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Der Küss des schwarzen Falken

Der Küss des schwarzen Falken

Titel: Der Küss des schwarzen Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara McCauley
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nicht so ein verdammter Sexist und Chauvi, wie Sie es offenbar sind. Zweitens …”, sie ließ sich nicht unterbrechen, “… zweitens habe ich, bevor ich zu Ihnen kam, genaue Erkundigungen über Sie eingezogen. Sollten Sie tatsächlich ein Lustmörder sein, müssten Sie sich bisher verdammt gut verstellt haben …”
    “Ich wollte damit ja nur sagen …”
    “Und drittens”, fuhr Grace unbeirrt fort, “sollten Sie sich nicht täuschen. Sie können ja gern mal versuchen, mich irgendwo anzubinden, wenn Ihnen danach ist, den Rest Ihrer Tage im Sopran zu sprechen.”
    Du lieber Himmel, dachte Rand, ich habe die Furie in ihr geweckt. So, wie sie auf ihn losging, war es sonnenklar, dass Tom ihr Geliebter war. Sollte er sich nun darüber ärgern oder über sich selbst. “Es tut mir leid, wenn ich Ihrem Lebensgefährten oder was auch immer er ist zu nahe getreten bin …”
    “Das wäre dann viertens”, unterbrach sie ihn erneut. “Da es Sie so brennend zu interessieren scheint: Tom ist nicht mein Lebensgefährte. Er ist mein Bruder.”
    Sekundenlang war er sprachlos. “Ihr … Bruder?”
    “Genau.”
    “Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?” Dass er sich wie ein Idiot vorkam, hatte gute Gründe. Er war einer!
    “Warum sollte ich? Sie hatten Ihr Urteil über Tom doch schon gefällt, bevor Sie auch nur das Geringste über ihn wussten. Und mit Ihrem Urteil über mich sind Sie vermutlich auch ziemlich schnell bei der Hand. Wer nicht mindestens in einem Pferdestall auf die Welt gekommen ist, ist bei Ihnen doch schon unten durch.”
    Resigniert betrachtete Rand die Reste des Crackers in seiner Hand. “Trotzdem hätten Sie es mir sagen können”, brummte er stur.
    “Und wieso? Was macht das für Sie einen Unterschied, ob Tom nun mein Freund, mein Bruder oder sonst was ist?”
    Verdammt! Jetzt saß er in der Falle. “Gar nichts. Ich habe nur ganz allgemein sagen wollen, was ich machen würde, wenn Sie mein Mädchen wären.” Alles falsch. Es war alles Unsinn, was er da redete.
    “Ich bin aber nicht Ihr Mädchen, noch bin ich überhaupt jemandes Mädchen. Es ist ja nett, dass Sie so rührend um mich besorgt sind. Aber, wenn ich Sie mal darauf hinweisen darf, bin ich überhaupt kein Mädchen mehr, sondern eine einigermaßen erwachsene Frau von fünfundzwanzig Jahren. Ihre Bemühungen sind also überflüssig.”
    “Na gut.”
    Sie schwiegen.
    Grace musterte den letzten Marshmallow, den sie aus dem Feuer geholt hatte. Er war schwarz geworden. Sie suchte eine Ecke, die nicht verbrannt war, und knabberte daran herum. Rand, der sie aus den Augenwinkeln beobachtete, zog es das Herz zusammen.
    Als ob er nicht selbst am besten wüsste, dass sie eine Frau war. Alles an ihr war so verdammt weiblich, dass er darüber, wie sich gerade erst gezeigt hatte, allmählich den Verstand verlor. Ihr Duft, ihr Gang, ihre wilde Lockenpracht, die im Feuerschein aussah wie Herbstblätter, die im Wind tanzten. Lass die Finger von ihr, sagte er sich, du wirst es doch wohl schaffen, dich so weit zu beherrschen.
    Er stand auf und streckte sich. “Wenn Tom und Marty morgen tatsächlich schon früh kommen, sollten wir uns jetzt allmählich schlafen legen.”
    “Gehen Sie schon mal vor”, meinte Grace und warf den Rest der klebrigen Masse, den sie übrig behalten hatte, ins Feuer. “Ich brauche hier noch fünf Minuten.”
    Rand nickte. “Ich wasch mir nur noch die Hände. Wenn hier irgendetwas angekrochen kommt, rufen Sie mich einfach.” Er sah, dass sie zusammenzuckte, aber sie hatte sich schnell wieder in der Gewalt.
    “Danke, ich werde schon damit fertigwerden”, entgegnete sie.
    Als er vom Bach zurückkam, saß sie immer noch am Feuer. Er kroch in seinen Schlafsack, zog den Hut über die Augen und war im nächsten Moment auch schon eingeschlafen.
    Es regnete.
    Eisiger schwarzer Regen prasselte auf die Windschutzscheibe und auf das Autodach. Rands Herz schlug wie rasend, lauter als die Trommel, die sein Großvater ihm zu seinem siebten Geburtstag geschenkt hatte.
    “Ich glaube, du solltest lieber rechts ranfahren und anhalten”, hörte er seine Mutter sagen.
    “Mach ich. Gleich nach der Biegung, wo die Straße wieder breiter wird”, antwortete sein Vater.
    Neben ihm auf der Rückbank saß Seth. Er hatte die Augen weit aufgerissen und zitterte vor Angst. Lizzie war in ihrem Kindersitz eingeschlafen.
    Seine Mutter drehte sich zu ihnen um. “Ihr braucht keine Angst zu haben. Wir sind bald da.”
    Ein Blitz zuckte. Noch einer.

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