdulden musste. Sämtliche Nerven in ihrem Gesicht waren bloßgelegt. Da verursacht schon ein kleiner Windhauch unerträgliche Qualen. Vermutlich ist sie immer wieder ohnmächtig geworden oder hat es zumindest versucht. Sie hatte ja auch keine Augenlider mehr – keine Möglichkeit, sich vor Licht zu schützen, ihre Augen einen Moment lang auszuruhen. Jedes Mal, wenn sie wieder zu sich kam, hat sie als Erstes ihren nackten, entstellten Körper im Spiegel gesehen. Ich spare mir nähere Beschreibungen dazu, welche Qualen der Essig auf dem rohen Fleisch ausgelöst haben muss.«
»Lieber Gott!«, murmelte Garcia und wich ein paar Schritte zurück. »Die arme Frau.«
»War sie auch bei Bewusstsein, als sie gehäutet wurde?«, fragte Hunter.
»Ich denke nicht. Sie muss zumindest betäubt gewesen sein. Ich vermute, dass sie für einige Stunden unter einem Betäubungsmittel stand, während dieser Irre sich an ihrem Gesicht zu schaffen gemacht hat, und danach hat er sie dann in dieses Haus hier gebracht, an die Pfosten gefesselt und so lange weitergefoltert, bis sie starb.«
»Was? Sie glauben, er hat sie nicht in diesem Haus gehäutet?«, fragte Garcia verwirrt.
»Nein«, erwiderte Hunter, noch bevor Dr. Winston etwas darauf entgegnen konnte. »Sieh dich mal um. Egal welches Zimmer, hier ist nirgends auch nur ein Tropfen Blut zu sehen außer dem am Boden direkt unter der Leiche. Auch wenn der Killer noch aufgeräumt hat, bevor er abzog – hier kann er es nicht gemacht haben. Korrigieren Sie mich, Doc, wenn ich danebenliege, aber einen Menschen zu häuten ist sicher eine komplizierte Angelegenheit.«
Dr. Winston nickte schweigend.
»Der Täter brauchte chirurgisches Werkzeug, OP-Beleuchtung, und nicht zu vergessen eine Menge Zeit und fundiertes Wissen«, fuhr Hunter fort. »Wir reden hier von einem hochgebildeten Psychopathen. Jemand, der über detaillierte medizinische Kenntnisse verfügt. Nein, sie wurde nicht in dem Haus hier gehäutet. Hier wurde sie nur zu Tode gefoltert.«
»Vielleicht ist der Mörder ein Jäger. Kennt sich aus mit dem Häuten von Tieren?«, schlug Garcia vor.
»Mag sein, aber viel würde ihm das nicht helfen«, entgegnete Hunter. »Menschliche Haut reagiert anders als Tierhaut. Die Elastizität ist ganz anders.«
»Woher weißt du das? Jagst du selbst?«,
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