Der Kugelfaenger
bringen lassen. Dieser blöde Hund hat ins Taxi gekotzt.“
„Ich will mit Rusty sprechen. Und zwar
sofort
.“ Er wird seinen kleinen Bruder zusammenscheißen, dass er nicht mehr weiß, wo oben und unten, geschweige denn hinten und vorne ist.
Aber Steve weigert sich. „Das geht jetzt nicht. Er ist verhindert.“
Tom weiß genau, was da läuft. Rusty will nicht mit ihm reden. Vielleicht auch ganz gut für ihn. „Wo seid ihr jetzt?“
Steve lacht spöttisch. „Bei aller Liebe, aber das würde ich sogar dir nicht auf die Nase binden.“ Dann meint er: „Ich an deiner Stelle würde vorsichtig sein. Könnte sein, dass das FBI auch Fragen an dich hat. Oder sie dich bei deiner Vorgeschichte gleich verhaften.“
„Ich habe mit euren Machenschaften nichts am Hut. Ich bin nicht kriminell. Und wenn du und Rusty versuchen solltet, mich in die ganze Sache mit hineinzuziehen, Steve, dann gnade dir Gott. Wir werden im Leben keine Freunde mehr sein“, zischt Tom.
„Schon gut, schon gut. Reg dich ab. Ich hab’ nicht vor, dich irgendwo mit hineinzuziehen“, beruhigt er Tom. Dann meint er: „Und was hast du jetzt vor? Wirst du mich beim FBI anschwärzen?“
„Ich? Du fragst mich was
ich
vorhabe?
Du
solltest doch wohl eher derjenige sein, der sich darüber Gedanken machen sollte.“
„Stimmt. Und ich sag dir ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Rusty und ich müssen irgendwie außer Landes kommen. Wird nicht ganz einfach werden, wenn man bedenkt, dass wir schon auf allen möglichen Fahndungslisten stehen.“
„Lass dir was einfallen“, schlägt ihm Tom vor. „Du bist doch sonst immer so schlau.“ Sie schweigen eine Weile. Dann meint Tom: „Was ist mit meinem Vater?“
„Dem geht’s nicht so gut.“
„Der Krebs?“
„Nicht direkt. Er hat einen Schwächeanfall erlitten, als das FBI seine Firma gestürmt hat. Angeblich ist er umgefallen wie eine tote Fliege.“
„Und?“
„Er liegt im Krankenhaus, die Ärzte sagen aber, er wird’s überleben.“
Sie verabschieden sich knapp und Tom legt auf. Er bleibt am geschlossenen Fenster stehen und blickt nach draußen. Wenn er sich vorstellt, dass das FBI gerade dabei war, die Stürmung der Firma zu planen und vorzubereiten, als er mit seinem Vater E-Mails geschrieben hat, wird ihm ganz schlecht. Wenn er es zumindest geahnt hätte, hätte er seinen Vater vielleicht vorwarnen können. Und die Wahrscheinlichkeit, dass er zusammenklappt, hätte sich minimiert.
Er hat sich schon ernsthafte Gedanken gemacht, wo er einen Auftragskiller auftreiben könnte. Jetzt hat sich Rusty selbst ins Aus katapultiert. Er schließt die Augen und lässt für einen Moment die Stille auf sich wirken. Dann fasst er einen Entschluss.
***
Evelyn wird geweckt, als eine Tür laut ins Schloss fällt. Sie blinzelt, knurrt und dreht sich müde im Bett auf den Bauch.
Eine Sekunde später wird die nächste Tür zugeknallt. Evelyn macht ihre Augen auf. Draußen scheint schon die Sonne und schickt ihre Strahlen auch in ihr Zimmer herein. In Evelyn selbst scheint die Sonne allerdings nicht. Rajeshs Bericht gehört definitiv nicht zu ihrer Lieblingsgutenachtgeschichte und daher liegt er ihr noch ziemlich schwer im Magen.
Evelyn streckt sich nach ihrer Armbanduhr. Halb sieben.
Was hat dieser rücksichtslose Kerl um diese Uhrzeit schon wieder vor?
Sie lässt sich wieder auf den Bauch sinken, zieht die Bettdecke bis zu den nackten Schultern hoch und vergräbt das Gesicht im Kopfkissen. Drei Sekunden später fliegt schon die nächste Tür ins Schloss.
Nein, nein, nein!
Evelyn schlägt mit der Faust auf die Matratze. Keine Chance. Sie ist jetzt definitiv wach. Sie steht auf und wickelt sich in ihren Bademantel. Dann tappt sie müde ins Badezimmer.
Tom steht mit offenem Bademantel an der Badewanne und schüttelt seine Jeans aus, die noch immer nicht ganz trocken ist.
„Morgen“, sagt sie und gähnt.
Er ignoriert sie und zerrt stattdessen weiter an dem Fetzen Stoff herum.
Sie stellt sich ans Waschbecken und füllt ein Glas mit Wasser. Dann sieht sie in den Spiegel und betrachtet ihn darin. Er steht im Bademantel mit dem Rücken zu ihr.
„Was machen Sie da eigentlich?“ Evelyn dreht sich um.
Tom unterbricht zum ersten Mal seine Tätigkeit und scheint sie erst jetzt wahrzunehmen. Er sieht sie an, als würde er sie für komplett verrückt halten. „Sieht man das nicht?“, fragt er in einem Ton, bei dem jeder andere normale Mensch lieber keine weiteren Fragen mehr gestellt hätte und
Weitere Kostenlose Bücher