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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Rydell
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war. Er sieht die Tote, die ins Leere starrt. Das Loch in ihrer Stirn. Kein einfacher Schuss, aber ein Treffer. Ein Volltreffer. Mittig, exzellente Arbeit. Zum neidisch werden. Er sieht Evelyns verschmierte Finger. Ihr kalkweißes Gesicht. Das Zittern ihrer kleinen, schmalen Hände.
    Dann kniet er sich hinter sie und schirmt sie mit seinem Körper so gut wie möglich vor den fast leeren Zuschauerrängen ab. Vor einem potentiellen Angriff.
    „Evelyn … Kommen Sie … bitte.“ Er flüstert, um sie nicht zu erschrecken.
    Sie reagiert nicht.
    „Evelyn.“ Er berührt vorsichtig ihren Arm.
    Sie rührt sich noch immer nicht.
    „Sie müssen hier weg“, sagt Tom nahe an Evelyns Ohr, ohne wirklich daran zu glauben, dass sie ihn überhaupt wahrnimmt. Dann zieht er sein Jackett aus und legt es ihr über die Schultern.
    Er wirft einen letzten Blick auf Valentina vor ihm. Ein Träger ihres BHs ist verrutscht. Die blauen Augen sehen ins Leere. Sie hat wunderschönes hellblondes Haar und sehr blasse Haut. Ihr Körper ist perfekt geformt. Keine fünfundzwanzig Jahre alt. Ein aufstrebendes junges Model.
    Tom wendet seinen Blick von Valentina ab und lässt ihn mit höchster Aufmerksamkeit durch den Saal wandern. Dann steht er auf und zieht Evelyn auf die Beine. Sie wehrt sich. Sie schlägt mit den Händen schwach um sich. Er hält ihre Hände fest. Ihre Knie knicken ein und sie sackt nach unten. Tom fängt sie auf, flucht und zieht sie wieder nach oben. Dann drückt er sie an sich, sodass ihre Beine nicht mehr nachgeben können und flucht noch einmal.
    Ihr Kopf lehnt an seiner Schulter. Mit größter Kraftanstrengung und ohne recht zu wissen was sie tut, dreht Evelyn ihren Kopf zur Seite und sieht über Toms Arm hinweg die tote Valentina an, ohne sie wirklich zu sehen.
    Er schiebt sich mit ihr an den unzähligen Sicherheitsleuten vorbei. Mechanisch läuft sie mit ihm mit. Sie drücken sich an den noch vorhandenen Leuten vorbei; die meisten von ihnen sind Schaulustige oder Presseleute. Sensationsgierige Klatschblattgeier, die schamlos den Tatort fotografieren. Die arme Valentina inklusive. Tom reißt einem dieser, seiner Meinung nach, Hirnlosen die Kamera aus der Hand. Dabei währe ihm fast Evelyn entglitten. Am liebsten hätte er sie dem Kerl eine Weile um die Ohren geschlagen. Aber dafür hat er jetzt keine Zeit. Nach einer Ewigkeit, so kommt es ihm vor, hat er sich mit Evelyn endlich zum Ausgang vorgekämpft.
    Draußen ist die Hölle los. Reporter lungern auch dort überall herum und jeder von ihnen will die exklusivste Story. Sie stürzen sich wie die Geier auf ihn und Evelyn. Er muss sie fast mit Händen und Füßen abwehren. Sogar ganze Fernsehteams mit ihren Kameras sind da.
    Tom gelingt es, ein Taxi heranzuwinken. Evelyn übergibt sich neben dem Taxi. Sie krallt sich an seinem Arm fest. Dann reißt er die Tür auf und schiebt sie auf die Rückbank. Er nennt dem verdutzten Fahrer ihr Hotel und gibt ihm Geld. Er sagt, er soll der Dame auf ihr Zimmer helfen. Den Rest des Geldes könne er behalten. Als Tom die Wagentüre schließt, kann er ihr abwesendes Gesicht durch die Scheibe sehen, so als hätte sie noch immer nicht kapiert, was da gerade eben passiert ist. Sein Blick wandert über ihren zitternden, fast nackten Körper. Der schwarze Body ist sichtbar mit Blut beschmiert. Sein Blick begegnet dem ihren. Sie starrt ihn an. Oder starrt sie durch ihn hindurch? Schwer zu sagen.
    Der Taxifahrer fährt an und nimmt Evelyn mit sich. Er sieht dem Taxi solange nach, bis es zwischen den anderen Fahrzeugen nicht mehr zu erkennen ist. Dann wendet er sich wieder in Richtung der Meute der Presseleute. Er wird noch etwas hier bleiben und sich umhören. Schließlich ist hier vor nicht mehr als zehn Minuten ein absolut kaltblütiger Mord geschehen.
    ***
    Als Tom zurückkommt, ist das Hotelzimmer hell erleuchtet. Alle Lampen sind eingeschaltet, sogar die im Badezimmer. Selbst die Tür zu seinem Schlafzimmer ist geöffnet und die Lichter sind an. Die schweren Vorhänge sind zugezogen. Auf dem niedrigen Tischchen steht eine Cognacflasche. Das ausgeblichene Jackett, das er Evelyn vor wenigen Stunden umgelegt hat, liegt unordentlich auf dem Fußboden. Ihre Schuhe, die sie bei der Modenschau angehabt hat, liegen daneben. Aber von Evelyn selbst keine Spur.
    Tom sieht sich im Zimmer um. Er lockert seinen Hemdkragen, indem er sein Hemd etwas aufknöpft.
    Sein Blick fällt auf Evelyns Schlafzimmertür. Sie ist als einzige geschlossen. Er klopft

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