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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Rydell
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eigentlich damit gerechnet, dass zumindest Tom hier stehen würde. Sie holt sein Handy aus ihrer Jackentasche und betrachtet es mit einem Stirnrunzeln. Es ist abgeschaltet. Tom hat es ausgeschaltet, um den Akku zu schonen. Und sie hat vergessen, es wieder anzuschalten. Da wundert es sie nicht wirklich, dass Tom nicht schon auf der Matte steht. Sie schaltet es ein und wählt in Toms Adressliste die Nummer von Frank Greyson aus. Es dauert nur wenige Sekunden, da meldet sich Greyson schon.
    „Hi. Geben Sie mir Tom.“
    Es herrscht kurz verblüfftes Schweigen, dann meint Frank argwöhnisch: „Miss Williams? Sind Sie das?“
    „Wonach sieht’s denn aus? Geben Sie mir Tom.“
    „Aber …“ Er scheint sehr verwirrt zu sein.
    „Sofort.“ Mit Evelyn ist nicht mehr zu spaßen. Drei Sekunden später ist Tom in der Leitung.
    „Evelyn!“, ruft er in den Hörer. „Wo zum Henker bist du?“ Seine Besorgnis ist sogar durchs Handy zu spüren.
    „Kannst du mich abholen? Ich stehe vor dem St.-George’s-Krankenhaus. Ich will nach Hause.“
    „Krankenhaus? Warum Krankenhaus? Geht’s dir gut? Ich werde-“
    Sie unterbricht die Verbindung, steckt das Handy ein, zieht den Kopf ein und vergräbt ihre Hände in den Taschen und wartet.
    ***
    Tom sperrt die Haustüre auf und lässt Evelyn vorangehen. Sie macht kein Licht, zieht die Jacke aus und streift ihre Schuhe ab. Doch plötzlich und ohne jede Vorwarnung beginnt sie am gesamten Körper zu zittern. Sie hat sich die ganze Zeit wie in einer Seifenblase gefühlt, doch erst jetzt wird ihr klar, wie riskant das alles war und wie knapp sie an einer Katastrophe vorbeigeschrammt ist. Sie schafft es nicht mehr bis hoch in ihr Bett und auch nicht bis zum Sofa im Wohnzimmer. Bevor ihre Beine endgültig einknicken können, legt sie sich mit dem Rücken auf den Teppichboden schlingt die Arme um sich und starrt die dunkle Zimmerdecke an. Tom legt sich nach einiger Zeit mit einem Abstand von mindestens zwei Metern neben
    sie. Einige Minuten lang sagt keiner der beiden ein Wort. Sie liegen einfach nur in der Dunkelheit nebeneinander und lauschen auf den Atem des jeweils anderen. Im ganzen Haus ist es dunkel und still. Dann dreht er sich auf die Seite und betrachtet sie eingehend.
    „Was hast du in diesem Krankenhaus gemacht?“, sagt er leise. „War da der Kerl, der dir so lange Angst eingejagt hat?“
    Sie sieht ihn nur an, gibt aber keine Antwort.
    Tom weiß, dass es keinen Sinn hat. Sie wird ihren Mund nicht aufmachen.
    „Du hattest mein Handy eingesteckt“, sagt er und redet dabei mehr mit sich selbst. „Wir haben versucht, dich zu orten. Aber das hat nicht funktioniert.“
    Pause. Dann: „Es ist vorbei“, sagt sie ruhig und gefasst, fast schon gelangweilt. „Du kannst wieder nach Hause gehen.“
    „Du wirst es mir nicht sagen?“
    „Nein.“
    Sie blicken sich starr in die Augen, soweit das in der Dunkelheit möglich ist. Es folgt langes und fast unerträgliches Schweigen.
    „Gut“, sagt er schließlich. Dann steht er auf und geht.
    ***
    „Sie will nicht darüber sprechen, wer sie entführt hat?“ Frank Greyson sitzt in der Dunkelheit auf einem Gartenstuhl auf der Veranda und hat seinen Blick in den kaum zu erkennenden Garten gerichtet.
    „Nein. Sie will nicht.“
    „Denken Sie, es ist derjenige, der ihr die Drohungen geschickt hat?“
    „Ja.“ Tom hat seine Füße auf das Verandageländer gelegt.
    „Vielleicht sollte ich mit ihr reden“, schlägt Greyson vor. „Ich bin Polizist. Vielleicht redet sie eher bei mir.“
    „Nein“, sagt Tom. „Sie wird nicht reden. Da können Sie ihr mit Knast oder Folter drohen, soviel Sie wollen. Evelyn hält ihre Klappe.“
    Frank sieht ihn von der Seite her an. Es ist schwer auszumachen, was er denkt. „Wie sicher sind Sie sich da?“
    „Ich bin ihr Personenschützer. Ich denke, ich kenne sie ein wenig.“
    „Scheiße.“ Greyson sieht seinen Traum von einer Beförderung vor seinen Augen zu zerplatzen. Schließlich steht er auf und geht ohne einen Gruß.
    ***
    Tom liegt gerade mal eine Viertelstunde im Bett, als sein Handy auf dem Nachttisch klingelt. Als er sich nach oben wühlt, fragt er sich, warum diese verdammten Dinger eigentlich immer in der Nacht läuten müssen. Und als er auf dem Display die Nummer seines Vaters erkennt, wäre er am liebsten schon gar nicht rangegangen. Aber zum Schluss siegt dann doch die Neugierde. Immerhin kann er das Gespräch jederzeit beenden, wenn ihm das Gerede seines Vaters zu viel

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