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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Rydell
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Sinn, ihm noch mal zu erklären, dass nicht nur Models für eine Essstörung verantwortlich sind.
    „Wissen Sie, es nützt nicht viel, im Fernsehen nur darüber zu reden. Man muss auch was dagegen unternehmen.“
    „Ich weiß.“
    „Ja, natürlich wissen Sie das. Natürlich. Das hat man vor zwei Wochen ja gesehen.“
    Sie fragt sich, wer die Castingshow eigentlich nicht gesehen hat.
    „Ich weiß“, sagt Evelyn noch einmal und senkt den Kopf.
    „Ich hoffe für Sie, dass Sie das alles auch so meinen“, sagt er drohend.
    Und Evelyn meint es auch so. Sie weiß, dass sie mit schuldig daran ist, dass dieses kleine Mädchen hier vor ihren Augen liegt. Sie hat es ja selbst nicht geschafft, sich gegen den Magerwahn zu wehren, sondern sich von ihm anstecken und einwickeln lassen. Entweder du passt dich den internationalen Laufsteganforderungen an oder du gehst gnadenlos unter. Knallhart. Unerbittlich. Chance wieder aufzutauchen und den Kopf über Wasser halten zu können: Gering. Friss oder stirb.
    Die Krankenschwester von vorhin kommt zurück und betritt das Zimmer des Mädchens. Man hört die Geräte durch die offene Tür piepsen, an die das Mädchen angeschlossen ist. Die Schwester kontrolliert die Apparate und überprüft die Infusion, die in den mageren Arm des Kindes mündet. Durch die Berührung der Schwester, bewegt es sich leicht im Schlaf und dreht sich zur Seite. Das viel zu weite Shirt des Mädchens verrutscht und offenbart einen Blick auf grotesk herausstehende Schulterblätter. Evelyn wird von einem Ekelgefühl über ihren eigenen Körper und sich selbst erfüllt. Sie muss von hier weg, bevor sie die Nerven verliert. Sie hält es hier nicht mehr aus.
    „Die Polizei wird bald da sein“, sagt sie vorsichtig.
    Ihr Entführer wendet seinen Blick nicht von seiner Tochter ab, aber seine Nasenflügel zittern leicht. Er hört ihr zu.
    „Dann wird man Sie wegen Entführung, den Morddrohungen und Tierquälerei festnehmen“, sagt sie weiter. „Ich schlage Ihnen vor, Sie lassen mich in Zukunft in Ruhe und ich vergesse dafür diese ganze Scheiße hier. Und geben Sie mir endlich das Messer und die scheiß Säure. Im Knast können Sie Ihrer Tochter nicht helfen.“
    Er starrt sie an, als hätte sie ihm soeben gesagt, er könne sich zum Teufel scheren und sie fürchtet ernsthaft einen erneuten aggressiven Ausbruch. Doch dann ändert sich sein Gesichtsausdruck schlagartig. „Wissen Sie was, Miss Williams? Sie sind es gar nicht wert,
    wegen Ihnen in Schwierigkeiten zu kommen.“ Er holt das Messer aus seiner Tasche und betrachtet es und die Sprühflasche mit der Säure. Dann legt er die Gegenstände in Evelyns ausgestreckte Hand. „Hier. Und jetzt verschwinden Sie. Ich will Sie nicht mehr sehen.“
    Sie steckt die Dinge gemeinsam mit dem Skalpell in ihre Jackentasche.
    „Sie wissen, dass Sie sich selbst belügen. Dass Sie nur versuchen, Ihr Gewissen zu beruhigen“, sagt er noch, dann betritt er das Krankenzimmer seiner Tochter, setzt sich zu ihr ans Bett und streichelt dem schlummernden Kind ganz behutsam über die Haare.
    Evelyn starrt das schlafende, bleiche Mädchen und ihren Vater an. Dann dreht sie sich um und geht. Es greift sie niemand von hinten an und es hält sie auch keiner auf. Ohne sich noch einmal umzudrehen oder stehen zu bleiben, entfernt sie sich von dem Krankenzimmer, verlässt sie die Station und fährt im Aufzug nach unten. Sie lehnt sich mit dem Rücken an das kalte Metall und betrachtet ihr Gesicht in der verspiegelten Fläche vor ihr. Sie nimmt ihre bleiche Haut wahr, die braunen Augen, die verkrampften Lippen und ihre hervorstehenden Wangenknochen.
    Sie wissen, dass Sie sich selbst belügen. Dass Sie nur versuchen, Ihr Gewissen zu beruhigen.
    Ihr wird kotzübel und als der Fahrstuhl im Erdgeschoss hält, schafft sie es gerade noch auf eine der Besuchertoiletten. Es stört sie nicht, dass sie sich auf der Herrentoilette übergibt. Sie wischt sich den Mund mit einem feuchten Papiertuch ab. Sie schließt kurz die Augen und presst zwei Finger an die pochenden Schläfen. Tränen brennen ihr in den Augen. Sie entsorgt das Messer, das Skalpell und die Säure in einem Mülleimer. Bevor sie die Toilette verlässt, blinzelt sie die Tränen rasch weg. Dann durchquert sie mit schnellen Schritten die Eingangshalle. Sie geht ohne einen Gruß an der Empfangsdame vorbei und ohne sich umzusehen durch die Eingangstür. Sie bleibt vor dem Eingang stehen und sieht sich um. Es ist niemand hier. Sie hat

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